Prof. Dr. Reinhard Herzog
Wasseraufbereitung
Äußerst vielfältig ist der Markt der Wasseraufbereitung im industriellen wie im privaten Umfeld, wobei uns vor allem Letzterer interessiert. Von Wasserfiltern (die auch in der Apotheke mit meist nicht allzu großem Erfolg angeboten werden) über Wassersprudler zur Kohlensäureanreicherung bis hin zu schon eher esoterisch angehauchten Verfahren wie Vitalisierung, Energetisierung oder Magnetisierung reicht das Spektrum. Für „Goldwasser“ kann z. B. käufliches hochreines 24-karätiges Blattgold für eine gewisse Zeit in das Wasser eingelegt werden oder darin verbleiben. Einige Goldatome „verirren“ sich dann tatsächlich der natürlichen Diffusion folgend im Wasser und verleihen diesem dadurch seine „heilende Magie“. Gold ist übrigens sogar ein für gewisse Zwecke zugelassener Lebensmittelzusatzstoff mit der E-Nummer 175. Mit (Halb-)Edelsteinen funktioniert das auch („Edelsteinwasser“).
Verschiedenste Apparaturen energetisieren und magnetisieren das Wasser. Firmen wie z.B. Nikken (ein global agierendes Unternehmen mit Wurzeln in Japan, das sich dem Thema Wellness und Gesundheit verschrieben hat, www.nikkenwellbeing.de) machen mit solchen Themen weltweit Umsätze im Milliardenbereich! Viele Klein- und Kleinstfirmen bevölkern ebenfalls diesen Markt und lassen sich auf den verschiedenen Branchenmessen rund um das Thema Naturheilkunde und Esoterik in Augenschein nehmen.
Kurios, aber nicht ohne eine gewisse Faszination sind Kristallanalysen des Wassers u.a. zum „Beweis“ der Wirkung der Wasseraufbereitung. Sie sind mit Namen wie Masaru Emoto verbunden („Die Botschaft des Wassers“, Koha-Verlag, 2010).
Der Übergang zur Esoterik und teilweise gar Scharlatanerie ist bei all diesen Verfahren und Produkten fließend, insbesondere wenn unbewiesene Wirk- oder gar Heilungsversprechen abgegeben werden. Dennoch muss sich der am Thema Wasser Interessierte auch mit diesem Teilbereich zumindest am Rande auseinandergesetzt haben, um eben die Grenzen abstecken zu können. Informationen auf Websites wie www.esowatch.com (eine Art Wikipedia zum Thema Esoterik und Pseudomedizin) können da hilfreich sein.
Intelligent, da in hohem Maße ressourcenschonend, sind die Wassersprudler, mit denen Kohlendioxid unter Druck eingebracht wird. Immerhin erübrigen sich damit das Schleppen schwerer Kisten und die im Grunde recht unökonomische Verpackung des Wassers in Flaschen, die hin und her transportiert werden. Qualitativ einwandfreies Wasser kommt zumindest in den meisten Regionen eben auch aus der Leitung und braucht nur durch das Aufsprudeln attraktiver gemacht zu werden. Wasserfilter haben je nach Trinkwasserqualität ebenfalls ihre Berechtigung und können in Kombination mit dem Sprudler Verwendung finden. Insgesamt handelt es sich dabei aber leider um Randmärkte ohne allzu große Bedeutung, die zudem von verschiedensten Handelskanälen bedient werden.
Wasser im Apotheken-Fokus
Wasser eignet sich jedoch darüber hinaus hervorragend als Anknüpfungspunkt für zahlreiche Marketingaktionen und kann die Kompetenz der Apotheke in Gesundheitsfragen unterstreichen. So wie manche Betriebe und Gemeinden Luftschadstoff-Anzeigetafeln (mit Datenübertragung per Funk) zur Schau stellen, ist auch Wasser als ein solcher Aufhänger brauchbar. Das zentrale Thema ist die Qualität des lokalen Trinkwassers oder die Beschaffenheit von Bade- und Freizeitgewässern. Bisher wird dies jedoch eher von Tageszeitungen oder Ämtern informell bedient als von der Gesundheitsinstitution Apotheke.
Die jeweiligen Daten lassen sich bei den Gemeinden und Umweltämtern abrufen, und eine Apotheke tut gut daran, hier informiert zu sein. So kommen immer wieder Fragen zur Verwendbarkeit des Leitungswassers für die Babyernährung (Thema Nitrat/ Nitrit), nach Schwermetallgehalten (Thema Bleirohre in Altbauten, die im Laufe der nächsten Jahre übrigens alle ausgetauscht werden müssen) oder nach den Ursachen von diffusen Hautausschlägen und Rötungen, bisweilen auch enteralen Erkrankungen in der Badesaison.
Ist die Wasseranalytik demzufolge ein interessantes Geschäftsfeld? Schon vor vielen Jahren boten etliche Apotheken Wasser-Schnelltests an, mit meist eher geringer Resonanz. Heutige Schnelltests (zumeist Teststreifen) ermitteln quantitativ oder halbquantitativ für wenige Euros pH-Wert, Nitrat und Nitrit, Blei, Eisen, Chlor (Schwimmbad), Härtegrad, ausgewählte Pestizide, aber auch Öl in Wasser (z.B. im Gefolge undichter Öltanks). Die vielfach weit stärker interessierenden mikrobiologischen Belastungen lassen sich in „Schnelltests“ (die in der Regel zudem eine Inkubationszeit von ein bis zwei Tagen voraussetzen) nur orientierend ermitteln. Halbwegs brauchbare quantitative Aussagen erfordern nach wie vor eine Auftragsanalyse in speziellen mikrobiologischen Laboren.
