Prof. Dr. Reinhard Herzog
Erscheinungsbild und Entree
Bereits die Startseite sollte das Interesse wecken und „Lust auf mehr“ machen. Gleichzeitig sollten alle wichtigen Daten, insbesondere Kontaktdaten und Öffnungszeiten, gleich am Anfang ersichtlich sein, ohne lange Sucherei womöglich im Impressum. Denken Sie dabei an die bereits erwähnte Funktion der Websuche als Telefonbuchersatz.
Stil und Design sollten das Geschäftskonzept auf den ersten Blick repräsentieren. Weniger empfehlenswert sind allerdings überladene Startseiten, die eventuell sogar erst nach dem Abspielen mehr oder weniger „nerviger“ Videos und Animationen erreicht werden. Zudem können diese bereits eine hohe technische Hürde vor allem für ältere Rechner darstellen. Vor fremder Werbung sollten Sie sich ebenfalls hüten, auch wenn dies manche Seite weitaus billiger machen würde.Die meisten Kolleginnen und Kollegen werden ihre Website im Auftrag erstellen lassen; nichtsdestotrotz gilt es auch dann, einen Blick auf die Technik zu werfen und die Anforderungsprofile entsprechend zu gestalten.
Funktionalität und Technisches
Grundsätzlich sollte eine Apotheken-Website möglichst „barrierefrei“ (d.h. auch ohne Installation verschiedener Zusatzprogramme über einen normalen Browser hinaus) nutzbar sein. Selbstredend müssen alle gängigen Browser unterstützt werden, auch ältere Versionen. Auf die gute Lesbarkeit der gewählten Schriftart und Textgröße ist besonderer Wert zu legen; mit der Tastenkombination [Ctrl] bzw. [Strg] [+] bzw. [–] lässt sich die Größe übrigens in aller Regel vom Benutzer selbst anpassen. Die gängigen Bildschirmauflösungen sollten so unterstützt werden, dass es zu keinen Verzerrungen kommt.
Der Bildschirmaufbau sollte klar und logisch sein und nicht vollkommen mit allerlei „Plug-ins“ und Fensterchen überladen werden (wozu die technischen Möglichkeiten schnell animieren). Insbesondere muss immer eine rasche Orientierung möglich sein („roter Faden“ z.B. mithilfe eines Orientierungsrahmens zu den einzelnen Themen und Seiten am Bildschirmrand). „Labyrinthe“ werden nicht geschätzt, denken Sie dabei immer an Ihre Hauptkundengruppen!
Selbst wenn die Ladezeiten im Zuge der Verbreitung von Hochgeschwindigkeitsanschlüssen nicht mehr ganz so bedeutsam sind – zumindest die wichtigsten Seiten sollten auch heute noch mit einem älteren Modem-Anschluss in akzeptabler Zeit erreichbar sein. Bestehen Sie zudem vor allem bei komplexen Websites auf eine detaillierte Dokumentation der technischen Ausführung, da dies ggf. einen Wechsel des Dienstleisters erleichtert.
Inhaltliches
Die Grundfragen lauten:
- Was interessiert die Leute?
- Was erwarten sie speziell auf einer Apotheken-Website?
- Welche Informationen holen sie sich eher aus anderen Quellen?
Vieles gerade zum Thema Gesundheit bekommen Sie heute „an jeder Ecke“, insbesondere in den zahlreichen Medizinportalen und dort oftmals in ganz guter Qualität. Es ist also wenig sinnvoll, mit schlechteren Informationen als allenthalben erhältlich aufzuwarten. Da ist es besser, entsprechende Quellenverweise (Links) einzustellen. Wenn Sie aber selbst Gesundheitsinformationen bieten wollen, dann sollten sich diese positiv abheben und insbesondere den individuellen Charakter betonen.
