Ute Jürgens
Sündenwurzel Nr. 1: Hochmut
Zu Beginn steht der Hochmut. Hat man das Studium absolviert und eine eigene Apotheke, die (hoffentlich noch) gute Umsätze bringt, besteht die Gefahr, dass man – schließlich möchte man sich auch einmal auf den Lorbeeren ausruhen – blind wird für Anregungen und Kritik. Stolz auf das Vollbrachte, fühlt man sich seinem Umfeld überlegen, es mangelt an Demut und der Einsicht, dass man ohne seine Mitarbeiter bei Weitem nicht so viel erreicht hätte.
Besitzt man dagegen zu wenig Hochmut, ist die Balance auch aus dem Lot. Ständige Selbstzweifel am eigenen Konzept und Entscheidungsscheu verursachen Stillstand oder Rückschritt. Die Balance erreicht man z.B., wenn man ein offenes Feedback von den Angestellten erbittet. Ehrliche und mutige Mitarbeiter haben keine Scheu, im Gespräch auf entsprechende Fragen zu antworten. Bei vorsichtigen und sanftmütigen Angestellten heißt es, die Fragen nicht zu deutlich zu stellen und „zwischen den Zeilen“ zu lauschen. Statt einem „Was wünschen Sie sich von mir?“, „Welches Verhalten bereitet Ihnen manchmal Schwierigkeiten?“ oder ähnlichen direkten Formulierungen ermuntert eher ein: „Was kann ich noch besser machen aus Ihrem Blickwinkel? Für mich ist es manchmal schwierig, mir aus allen Perspektiven gleichzeitig zuzusehen.“
Ein zweiter Tipp, um Arroganz zu verhindern: Begeben Sie sich ab und zu bewusst in Kreise, in denen niemand Sie kennt oder in denen beruflicher Status wenig zählt. Sind Sie ein „unbeschriebenes Blatt“, behandelt man Sie als Gleicher unter Gleichen. Das kann ganz entspannend sein – Sie stehen einfach als Mensch da.
Sündenwurzel Nr. 2: Geiz
Die zweite Sündenwurzel ist der Geiz. Für Geizige sind Beziehungen zu anderen Menschen nur so lange wichtig, wie sie selbst davon profitieren. Das spüren sowohl Mitarbeiter als auch Kunden und Geschäftspartner, sie werden misstrauisch. Dies kann sich jedoch bitter rächen, wenn Geizige wirklich einmal in Not geraten und ihnen dann niemand helfen will. Wenn Sie zu Geiz neigen, sollten Sie sich immer wieder bewusst machen, wie wichtig Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner für Ihren beruflichen Erfolg sind. Und beachten Sie auch: Besitz ist nicht alles, Sein ist mehr als Haben. Das sollte man auch manchmal bedenken, ohne erst durch eine Krankheit oder einen Todesfall daran erinnert zu werden.
Die andere Seite der Medaille ist die Großzügigkeit. Verschenken Sie zu viel, ist es auch wieder verkehrt. Für einen Geizigen, der sich im gesunden Mittelmaß einpendeln möchte, ist Großzügigkeit jedoch die richtige Richtung für Denken und Handeln. Bringen Sie Ihren Angestellten z.B.einmal Blumen mit oder nutzen Sie die steuerlichen Möglichkeiten von Sachzuwendungen!
Sündenwurzel Nr. 3: Luxus
Luxus, Verschwendung und Ausschweifung wirken sich sowohl auf Kunden als auch auf Mitarbeiter negativ aus. Geschieht das Zurschaustellen des materiellen Erfolgs dauerhaft „vor ihrer Nase“, entstehen Neid und Unzufriedenheit darüber, „was der Apotheker/Chef mit unserem Geld macht“. Überlegen Sie daher, ob Ihr Verhalten bei Mitarbeitern und Kunden Neid erregen könnte, und zeigen Sie im Zweifelsfall eher Bescheidenheit.
Sündenwurzel Nr. 4: Zorn
Zorn vergiftet die Atmosphäre. Ein aufbrausender Chef, der Angestellte anschreit oder vor den Kunden vorführt, wirkt gelinde gesagt abstoßend. Kunden reagieren entweder mit der Wahl einer anderen Apotheke, Mitleid oder einem verwunderten „Aber Herr Meier, diese Seite kennen wir ja noch gar nicht von Ihnen“, wenn sie das erste Mal dabei sind. Später wird stoisch oder peinlich berührt abgewartet und auf den Einkaufszettel geschaut.
