Novellierung der Apothekenbetriebsordnung

Einsatz des Apothekenpersonals


Dr. Bettina Mecking

Nachdem die novellierte Apothekenbetriebsordnung in Kraft getreten ist, „laufen die Uhren“ in der Apotheke nicht plötzlich völlig anders. Gleichwohl ergeben sich konkrete Auswirkungen für die Praxis, so unter anderem im Bereich der Aufgabenfelder der Mitarbeiter.

Organisationsverantwortung beim Apothekenleiter

§3 Absatz 1 ApBetrO stellt klar, dass der Apothekeninhaber sein Apothekenpersonal nur entsprechend dessen Ausbildung und Kenntnissen einsetzen darf. Zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebs muss in der Apotheke nach §3 Absatz 2 ApBetrO das notwendige Personal, insbesondere auch das pharmazeutische Personal, in ausreichender Zahl vorhanden sein.

Welche Aufgaben darf das pharmazeutische Personal ausführen?

Das pharmazeutische Personal nimmt die pharmazeutischen Tätigkeiten wahr. Sofern PTAs, phar­mazeutische Assistenten oder Personen, die sich in der Ausbildung zum Apothekerberuf oder zum Beruf der/des PTA befinden, pharmazeutische Tätigkeiten aus­üben, werden sie dabei – wie bislang auch schon – vom Apothekenleiter oder einem von ihm damit beauftragten Apotheker beaufsichtigt. Zu den in §1a Absatz 3 ApBetrO definierten pharmazeutischen Tätigkeiten gehören

  • die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln,
  • die Prüfung von Ausgangsstoffen oder Arzneimitteln,
  • die Abgabe von Arzneimitteln (außer pharmazeutische Assistenten),
  • die Information und Beratung über Arzneimittel,
  • die Überprüfung von Arzneimitteln sowie die Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken und Medikationsfehlern in Krankenhäusern oder in den gleichgestellten Einrichtungen oder in den zu versorgenden Einrichtungen im Sinne des §12a Apothekengesetz,
  • das Medikationsmanagement.

Das nicht pharmazeutische Personal darf nach der Aufzählung in §3 Absatz 5a ApBetrO nur bei bestimmten pharmazeutischen Tätigkeiten unterstützend zum Einsatz kommen, und zwar

  • bei der Herstellung und Prüfung der Arzneimittel,
  • bei der Prüfung der Ausgangsstoffe,
  • durch Bedienung, Pflege und Instandhaltung der Arbeitsgeräte,
  • beim Abfüllen und Abpacken oder Kennzeichnen der Arzneimittel sowie
  • bei der Vorbereitung der Arzneimittel zur Abgabe.

Die Beratung im Rahmen der Abgabe von Arzneimitteln und bei sonstigen Fragen gehört zu den wichtigsten Aufgaben des pharmazeutischen Personals. Laut §20 ApBetrO liegt die Verpflichtung zur Information und Beratung von Kunden und An­gehörigen der Heilberufe über Arzneimittel grundsätzlich bei einem Apotheker.

Schriftliche Übertragung der Beratungsbefugnis

Bedeutende Neuerung: Will der Apothekeninhaber diese Verpflichtung auf andere Angehö­rige des pharmazeutischen Per­sonals übertragen, so hat dies nun schriftlich zu erfolgen. Gleichzeitig hat er festzulegen, in welchen Fällen ein Apotheker hinzuzuziehen ist. Dies sollte in der schriftlichen Pflichtenübertragung sinnvoll definiert werden. Das Hinzuziehen eines Apothekers kommt etwa in Betracht

  • bei aufgetretenen Nebenwirkungen, über die der Patient berichtet,
  • bei potenziellen relevanten Interaktionen,
  • bei komplexen pharmakologischen/technologischen Fragen,
  • bei unplausibel erscheinenden Verordnungen oder Wünschen in der Selbstmedikation,
  • bei Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch.

Diese Aufzählung kann nach Belieben erweitert werden. Hierbei sind die „klassischen Fälle“ einzubeziehen, bei denen eine PTA einen Apotheker hinzuziehen sollte. Die Angehörigen des nicht approbierten pharmazeutischen Personals sollen dafür sensibilisiert werden, wann sie an ihre fachlichen Grenzen stoßen und einen Apotheker zurate ziehen müssen.

