Jasmin Theuringer
Erstellen einer Urlaubsliste
Beispiel
Apothekenleiter A reicht bereits in der ersten Januarwoche eine Urlaubsliste herum und fordert seine Mitarbeiter auf, innerhalb von 14 Tagen verbindlich ihre Urlaubswünsche für das gesamte kommende Jahr einzutragen. Die Mitarbeiter weigern sich, da sie noch keine konkreten Urlaubspläne gemacht haben. Kann A verlangen, dass die Mitarbeiter sich frühzeitig festlegen?
Wenn einzelne Arbeitnehmer sich nicht festlegen können oder wollen, so bedeutet das nicht, dass sie damit ihren Anspruch auf den Jahresurlaub verlieren. Es ist nicht möglich, eine sogenannte Ausschlussfrist für die Beantragung des Urlaubs festzulegen und später beantragten Urlaub mit dem Hinweis auf diese Frist zu verweigern. Der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer verfällt nur nach den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und dazu gehört die Festlegung des Urlaubs bereits am Anfang eines Jahres nicht.
Die unentschlossenen Arbeitnehmer werden sich dann aber in Bezug auf die zeitliche Festlegung ihres Urlaubs nach dem bereits genehmigten Urlaub der Kollegen richten müssen. Um nicht Gefahr zu laufen, den Urlaub zum gewünschten Termin nicht antreten zu können, ist eine frühzeitige Planung daher auch aus Arbeitnehmersicht sinnvoll.
Variante
Die Mitarbeiter tragen ihre Urlaubswünsche in die Liste ein. A nimmt die Liste zur Kenntnis, äußert sich aber nicht zu den Urlaubswünschen der Mitarbeiter. Die PKA P bucht daraufhin für die Osterwoche ihre geplante Flugreise.
Der Eintrag in eine Urlaubsliste ist nicht mehr als die Äußerung eines konkreten Urlaubswunsches. Damit der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch antreten kann, muss dieser vom Arbeitgeber grundsätzlich ausdrücklich erteilt werden. Schweigt der Arbeitgeber zu den Urlaubswünschen, so darf der Urlaub nicht angetreten werden. Das Schweigen kann nur dann als Zustimmung des Arbeitgebers gewertet werden, wenn dies auch bereits in der Vergangenheit regelmäßig so gehandhabt wurde. Nur dann kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass ein unwidersprochener Urlaubswunsch als genehmigt gilt. Erteilt A im Beispielsfall den gewünschten Urlaub nicht, so wird P die Kosten der stornierten Flugreise allein zu tragen haben.
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte die Bitte um Eintragung in die Urlaubsliste mit der Aussage verbunden werden, dass über die Urlaubswünsche nach Prüfung noch entschieden wird.
Variante
Die Mitarbeiter tragen sich in die Urlaubsliste ein. Bei der Prüfung der Liste stellt A fest, dass seine beiden PTAs für die Osterferien Urlaub beantragt haben. Er kann aber aus betrieblichen Gründen nur auf eine PTA verzichten und verweigert seiner PTA P daher den Urlaub, weil diese im vergangenen Jahr häufig erkrankt war und aus Sicht des A genügend Erholung hatte. Zu Recht?
Wenn es aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, sämtliche Urlaubswünsche zu erfüllen, so hat der Arbeitgeber zu prüfen, wessen Wunsch unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang hat. Der von A angeführte Grund ist daher keinesfalls geeignet, P ihren Urlaubswunsch zu verweigern. Soziale Gesichtspunkte im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes resultieren in erster Linie aus familiären Bedingungen. So ist grundsätzlich Mitarbeitern mit schulpflichtigen Kindern während der Schulferien Urlaub zu erteilen. Allerdings kann auch hier eine Abwägung aller Interessen im Einzelfall ergeben, dass ausnahmsweise ein kinderloser Arbeitnehmer während der Schulferien Urlaub antreten darf, so etwa, wenn dieser in den vergangenen Jahren stets Rücksicht auf seine Kollegen nehmen musste. Ein Urlaubswunsch kann auch dann vorrangig zu berücksichtigen sein, wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise nach längerer Krankheit besonders erholungsbedürftig ist.