Diese Labore haben nun noch mehr Konjunktur – durch die erst kürzlich verabschiedete „Legionellenverordnung“. Im Rahmen der Novellierung der Trinkwasserverordnung besteht u.a. für die Vermieter von Mehrfamilienhäusern (mit mehr als zwei Wohnungen und zudem einer „Großanlage zur Warmwasserbereitung“ mit mehr als 400 Litern Speichervermögen) die Pflicht, dieses Warmwasser mindestens einmal jährlich auf möglichen Legionellenbefall untersuchen zu lassen. Zudem besteht eine Meldepflicht der Ergebnisse beim Gesundheitsamt (Näheres siehe u.a. auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums www.bmg.bund.de). Da nur akkreditierte und vom jeweiligen Bundesland gelistete Labore für die Untersuchung zugelassen sind, geht die Apotheke hier erst einmal leer aus, allenfalls kommt eine Vermittlung bzw. Empfehlung in Betracht.
Marketingaktionen mit Wasser
Daneben eignet sich das flüssige Nass ganz ausgezeichnet für eine Reihe aufmerksamkeitsstarker Aktionen. Angefangen von hübsch beleuchteten Brunnen und Sprudelsäulen (die Lichteffekte spielen eine entscheidende Rolle) über ein Aquarium bis hin zu Wasser bzw. Eis oder Dampf als attraktives Hintergrundmotiv für Regale, Leuchtkästen, Bildschirm- und Printwerbung sowie andere Werbemedien: Mit Wasser lassen sich zahlreiche Botschaften vermitteln. Ob der ruhige See, ein stürmisches Meer, zerplatzende Tropfen, monumentale Eiskristalle, sich in Wassertropfen spiegelnde Szenen – Sie haben hier ein tolles Werbevehikel, das der Kreativität weiten Raum lässt.
Nicht zu vergessen ist die Wasserbar: Wie in vielen anderen Ladengeschäften heute schon üblich, macht sich ein Wasserspender auch in der Offizin gut. Gerade für die dem Wohlergehen und der Gesundheit ihrer Kunden verpflichtete Apotheke, wo manch ein Patient gleich sein Arzneimittel einnehmen möchte oder aber für eine kleine Erfrischung dankbar ist, sollte das eigentlich zum Standardleistungsumfang gehören. Doch wie viele Apotheken bieten dies tatsächlich an?
Wasser und Geldanlage
Der weltweit steigende Lebensstandard insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern bedingt einen deutlich zunehmenden Verbrauch an sauberem Trink- und Nutzwasser bei gleichzeitig gerade lokal sehr begrenzten Ressourcen. Vor allem der wachsende Industrialisierungsgrad sowie die stark zunehmenden Ansprüche an die Ernährung sind Haupttriebfedern. Somit erfreut sich das Thema Wasser schon längere Zeit einer gewissen Beliebtheit bei Kapitalanlegern. Gemäß dem Motto „am Goldrausch verdient nicht der Goldgräber, sondern in erster Linie der Verkäufer der Schaufeln“, stehen insbesondere spezialisierte Zulieferer und Technikanbieter für die Wasseraufbereitung im Fokus des Interesses.
Daneben sind integrierte Umweltkonzerne (wie z.B. Veolia), die sich neben der Wasserthematik auch Energie- und Abfallproblemen widmen, einen Blick wert. Nicht zuletzt gibt es weltweit viele Wasserversorger, die börsennotiert sind und deren „Versorgeraktien“ oft mit beachtlichen Dividendenrenditen aufwarten. Indes sind solche Werte, ähnlich wie Energiewerte, hochgradig von der Politik abhängig. Der Einfluss des Staates ist überdurchschnittlich groß, das ganze Feld ist stark reguliert und fremdbestimmt.
Wer einen Zugang zu den zahlreichen Firmen auf diesem Markt finden möchte, kann neben der üblichen Internetrecherche einen recht eleganten Weg einschlagen. Gehen Sie auf die Websites der bedeutendsten Fondsanbieter. Viele haben Themenfonds zu Umwelt, Nachhaltigkeit und teilweise sogar speziell zum Thema Wasser aufgelegt. Aus den jeweiligen Fondsprofilen ergibt sich, welche Wertpapiere diese Fonds im Portfolio haben. Das ist ein ganz guter erster Anhaltspunkt für weitere Recherchen und die Selektion der interessantesten Firmen. Dies mag zwar etwas Mühe machen, aber auch hier gilt: Erfolgreiches Geldverdienen mit Geld ist ebenfalls Arbeit, und von nichts kommt eben nichts ...
Fazit: Gut fürs Marketing, aber schwierig zum Geldverdienen
Wasser ist nicht nur unser aller Lebenselixier, sondern eignet sich für die Apotheke auch sehr gut als Anknüpfungspunkt für zahlreiche Aktionen, Informationsveranstaltungen und als Werbevehikel. Geldverdienen ist mit diesem Thema indes nicht einfach. So liegen beispielsweise für eine ernsthafte Wasseranalytik die fachlichen Messlatten sehr hoch. Auf der anderen Seite winken zwar durchaus rentable Umsätze im Bereich der alternativen Heilkunde – doch schnell kann hier der Grat zur Geschäftemacherei und Scharlatanerie überschritten sein, wenn „Edelsteinwässerchen & Co.“ feilgeboten werden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(11):5-5