Prof. Dr. Reinhard Herzog
Ein Käufer einer Option hat alle Entscheidungsmöglichkeiten – ob es sich nun um eine Kauf- oder um eine Verkaufsoption handelt. Geht seine Strategie auf, wird er das Optionsrecht ausüben und die in der Option festgelegte Anzahl von Aktien am Fälligkeitszeitpunkt zum Festpreis beziehen (Kaufoption, call) oder liefern (Verkaufsoption, put). Ihm gegenüber steht der Verkäufer der Option, der wegen seines zwangsweise passiven Abwartens auch als „Stillhalter“ bezeichnet wird. Er muss sich den Wünschen seines Kontrahenten fügen und den Basiswert zum festen Preis liefern (Kaufoption) oder zum vereinbarten Kurs abnehmen (Verkaufsoption).
Unterschiedliche Interessen
Entsprechend entgegengesetzt gelagert sind die Interessen der beiden Vertragsparteien: Während der „Käufer einer Kaufoption“ (long call) auf steigende Notierungen setzt, rechnet der „Verkäufer der Kaufoption“ (short call) mit einem stagnierenden oder fallenden Preis. Und während der „Käufer einer Verkaufsoption“ (long put) damit rechnet, dass der Kurs des Basiswerts zurückgehen wird, hofft der in dieser AWA-Ausgabe detaillierter durchleuchtete „Verkäufer dieser Verkaufsoption“ (short put) auf einen Anstieg der Notierungen.
Gerade der Verkauf einer Verkaufsoption wird von privaten Anlegern vergleichsweise selten genutzt, obwohl er durchaus zur Steigerung der Depotrendite geeignet ist. Erwartet ein Anleger z.B. einen Anstieg des Kurses der XY-Aktie (aktuell: 100€), kann er eine Option mit Laufzeit bis zum 16. Dezember 2011 und einem Basispreis von 98€ verkaufen. Dafür erhält er derzeit pro Aktie rund 8€. Nun gibt es drei Möglichkeiten:
- Notiert der Kurs der XY-Aktie bis zum Dezember 2011 tatsächlich bei über 98€, wird der Käufer der Verkaufsoption sein Recht verfallen lassen, der Anleger hat also die 8€ verdient und damit zusätzliche Erträge erzielt.
- Liegt der Kurs des Papiers spätestens zur Fälligkeit zwischen 90€ und 98€, wird der Käufer der Verkaufsoption sein Recht ausüben. Der Verkäufer der Option muss die Aktie also zu 98€ übernehmen. Sein tatsächlicher Einstandspreis liegt jedoch nur bei 90€, da er bereits die Optionsprämie erhalten hat. Letztlich hat er also immer noch einen kleinen Vorteil erzielt.
- Liegt der Kurs der XY-Aktie unter 90€, wird der Käufer der Verkaufsoption das Papier ebenfalls zu 98€ liefern. Nun macht der Anleger allerdings einen realen Verlust, der durch die Optionsprämie nicht mehr abgedeckt wird. Selbst wenn die Aktie infolge einer Insolvenz wertlos wäre, müsste der Anleger das Papier dennoch zu 98€ kaufen.
Allerdings geht es vielen Investoren nicht allein um die Ertragschancen. Manche wollen nur preiswerter in ein Wertpapier investieren. Ist einem Anleger der aktuelle Kurs von 100€ zu hoch und rechnet er mit einem baldigen Nachgeben auf 90€, kann er eine Verkaufsoption mit Basispreis von z.B. 92€ verkaufen; hierfür bekommt er aktuell 5€ Optionsprämie. Geht der Kurs des Papiers tatsächlich auf 90€ zurück, sieht seine Rechnung so aus: Er bekommt die Aktie zu 92€, hat aber bereits 5€ erhalten, sodass der Einstandspreis bei 87€ liegt und er somit 3€ Plus erzielt hat. Darüber hinaus hat er gegenüber dem sofortigen Einstieg beim Kurs von 100€ immerhin 13€ gespart.
Der Verkauf einer Verkaufsoption stellt generell die „gefährlichste“ Art der vier Optionsstrategien dar, weshalb das abwickelnde Institut entsprechende Sicherheiten (=Margin) verlangen wird. Allerdings bietet gerade die Terminbörse Eurex einen bedeutenden Vorteil: Sobald sich abzeichnet, dass die eingeschlagene Strategie falsch war, kann der Anleger sein Engagement jederzeit und nahezu ohne Wartezeit z.B. durch ein Gegengeschäft lösen und somit die Risiken begrenzen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(17):14-14