Private Pflegeversicherung

Zusatzschutz im hohen Alter


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Selbst ein solides Kapitalpolster aus dem aktiven Berufsleben reicht oftmals nicht aus, um hohe Pflegekosten abzudecken und dabei gleichzeitig auch noch einen angemessenen Lebensstandard beizubehalten. Schutz bieten hier private Pflegeversicherungen.

Teure Pflegekosten

Geht es um die Kosten einer erforderlichen Pflege, bietet die gesetzliche Pflege(pflicht)versicherung ein erstes Polster. Abhängig von der Art der Pflege und der Pflegestufe werden seit dem 1. Januar 2012 zwischen 235€ (häusliche Pflege durch Familienangehörige, Pflegestufe I) und 1.550€ (stationäre Pflege, Pflegestufe III), in Härtefällen sogar bis zu 1.980€ bezahlt. Das Problem dabei: Ein Heimplatz kostet heute mindestens 2.500€, kann allerdings auch mit mehr als 5.000€ zu Buche schlagen – pro Ehepartner. Die häusliche Pflege durch einen Pflegedienst kostet ebenfalls schnell ein Mehrfaches der Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung. Soll ein angemessener Lebensstandard im Alter beibehalten werden, sind mithin Zuzahlungen erforderlich, die die Eigenmittel schnell übersteigen können.

Drei Versicherungsvarianten zur Auswahl

Wer sich nicht nur auf die Pfle­gepflichtversicherung bzw. auf familiäre Unterstützung verlassen will, kann zusätzlich selbst vorsorgen. Die Versicherer bieten drei unter­schiedliche Vertragsvarianten an, die im Fall einer erforderlichen Pflege Leistungen erbringen: die Pflegerentenversicherung, die Pflege­tage­geld­versicherung und die Pflegekostenversicherung.

Die Pflegerentenversicherung wird als selbstständiger Vertrag oder als Zusatz beispielsweise zu einer Kapitallebensversicherung offeriert. Vergleichbar ist sie mit einer privaten Renten­versicherung mit dem Unterschied, dass Leistungen nicht mit Erreichen eines bestimmten Lebens­alters, sondern nur im Fall der Pfle­gebedürftigkeit erbracht werden – selbst wenn dieser bereits in jungen Jahren eintreten sollte.

Der Versicherte zahlt einen einmaligen oder monatliche Beiträge, nach denen sich die Höhe der Ver­sicherungssumme und damit die späteren Zahlungen richten. Die Leistungen orientieren sich grundsätzlich an der Pflegestufe, müssen jedoch nicht zweck­gebunden eingesetzt werden. Wird z.B. ein Schwerstpflegebedürftiger der Pflegestufe III kostengünstig zu Hause von seinen Angehörigen gepflegt, erbringt die Versicherung dieselben Leistungen wie im Fall einer statio­nären Unterbringung. Da eine Pflegerentenversicherung vergleichsweise teuer ist, kann die Leistungspflicht der Versicherung – beitragssparend – begrenzt werden, z.B. auf 100% des ver-sicherten Betrags bei Pflegestufe III, jedoch ohne Absicherung in den Pflegestufen I und II. Allerdings sind auch Erweiterungen möglich, z.B. um eine Todesfallleistung oder eine Altersrente ab dem 80. oder 85. Lebensjahr.

Der Vorteil dieser Versicherungsart liegt in den konstanten Beiträgen, die Prämienerhöhungen ausschließen. Allerdings sind die Leistungen nicht festgeschrieben: Wie bei Rentenversicherungen üblich, setzen sich die Zahlungen aus einer garantierten Mindestrente und einer Beteiligung an den Überschüssen zusammen. Garantien für diesen Teil gibt es jedoch nicht und gerade die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Überschussbeteiligungen eher rückläufig sind. Nachteilig ist neben den vergleichsweise hohen Kosten die Regelung, dass bei Schadensfreiheit meist keine Rückerstattung erfolgt. Tritt also der „Schadensfall Pflege“ nicht ein, sind die Beiträge – ähnlich wie bei einer Haftpflichtversicherung – verloren. Allerdings gibt es Vertragsarten, die mit einer Kapitalabfindung gekoppelt werden können. Die Pflegerenten­versicherung ist dennoch in erster Linie für Menschen geeignet, die das Pflegefallrisiko absichern wollen, jedoch kein Geld für ihre Erben benötigen.