Beispiel
Apothekenleiter A bittet die Mitarbeiter seiner in der Kölner Altstadt gelegenen Apotheke um Eintragung der Urlaubswünsche in eine Liste. In diese Liste hat er bereits für die Zeit von Altweiberfastnacht bis Aschermittwoch Betriebsferien eingetragen. Die PKA P will in dieser Zeit aber keinen Urlaub nehmen.
Die Anordnung von Betriebsferien kann zulässig sein mit der Folge, dass in dieser Zeit alle Mitarbeiter von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden. Die Freistellung wird vom jeweiligen Jahresurlaub in Abzug gebracht. Betriebsferien dürfen aber nicht willkürlich angeordnet werden und vor allem muss dies so rechtzeitig erfolgen, dass die Mitarbeiter sich darauf einstellen können. Für eine Apotheke, die z.B. in der Kölner Innenstadt liegt, kann die rechtzeitige Anordnung von Betriebsferien während der Karnevalszeit durchaus ratsam sein. P wird sich im Beispielsfall mit den Betriebsferien abfinden müssen.
Beispiel
Aufgrund der Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren, es allen Mitarbeitern recht zu machen, entschließt sich Apothekenleiter A, im kommenden Jahr den Urlaub gerecht zu verteilen und nimmt die Planung selbst in die Hand: Er verteilt eine Urlaubsliste, in der bereits für alle Mitarbeiter der jeweilige Jahresurlaub eingetragen ist. Seine Mitarbeiter sind wenig begeistert.
Auch wenn es im Bundesurlaubsgesetz heißt, der Arbeitgeber bestimme die zeitliche Lage des Urlaubs, so ist er hierbei keinesfalls völlig frei. Nach §7 Bundesurlaubsgesetz sind bei der Bestimmung des Zeitraums die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Keinesfalls kann A also den Jahresurlaub seiner Mitarbeiter einseitig festlegen.
Variante
In die Urlaubsliste tragen sich alle Mitarbeiter ein – bis auf die PKA P. Auf Nachfrage durch A erklärt sie wiederholt, keinen Urlaub zu benötigen und sich den Urlaubszeitpunkt noch zu überlegen.
Ein Arbeitgeber kann die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter naturgemäß nur dann berücksichtigen, wenn diese ihm gegenüber auch geäußert werden. Macht ein Arbeitnehmer keinen Urlaub geltend, so darf der Arbeitgeber den Zeitraum vorgeben, den Arbeitnehmer also „in den Urlaub schicken“. Aber selbst in diesem Fall hat der Arbeitnehmer noch die Möglichkeit, die vom Arbeitgeber vorgegebene Urlaubszeit nicht zu akzeptieren und stattdessen weiter zu arbeiten.
Äußert ein Arbeitnehmer trotz Nachfrage während des gesamten Jahres keinen Urlaubswunsch, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, von sich aus Urlaub zu gewähren. Er darf stattdessen auch das Erlöschen des Urlaubsanspruchs durch Zeitablauf abwarten.
Urlaubsantrag
Beispiel
A nimmt von der Idee der Urlaubsliste Abstand und bittet stattdessen seine Mit-arbeiter, ihm ihre Urlaubswünsche jeweils möglichst frühzeitig mitzuteilen. Seine Approbierte beantragt daraufhin Urlaub für die Sommerferien. A möchte jedoch selbst während dieses Zeitraums mit seiner Familie verreisen und reagiert daher auf den Urlaubsantrag seiner Approbierten nicht.