Als Folge sind irgendwann nur noch Mitarbeiter vorhanden, die ihrem Chef nach dem Mund reden und unangenehme Tatsachen lieber verschweigen. Missstände in der Apotheke werden nicht mitgeteilt, schlechte Nachrichten geschönt, Beschwerden von Kunden nicht weitergeleitet. Der unwissende Chef geht von falschen Voraussetzungen aus und trifft deshalb Fehlentscheidungen.
Das Gegenteil ist ebenso unpassend: Alle negativen Emotionen werden geschluckt, mit sämtlichen negativen Folgen, die das für Gesundheit und Psyche haben kann. Für das Team ist der Chef „unlesbar“, man weiß nicht, was er will. Die goldene Mitte: Man steht zu seinen Emotionen, lässt aber andere nicht darunter leiden. Kurz „vor dem Kochen“ zieht man sich ins Büro zurück und spricht die Dinge erst an, wenn man sich wieder beruhigt hat. Vielleicht muss man sogar eine Nacht darüber schlafen. Denn es ist schade, wenn durch unangemessene Worte gute Mitarbeiter brüskiert werden und am Ende sogar (innerlich oder auch tatsächlich) kündigen.
Sündenwurzel Nr. 5: Völlerei
Sündenwurzel Nummer fünf ist die Völlerei und Unmäßigkeit. In seinem Buch „Der Umgang mit dem Bösen“ bezieht der Benediktinerpater Anselm Grün diese Untugenden auf übermäßigen Eifer und entsprechende Erwartungen an die Mitmönche, in unserem Zusammenhang also an die Mitarbeiter. Besteht das Leben nur noch aus der Apotheke, verkümmern andere Bereiche. Mögliche Folgen sind Stress, Burn-out oder Alkoholabhängigkeit. Es tut daher gut, auf entsprechende Nachfragen und Warnungen von Familienmitgliedern bzw. Freunden zu hören. Und gelegentlich – am besten aus der Distanz, z.B. im Urlaub – zu prüfen, ob Sie tatsächlich das Leben führen, das Sie immer führen wollten.
Sündenwurzel Nr. 6: Neid
Muss man stets der Beste und Erfolgreichste sein, gönnt man anderen nichts, wüten Missgunst und Eifersucht. Viele von uns schmälern die Zufriedenheit über sich selbst, wenn sie sich mit anderen Menschen vergleichen. Um sich gut zu fühlen, darf der Konkurrent nicht erfolgreicher sein. Das kann die Apotheke um die Ecke sein oder eine Mitarbeiterin, die sich viel und gut fortbildet und in Teilbereichen besser informiert ist als der Chef. Ist dieser neidisch, handelt er betriebsschädigend, indem er sie z.B. wegen Kleinigkeiten rügt.
Orientiert man sich dagegen zu wenig an dem, was andere an Ideen und Weiterentwicklungen zeigen, ist die Balance aus dem Lot, weil es an Ehrgeiz mangelt und man daher nicht dazulernt.
Das Antidot zur Missgunst: Genießen Sie Ihren eigenen Erfolg – unabhängig von dem, was andere erreicht haben. Und selbst wenn es schwerfällt: Lernen Sie, anderen ihren Erfolg zu gönnen.
Sündenwurzel Nr. 7:
Mangels Neugier und Interesse wird vieles nicht mehr wahrgenommen. Alles ist egal, sowohl das eigene Denken und damit Handeln als auch die Führung der Apotheke.
Dagegen hilft, die Welt ganz bewusst zu betrachten, zu reflektieren, was geschieht, und sich mit Menschen auszutauschen, die zielgerichtet und erfolgreich sind. Manchmal wird man von den Begeisterten angesteckt und findet ein Gebiet, für das man selbst „brennen“ kann. Ob es sich dabei um Apotheke oder Freizeit handelt, ist nicht so wichtig – man kann aus Privatem einiges lernen, was im Beruf umsetzbar ist und wovon letztlich alle profitieren.
Ute Jürgens, Kommunikationstrainerin und Einzelcoach, KomMed, 28865 Lilienthal, E-Mail: info@kommed-coaching.de
Buch-Tipps
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(04):9-9