Staatliche Leistungen oftmals nicht ausreichend

In unterschiedlichen Varianten wird die Pflegetagegeldversicherung angeboten. Dabei zahlt die Gesellschaft im Fall der Pflegebedürftigkeit einen festen Tagessatz – abhängig von der erreichten Pflegestufe. Zur Kosteneinsparung sind auch hier Leistungsbeschränkungen z.B. auf die Stufen II und/oder III möglich. Leistungen erfolgen meist auch im Fall der Pflege durch Familienangehörige, die jedoch gewisse Vorgaben hinsichtlich ihres pflegerischen Könnens erfüllen müssen. Ist dies nicht der Fall, wird das Tagegeld gekürzt. Ein Aufwandsnachweis ist allerdings – wie bei der Pflegerentenversicherung – generell nicht erforderlich, das Pflegetagegeld wird z.B. auch dann gezahlt, wenn die bestehenden Versicherungen die Kosten bereits ausreichend abdecken. Während aber bei der Pflegerentenversicherung keine Beitragserhöhungen möglich sind, können die Prämien der Pflegetagegeldversicherung durchaus angepasst werden.

Kapitalrückzahlungen gibt es bei dieser Versicherungsart generell nicht, im Fall der Kündigung sind die bis dahin eingezahlten Prämien verloren. Dennoch kann die aufwandsunabhängige Leistungspflicht als positiv gewertet werden. Nachteilig ist die Möglichkeit zur Beitragserhöhung zu sehen, aber auch bei der Vertragsgestaltung sollte genau darauf geachtet werden, ob die wirklich relevanten Risiken abgedeckt werden. Wer z.B. davon ausgehen kann, zumindest bei leichter Pflegebedürftigkeit zu Hause gepflegt zu werden, sollte ggf. einen Tarif wählen, der auch die hierfür an­fallenden Kosten abdeckt. In jedem Fall sollten die Leistungen bei schwerer Pflegebedürftigkeit ausreichend hoch sein, um den finanziell sorglosen Lebensabend sicherzustellen.

Die Pflegekostenversicherung erstattet bis zu 100% der nicht von der Pflegepflichtversicherung übernommenen Aufwendungen für professionelle häus­liche, teilstationäre und statio­näre Pflege, bietet aber auch – allerdings vergleichsweise geringe – Leistungen im Fall der häuslichen Pflege durch Angehörige. Darüber hinaus werden Ausgaben für ärztlich verordnete Verbrauchsmittel übernommen und Kosten in Zusammenhang mit der Verbesserung des Wohnumfelds anteilig getragen. Maßgeblich ist in jedem Fall die Einstufung im Rahmen der Pflegepflichtversicherung.

Der Vorteil dieser Versiche­rungsform liegt darin, dass sie sich an den tatsächlich anfallenden Kosten orientiert. Aber auch die Beiträge sind deutlich nied­riger als bei den anderen beiden Versicherungsvarianten. Als nachteilig sind die vergleichsweise geringen Erstattungen im Fall der Pflege durch Angehöri­ge zu sehen. Aber auch die Begrenzung der Leistungen auf den Katalog der Pflege­pflichtversicherung kann zum Problem werden, wenn der Ver­sicherte weiteren Bedarf hat, beispielsweise bei Wohnungsumbauten.

Pflegetagegeld im Vorteil

Vergleicht man die drei Möglichkeiten, erscheint die Pflegetagegeldversicherung in den meisten Fällen als die einfachste Lösung mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Dennoch ist ge­rade hier eine eingehende Beratung durch einen Ver­si­cherungs­ex­perten unverzichtbar, denn die angebotenen Varianten sind so vielfältig wie in kaum einem anderen Versicherungszweig. Je nach versicher­‑ten Leistungen, Zusatzbausteinen und Risikobegrenzungen vari­ieren die Prämien oftmals um mehrere Hundert Prozent.

Interessenten sollten sich daher zunächst überlegen, welche Absicherung aufgrund der persön­lichen Situation – also vorrangig der finanziellen Verhältnisse und der familiären Umstände – an­gestrebt wird, und auf dieser Basis konkrete Angebote ein­holen. In jedem Fall lohnt sich auch ein Blick auf die Möglichkeiten hinsichtlich eines vorzeitigen Ausstiegs, falls sich die persön­lichen Verhältnisse ver­ändern sollten.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(04):16-16