Das Gesetz gibt dem Arbeitgeber keine Fristen vor, innerhalb derer auf einen Urlaubsantrag reagiert werden muss. Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber spätestens innerhalb eines Monats über den Urlaubsantrag entscheiden. Tut er dies nicht, gilt der Urlaub grundsätzlich nicht als genehmigt, der Arbeitnehmer darf also nicht von der Arbeit fernbleiben. Tut er es dennoch, so stellt dies nach herrschender Rechtsprechung eine Arbeitsverweigerung dar und kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen.
Äußert sich der Arbeitgeber trotz entsprechender Nachfrage zu dem Urlaubsantrag nicht oder verweigert er den Urlaub grundlos, so bleibt dem Arbeitnehmer nur der Weg zum Arbeitsgericht. Dort kann er seinen Urlaubswunsch gegebenenfalls durchsetzen. Wegen der Eilbedürftigkeit wird er dies häufig im Wege einer einstweiligen Verfügung tun.
Widerrufsrecht?
Beispiel
A hat zu Beginn des Jahres seiner Approbierten auf ihren Wunsch hin zwei Wochen Urlaub im März gewährt. Ende Februar erkrankt A jedoch und ist deshalb auf die Anwesenheit seiner einzigen Approbierten angewiesen. Er „streicht“ ihr den Urlaub und vertröstet sie auf einen späteren Zeitpunkt. Zu Recht?
Erklärt sich der Arbeitgeber mit dem Urlaubswunsch eines Mitarbeiters einverstanden, so ist diese Erklärung bindend. Sie kann nicht einseitig widerrufen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verpflichtet selbst die sogenannte Treuepflicht den Arbeitnehmer nicht, bei Personalengpässen den Urlaub zu verlegen. A muss sich daher nach Kräften um eine entsprechende Vertretung bemühen.
Ob in Notfällen – so zum Beispiel, wenn trotz aller Bemühungen keine Vertretung zu finden war und eine Schließung der Apotheke droht – ein Widerrufsrecht des Arbeitgebers besteht, ist von der Rechtsprechung bislang nicht eindeutig geklärt. Soweit ein Arbeitnehmer mit der Verlegung seines ursprünglich bereits genehmigten Urlaubs einverstanden ist, wird der Arbeitgeber allerdings für alle durch die Verlegung des Urlaubs verursachten Kosten, wie beispielsweise Stornokosten, aufkommen müssen.
Variante
Die PTA P fährt in den zuvor von A für zwei Wochen genehmigten Urlaub. Nach einer Woche Regenwetter am Urlaubsort entschließt P sich, den Urlaub vorzeitig abzubrechen und lieber zu arbeiten. Als sie in der Apotheke erscheint, schickt A sie nach Hause.
Nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch für den Arbeitnehmer ist die Urlaubserteilung bindend. Eine vorzeitige Arbeitsaufnahme ist daher ausschließlich mit dem Einverständnis des Arbeitgebers möglich.
Krank im Urlaub
Beispiel
Die PTA P fährt in den zuvor von A für zwei Wochen genehmigten Urlaub. Nach einer Woche erkrankt P und übermittelt A eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die letzte Urlaubswoche. Doch auch nach ihrer Genesung erscheint P nicht in der Apotheke. Sie erklärt stattdessen, ihren wegen der Erkrankung nicht verbrauchten Urlaub nun nachzuholen.
Urlaub dient der Erholung. Wer krank ist, erholt sich aber nicht. P hat daher im Beispielsfall tatsächlich nur eine Woche ihres Jahresurlaubs verbraucht. Nach §9 Bundesurlaubsgesetz werden die durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Der Arbeitnehmer hat also Anspruch darauf, dass ihm der durch die Erkrankung erloschene Urlaub noch gewährt wird.
Allerdings gilt auch hier, dass die Bestimmung der zeitlichen Lage des Urlaubs durch den Arbeitgeber erfolgt. Das eigenmächtige Verlängern des Urlaubs ist nicht anders zu bewerten als der eigenmächtige Antritt eines nicht genehmigten Urlaubs. P muss daher unverzüglich nach ihrer Genesung wieder in der Apotheke erscheinen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(01):11-11