Ohne Vorliegen einer schriftlichen Beratungsbefugnis dürfen PTAs, Pharmaziepraktikanten, PTA-Praktikanten, Apothekerassistenten, Pharmazieingenieure, Apothekenassistenten und pharmazeutische Assistenten keine Informations- und Beratungsaufgaben wahrnehmen. Der Deutsche Apotheker Verlag bietet für die Übertragung der Beratungsbefugnis das „Formular zur Informations- und Beratungsbefugnis gemäß §20 ApBetrO“ an (Block mit 20 Blatt, Artikelnummer 121400194, 8,00€). Es empfiehlt sich, das Dokument in zweifacher Ausführung zu erstellen (ein Exemplar zu Nachweiszwecken für die Personal­akte in der Apotheke und eines für die Unterlagen des Mitarbeiters). Es sollte sowohl vom Apothekenleiter als auch vom Mit­arbeiter unterschrieben werden.

Man tut gut daran, diese Regelun­gen bald zu treffen. Inzwischen gibt es zwar Stimmen, die aus der ApBetrO herauslesen wollen, dass eine derartige Erklärung erst „im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems“ vorliegen muss, wofür es eine Übergangsfrist gibt. Diese Interpretation dürfte jedoch weder überzeugend noch zielführend sein.

Wirklich neu ist, dass für das Medikationsmanagement nach §1a Absatz 3 Nr. 6 ApBetrO, jedenfalls bezogen auf die Analyse der Gesamtmedikation sowie die Beratung des Patienten nach §3 Absatz 4 ApBetrO, der Apothekervorbehalt gilt, d.h., hier ist keine Aufgabendelegation möglich. Im Vorfeld, etwa bei der Datenerhebung und -zusammenstellung, darf nicht approbiertes Personal beteiligt werden. Derzeit wird ein Medikationsmanagement von Apotheken wohl eher selten angeboten, allerdings könnte sich das ändern, sofern das ABDA/KBV-Konzept sich durchsetzt und eine Honorierung damit verbunden ist.

Bei der Herstellung von Rezepturarzneien ist die Freigabe nach organoleptischer Prüfung ebenfalls exklusiv einem Apotheker vorbehalten. In vielen Fällen wiederholen sich die Rezepturen in den einzelnen Apotheken, mit der Folge, dass die Plausibilitätsprüfung bereits durchgeführt wurde und die Freigabe nach organoleptischer Prüfung bei solchen „Routine-Rezepturen“ eher eine Formalität sein dürfte. Bei neuen Rezepturen, die erstmals in einer Apotheke angefordert werden, erscheint es ohnehin sinnvoll, diese vor der Herstellung gründlich zu überprüfen, da so Fehlern vor­gebeugt werden kann.

Durch wen dürfen sich Apothe­keninhaber vertreten lassen?

Nach §2 Absatz 5 ApBetrO muss sich der Apothekenleiter, sofern er seine Apotheke vorübergehend nicht persönlich leiten kann, durch einen Apotheker vertreten lassen. Die Vertretung darf grundsätzlich drei Monate im Jahr nicht überschreiten.

Nach §2 Absatz 6 ApBetrO kommen als Vertreter grundsätzlich auch für insgesamt bis zu vier Wochen im Jahr befähigte Apothekerassistenten oder Pharmazieingenieure in Betracht, sofern diese im Jahr vor Vertretungs­beginn mindestens sechs Monate hauptberuflich in einer öffentlichen Apotheke oder Krankenhausapotheke beschäftigt waren.

In diesem Zusammenhang stellt sich oft die Frage, wann man von einer „Vertretung“ im Sinne des §2 Absatz 6 ApBetrO sprechen muss. Teilweise wird eine nur stundenweise bis zu einem halben Tag dauernde Abwesenheitsvertretung nicht als Vertretung im Sinne der ApBetrO angesehen. Wegen der für die Vertretung durch nicht Approbierte geltenden Meldepflicht empfiehlt es sich, diese Frage vorab mit der Überwachungsbehörde zu klären.

Der Leiter einer Apotheke, in der Arzneimittel in einem gemäß §34 ApBetrO bedeutsamen Umfang patientenindividuell gestellt oder verblistert bzw. Parenteralia im Rahmen des §35 ApBetrO hergestellt werden, darf sich gemäß §2 Absatz 6 Satz 4 Ziffer 3 ApBetrO nur noch von einem Apotheker und nicht mehr von einem Pharmazieingenieur oder Apothekerassistenten in der Apothekenleitung vertreten lassen. Eine solche Ausnahme von der Vertreterbefugnis gilt ohnehin bereits für die Inhaber von Mehrbetriebs­erlaubnissen sowie für den Leiter einer krankenhausversor­genden Apotheke.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(13):11-11