Steuer-Spartipp

Außergewöhnliche Belastung: Sanierung des Eigenheims


Helmut Lehr

Fall 1: Echter Hausschwamm

Die Steuerpflichtige bewohnte eine von ihr im Jahr 2002 erworbene Eigentumswohnung in einem über hundert Jahre alten Gebäude. Die Wohnung war – wie eine andere Eigentumswohnung in dem Gebäude auch – mit Echtem Hausschwamm befallen. Der Echte Hausschwamm wuchs bereits mehrere Jahre im Fußbodenaufbau der Wohnung.

Da die Deckenbalkenköpfe des Gebäudes wegen des Befalls bereits abgesackt waren, empfahl ein von der Wohnungseigen­tümerversammlung eingesetzter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz die umfassende Sanierung des Gebäudes zur Bekämpfung des Echten Hausschwamms. Der auf die Klägerin entfallende Anteil der Sanierungsaufwendungen betrug für das Streitjahr 2007 rund 10.500€. Versicherungsleistungen oder Schadensersatzleistungen erhielt sie nicht.

Richterspruch: Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs können die Sanierungskosten im Einzelfall ein unabwendbares Ereignis sein und deshalb außergewöhnliche Belastungen darstellen – insbesondere, wenn der Befall mit Hausschwamm lange Zeit unentdeckt bleibt, die konkrete Gefahr der Unbewohn­barkeit des Gebäudes droht und daraus eine aufwendige Sanierung folgt.

Fall 2: Asbest

Die Steuerpflichtige bewohnte ein im Jahr 1976 errichtetes Reihenhaus. Das Dach bestand aus Asbestzementwellplatten, die überlappend von Haus zu Haus gelegt waren. Nachdem sich die Nachbarn zum Austausch der Asbestzementwellplatten entschieden hatten, wurde im Streitjahr 2005 auch das Dach des der Klägerin gehörenden Reihenhauses durch eine Eindeckung mit Ziegeln ersetzt.

Streitig war insbesondere, ob die Kosten der Asbestsanierung auch ohne Einholung eines Gutachtens über gesundheitliche Gefahren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Richterspruch: Wie schon zuvor das Finanzgericht3) urteilte auch der Bundesfinanzhof, dass die Kosten als außergewöhnliche Belastungen begünstigt sein können, wenn durch die Baumaßnahmen konkrete Gesundheitsgefährdungen abgewehrt, beseitigt oder vom Gebäude ausgehende unzumutbare Beeinträchtigungen behoben werden können. Es ist in solchen Fällen nicht zwingend erforderlich, dass ein vor Durchführung der Baumaßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten vorliegt.

Fall 3: Geruchsbelästigung durch Holzschutzmittel

Die Steuerpflichtigen erwarben im Kalenderjahr 2000 ein mit einem Holz-Fertighaus (Baujahr 1973) bebautes Grundstück. Die tragenden Holzbauteile des Gebäudes wurden einst mit einem zum Zeitpunkt der Errichtung nicht verbotenen Holzschutzmittel imprägniert. Die Außenfassade des Gebäudes war teilweise mit asbesthaltigen Faserzementplatten verkleidet, dahinter befanden sich formaldehydhaltige Spanplatten. Bereits beim Einzug in das Haus nahmen die Eheleute einen unangenehmen Geruch wahr. Die im Jahr 2003 geborene Tochter befand sich seit 2006 wegen einer Atemwegserkrankung regelmäßig in pneumologischer Behandlung. Im Streitjahr 2008 wurde die Fassade des Gebäudes überwiegend saniert (Kosten: rund 32.600€).

Hinweis: Die Eheleute reichten dem Finanzamt eine fachärztliche Bescheinigung ein, nach der die Sanierung ihres Fertighauses wegen einer Belastung durch atemwegsschädliche Substanzen erforderlich und gerade auch im Hinblick auf die Erkrankung ihrer Tochter notwendig gewesen sei. Zudem legten sie eine Liste vor, in der 24 Personen einen „muffigen und modrigen” Geruch bestätigten. Sie hätten nach einem Besuch im Haus der Steuerpflichtigen ihre Kleidung waschen bzw. für mehrere Stunden lüften müssen.

Richterspruch: Der Bundesfinanzhof hat den Streitfall an das Finanzgericht zurückverwiesen. Er konnte u.a. nicht beurteilen, ob die aus der Sanierung entstehende Belastung für die Kläger zum Zeitpunkt des Grundstücks­erwerbs erkennbar war. Das Finanzgericht hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine unzumutbare Geruchsbelästigung vorlag. Generell wird aber zu berücksichtigen sein, dass die Sanierung zugunsten der Tochter erforderlich gewesen sein könnte, weil die Holzschutzmittel für die Atemwegserkrankung der Tochter ursächlich waren.

Gesetzesänderung greift nicht

Für die Praxis ist besonders bedeutsam, dass der Bundesfinanzhof in vergleichbaren Fällen einen Nachweis gemäß §64 Absatz 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (amtsärztliches Gutachten etc.) nicht für erforderlich hält. Erst „kürzlich“ waren im Rahmen des Steuer­vereinfachungsgesetzes 2011 die Anforderungen an den Nachweis der medizinischen Indikation gesetzlich festgeschrieben worden5) . Bei der Sanierung eines Gebäudes handelt es sich jedoch nicht um Aufwendungen im Krankheitsfall im Sinne dieser Vorschrift6) .

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(14):18-18