Viele Menschen sind an den Geschehnissen vor Ort und in der Apotheke interessiert; gern angenommen werden stets aktuell gehaltene Hinweise auf lokale Aktionen, Vorträge, Institutionen, Gruppen und Vereine sowie sonstige Besonderheiten und „Sehenswürdigkeiten“ – sei es nun die reichhaltige Natur, (Heil-)Pflanzen und Tiere, „gesunde“ Freizeitmöglichkeiten, Kultur und Geschichte oder andere „volksnahe“ Dinge. Lokale Gesundheits-, Umwelt- sowie Wetterdaten erzielen ebenfalls immer wieder Aufmerksamkeit. Um zu viele Parallelen zu vermeiden, empfiehlt sich vorher ein Studium der Website der jeweiligen Gemeinde, die ja ebenfalls mehr oder weniger ausführliche Informationen zum Ort bietet.
Aktionen der Apotheke sind ebenfalls „webtauglich“. Sonderangebote, die Prämienaktion des Monats, ein Preisausschreiben etc. gehören selbstverständlich heute ins „Netz“. Ob Sie aber bereits interaktiv agieren möchten – der Kunde bestellt online, macht bei Aktionen mit usw. – ist eine entscheidende Grundsatzfrage. In dem Moment, in dem der Kunde hier mit Ihnen in Kontakt treten kann, müssen Sie eine ganz andere Infrastruktur in der Apotheke schaffen, die auf die schnelle Verarbeitung der eingehenden Wünsche eingestellt ist. Genau an diesem Punkt hapert es bei vielen nur nebenbei betriebenen Web-Lösungen heute noch. Dabei ist Professionalität gefragt, und dieser Aufwand lohnt nur, wenn ein entsprechendes Volumen erreicht wird.
Aktualität
Es ist leider eher die Regel als die Ausnahme: „Einladung zu unserem Kosmetik-Aktionstag am 28. Juli“ – dabei schreiben wir bereits November. So etwas sieht man allenthalben – und es macht immer wieder einen unprofessionellen Eindruck. Das Internet lebt von Aktualität, lassen Sie diese auch Ihrem Webauftritt angedeihen, selbst wenn Sie keinen Onlineshop betreiben, der selbstredend laufend „up to date“ sein muss. Jede Seite und jeder Artikel sollte dazu einen Zeitstempel erhalten: „Zuletzt aktualisiert am…“ bzw. „Stand vom…“ Veraltete Informationen gehören umgehend entfernt. Das gilt erst recht für die Apothekendaten wie Öffnungszeiten, Zufahrtswege oder Mitarbeiterstamm. Es macht einen denkbar schlechten Eindruck, wenn schon längst ausgeschiedene Angestellte noch im Team benannt sind.
Bei der Vorstellung des Teams sollten Sie auf einen gewissen Standard bei den Mitarbeiterporträts achten. Gute Bewerbungsbilder setzen da die Messlatte, auch wenn es bei einem Internet-Bild nicht unbedingt ganz so steif zugehen muss. Der qualitative Anspruch sollte aber ein ähnlicher sein. Ein wenig Text zu den einzelnen Personen macht sich ebenfalls gut.
Organisatorisches und Rechtliches
Eine Website ist schnell in Auftrag gegeben bzw. Sie können sich über Industrie, Großhandel, Verlage oder Kooperationen an ein „Standardmodell“ anhängen. Und dabei bleibt es häufig auch. Man ist präsent, das muss reichen, siehe den Punkt Aktualität weiter oben. Doch die Arbeit hört jetzt nicht auf:
- Wer ist für die laufende Pflege und Aktualisierung der Website technisch zuständig?
- Wer liefert auf welchem Wege den „Content“, die Beiträge, aktuelle Daten zu Aktionen usw., welche Personen im Mitarbeiterteam sind dafür verantwortlich?
- Wer prüft und testet geänderte bzw. neue Seiten und gibt sie schlussendlich frei? Eine Webseite sollte niemals einfach so online gestellt, sondern immer vorab geprüft und dann offiziell vom Verantwortlichen in der Apotheke freigegeben werden. Ggf. muss sich diese Prüfung heute auch auf den rechtlichen Rahmen erstrecken, insbesondere wenn ein Shop betrieben wird – Websites sind nun einmal weltweit aufrufbar und insoweit leichtes Ziel für Angriffe und Abmahnungen aller Art.
