Helmut Lehr
Umfassende Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion Frankfurt hat die neuere Rechtsprechung der letzten Jahre zum Anlass genommen, um bestehende Verwaltungsgrundsätze2) neu zu gestalten. Mit Verfügung vom 13. April 20123) wurde den Finanzämtern eine ausführliche Arbeitsgrundlage an die Hand gegeben, nach der künftig über den Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug entschieden werden soll.
Hinweis: Auch nach der günstigen Rechtsprechung hält die Finanzverwaltung weiter daran fest, dass vor allem bei Auslandsgruppenreisen zunächst besondere Anforderungen an die berufliche Veranlassung bestehen. Erst in einem zweiten Schritt hat ggf. eine Aufteilung der Kosten nach den (neueren) Grundsätzen des Bundesfinanzhofs zu erfolgen.
Ausgewählte Eckpunkte
- Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann die betriebliche/berufliche Veranlassung einer Reise nicht bereits durch pauschale Ausführungen des Steuerpflichtigen wie „allgemeine berufliche Bildung“ oder „allgemeine Informationsgewinnung“ nachgewiesen werden.
Hinweis: Bereits deshalb sollte schon bei Abgabe der Steuererklärung bzw. bei Rückfrage des Finanzamts die Zielsetzung präzise und bezogen auf die aktuell ausgeübte (oder eine konkret beabsichtigte künftige) Tätigkeit dargestellt werden.
- Gerade bei Auslandsgruppenreisen fordert die Finanzverwaltung weiterhin ein auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse des Teilnehmers zugeschnittenes Programm. Ein allgemeinberufliches Interesse soll nicht ausreichen, da die Förderung der allgemeinen beruflichen Bildung Teil der Allgemeinbildung sei.
- Der Teilnehmerkreis einer vorrangig Studienzwecken dienenden Gruppenreise muss im Wesentlichen gleichartig/homogen sein.
- Das berufsbezogene Reiseprogramm muss straff durchorganisiert sein, d.h., die Programmgestaltung darf, von Pausen oder vortragsfreien Wochenenden abgesehen, keine Zeit für private Erholungs- und Bildungsinteressen lassen.
Hinweis: Neben der straffen Organisation achtet die Finanzverwaltung darauf, dass der Steuerpflichtige auch tatsächlich zur Teilnahme am vollständigen Programm verpflichtet war. Dies soll grundsätzlich durch detaillierte Teilnahme-/Abschlusszertifikate, Mitschriften oder andere geeignete Unterlagen nachgewiesen werden. Die Anforderungen an diesen Nachweis sollen umso strenger ausgelegt werden, je mehr der Tagungsort oder die Reiseroute die Verfolgung privater Interessen, wie z. B. Erholung, nahelegt oder ermöglicht.
- Zwar soll die fachliche Organisation einer Reise unter fachkundiger Leitung für ihre berufliche/betriebliche Veranlassung sprechen, allerdings wird die Verwaltung nicht jede von einem Fachverband veranstaltete Reise steuerlich berücksichtigen.
- Ist die Reiseroute auseinandergezogen sowie mit häufigem Ortswechsel verbunden und sind diese Orte gleichzeitig beliebte Ziele des Tourismus, wird diesen Umständen besondere Bedeutung beigemessen. Steuerpflichtige könnten also allein deshalb in Erklärungsnot geraten.
- Unterm Strich wird weiterhin eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall vorgenommen. Die genannten und einige weitere Kriterien (z. B. Art des Beförderungsmittels und Gestaltung der Wochenenden) sollen eingehend geprüft und gegeneinander abgewogen werden. Dabei wird eine Auslandsgruppenreise von der Finanzverwaltung zunächst weiterhin als Einheit betrachtet, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise von der Organisation und der Durchführung her nur im Zusammenhang gesehen werden könnten.
Beachtung der Aufteilungsgrundsätze
Ergibt die Gesamtbeurteilung der Finanzbehörde, dass auch private Reiseinteressen von nicht untergeordneter Bedeutung vorgelegen haben, handelt es sich um gemischte Aufwendungen, die anhand ihrer beruflichen/privaten Veranlassung aufzuteilen sind. Als Aufteilungsmaßstab kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile in Betracht, wobei der An- und Abreisetag als neutral behandelt werden sollen.
Einzelne Aufwendungen einer gemischt veranlassten Reise, die eindeutig abgrenzbar und ausschließlich betrieblich/beruflich veranlasst sind, erkennt die Finanzverwaltung ohne Aufteilung in voller Höhe als Betriebsausgaben/Werbungskosten an. Vorausgesetzt wird, dass dem Steuerpflichtigen insoweit zusätzliche Kosten entstanden sind, die nicht entstanden wären, hätte er diesen zusätzlichen Teil der Reise (z. B. Besuch Geschäftspartner, Kongress, betriebliche Besichtigung) nicht durchgeführt. Als solche zusätzlichen, voll abziehbaren Aufwendungen kommen u.a. Eintrittsgelder, Fahrtkosten, Kongressgebühren und ggf. auch weitere Unterbringungskosten sowie Mehraufwendungen für Verpflegung in Betracht.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(11):18-18