Helmut Lehr
- Die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) beider Ehegatten kann durchaus als Schenkung an den anderen Partner zu beurteilen sein – dies ist aber keinesfalls zwingend.
- Eine dafür notwendige „Bereicherung“ des anderen Ehegatten liegt nur vor, wenn und soweit er im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zumindest über die Hälfte des eingezahlten Guthabens verfügen kann und die Zuwendung tatsächlich unentgeltlich ist.
- Wird die Einzahlung der Schenkungsteuer unterworfen, muss die Finanzverwaltung nachweisen, dass der „Beschenkte“ tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Vermögen verfügen kann.
- Liegen jedoch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür vor, dass beide Ehegatten zu gleichen Teilen am Guthaben beteiligt sind, muss der Beschenkte darlegen, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Partner begünstigt sein soll.
Verhalten maßgebend
Greift der nicht einzahlende Ehegatte häufig auf das Guthaben des Oder-Kontos zu, um eigenes Vermögen zu bilden, spricht dies deutlich dafür, dass er zu gleichen Teilen berechtigt ist und somit eine Schenkung an ihn vorliegt. Verwendet er jedoch nur ausnahmsweise einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann dies darauf hindeuten, dass sich die „Schenkung“ nur auf diese Beträge beschränkt hat.
Um solche Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollten Eheleute bei Verwendung eines Oder-Kontos spätestens im Vorfeld nennenswerter Einzahlungen eindeutig schriftlich regeln, was von ihnen gewollt ist und dass das Guthaben ggf. nur dem einzahlenden Partner zuzurechnen ist. Alternativ sollte auch über die Anlage von Einzelkonten nachgedacht werden4). Der jeweils andere Ehegatte könnte dann mittels Vollmacht über das Guthaben verfügen.
Hinweis: In Einzelfällen kann sich auch die bewusste Schenkung mittels Oder-Konto als vorteilhaft erweisen, weil dann die Zehnjahresfrist, nach deren Ablauf die persönlichen Freibeträge erneut ausgenutzt werden können, in Gang gesetzt wird und spätere Transaktionen womöglich nicht mehr steuerrelevant sind. Ist dies tatsächlich gewollt, sollten ebenfalls entsprechende schriftliche Vereinbarungen getroffen werden.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. November 20112) kann im Internet unter
www.bundesfinanzhof.de
im Bereich Entscheidungena Entscheidungen online unter dem Entscheidungsdatum 23. November 2011 abgerufen werden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(11):17-17