- Je mehr ein Kundendialog und Informationsaustausch stattfindet, umso mehr sind Sicherheitsaspekte im Hinblick auf Datenschutz, Schadprogramme und „Hackerangriffe“ zu berücksichtigen. Wer wird mit diesen Aufgaben betraut?
- Auf die Beachtung des Telemediengesetzes (der Umfang der Pflichtangaben lässt sich „ergoogeln“ und auch durch den Besuch mehrerer etablierter Anbieter schnell erschließen) und von Urheberrechten insbesondere bei der Verwendung von Texten, Ton- und Bildmaterial sei ausdrücklich hingewiesen. Verstöße können heute sehr teuer werden – und eine Website ist wie gesagt weltweit offen zugänglich.
Wer nicht mit „Standardbaukästen“ zur Webgestaltung arbeitet, sondern eine individuelle Programmierung in Auftrag gibt, muss mit teilweise beträchtlichen Kosten für eine professionelle Betreuung rechnen. Hier ist eine Abwägung von Aufwand und Erlös nötig. Apotheker, die das Internet als Geschäftsmodell mit namhaften Umsätzen nutzen möchten, werden die Kostenfrage anders beantworten als Kollegen, die nur eine bebilderte „Visitenkarte“ brauchen.
Indes gibt es heute eine Reihe von bisweilen recht aggressiv auftretenden Anbietern, die weit überteuerte Angebote für eine nicht selten erschreckend geringe Leistung unterbreiten. Dasselbe gilt für viele Dienstleistungen rund ums Internet, ob ominöse Einträge in „Internet-Branchenbücher“ (die keiner kennt), Angebote zur Optimierung der Auffindbarkeit im Netz etc.; hier heißt es vorsichtig sein.
Internet-Marketing
Viele dieser Anbieter machen sich zunutze, dass Ihnen ein toller Webauftritt gar nichts bringt, wenn er in den beinahe unendlichen Tiefen des Netzes nicht aufgefunden wird. Eine Webadresse muss also beworben werden wie ein lokales Geschäft, aber die Instrumente sind weitaus vielfältiger. Wer ernsthaft im Internet mitspielen möchte, kommt um eine seriös ausgearbeitete Web-Marketingstrategie nicht herum, was aber über diesen Beitrag hinausgeht. In jedem Fall sollten Sie Ihre Besucher zählen, selbst wenn Sie keinen Shop betreiben – immerhin schon einmal ein Hinweis, inwieweit Ihr Internetauftritt vor dem Hintergrund Ihrer mehr oder weniger ausgeprägten Werbeaktivitäten angenommen wird.
Soziale Netzwerke
Ein kleiner „Gefällt mir“-Button – und Sie sind heute mit der Welt der sozialen Netzwerke wie Facebook verbunden. Inzwischen erreicht dieses Thema die Apotheken, wobei jedoch schnell die Gefahr besteht, dass heilberufliche Pflichten auf dem Altar der schonungslosen Öffentlichkeit in solchen Netzwerken geopfert werden. Abgesehen von rechtlichen Fallstricken, führen auch rein wirtschaftliche Erwägungen zu dem Ergebnis, dass das Thema soziale Netzwerke nur mit äußerster Vorsicht anzugehen ist. Das gilt umso mehr, falls Sie nicht sonderlich computer- und internetaffin sind und die Spielregeln im Netz nicht aus dem Effeff beherrschen. Denn solche Netzwerke können eine ungeahnte Eigendynamik entfalten, positiv und eben auch negativ, der Sie dann kaum etwas entgegenzusetzen vermögen. Das wird durch den Nutzen heute bei Weitem (noch) nicht aufgewogen.
Checkliste online
Eine Checkliste zur Gestaltung und Überprüfung Ihrer Website finden Sie hier
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(21):5-5