Helmut Lehr
Beispiel
Die Eheleute Krämer schlossen mit ihrer Mutter bzw. Schwiegermutter eine so bezeichnete „Vereinbarung zur Kinderbetreuung“, wonach sich die Oma verpflichtete, ihr Enkelkind jeweils an einem Tag pro Woche, erforderlichenfalls auch öfter, unentgeltlich zu betreuen. Für die Fahrtkosten zwischen ihrer Wohnung und dem Wohnort des Kindes erhielt sie – offenbar in Anlehnung an den im Steuerrecht geltenden Kilometersatz – 0,30€ pro gefahrenem Kilometer. Die gezahlten Fahrtkostenerstattungen machte das Ehepaar Krämer als Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend.
Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung ab, weil Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen müssten und die Dienstleistungen als solche unentgeltlich erbracht worden seien.
Steuerabzug zulässig
Nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg1) ist der gezahlte Fahrtkostenersatz in vergleichbaren Fällen als Kinderbetreuungskosten steuerlich begünstigt. Für den gebotenen Fremdvergleich kommt es danach nicht darauf an, ob eine fremde Betreuungsperson auch für die Betreuungsdienstleistung als solche ein Honorar gefordert hätte. Maßgebend ist vielmehr, ob die getroffene Vereinbarung über die Verpflichtung zur Zahlung von Fahrtkosten auch zwischen Fremden so getroffen worden wäre – dies wurde vom Finanzgericht Baden-Württemberg im betreffenden Fall bejaht.
Hinweis: Eigentlich ist es gar nicht nachvollziehbar, dass ein solcher Fall überhaupt vor dem Finanzgericht „landet“, denn die Verwaltungsanweisungen hierzu sind eindeutig und lauten wie folgt2) : „Wird z.B. bei einer ansonsten unentgeltlich erbrachten Betreuung ein Fahrtkostenersatz gewährt, so ist dieser zu berücksichtigen, wenn hierüber eine Rechnung erstellt wird.“3)
Praxistipp
Es ist also durchaus zulässig, dass Kinderbetreuungskosten lediglich in Form von Fahrtkostenersatz an nahe Angehörige gezahlt werden. Hierüber sollte dann aber immer vorab ein schriftlicher Vertrag geschlossen und für jede Zahlung eine gesonderte Rechnung erstellt werden. Außerdem sind die Zahlungen unbar zu leisten, es sollte deshalb stets eine Überweisung auf das Konto der Betreuungsperson erfolgen.
Hinweis: Bislang ist nicht abschließend geklärt, ob die Begrenzung der Abzugsfähigkeit für Kinderbetreuungskosten auf 2/3 der Aufwendungen und maximal 4.000€/Kalenderjahr verfassungsgemäß ist. Der Bundesfinanzhof hat in seinem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 9. Februar 20124) klargestellt, dass er insoweit keine Bedenken gegen die gesetzliche Abzugsbeschränkung hat. Das letzte Wort in dieser Sache werden aber vermutlich die Karlsruher Verfassungsrichter haben. Bis auf Weiteres ergehen die Steuerbescheide insoweit nur vorläufig.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(14):17-17