WM, EM, Olympiade & Co.

Sportübertragungen während der Arbeitszeit


Jasmin Theuringer

Spanien ist Fußball-Europameister, die EM ist vorbei. Die Spiele wurden durchweg abends übertragen, sodass kein Fußballfan in Konflikt mit seiner Arbeitszeit kam. Anders sieht es bei der Olympiade aus, die Ende Juli beginnt, denn die Wettkämpfe finden den ganzen Tag über statt.

Radiohören

Etwas differenzierter ist die Frage zu beurteilen, ob während der Arbeitszeit z.B. im Backoffice das Radio laufen darf. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts erfüllt ein Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, seine Arbeitspflicht, auch wenn er nebenbei Radio hört. Die Entscheidung, ob während der Arbeit das Radio läuft, liege daher beim Arbeitnehmer selbst (BAG 1 ABR 75/83).

Der Arbeitgeber kann das Radiohören nur dann verbieten, wenn er dafür einen nachvollzieh­baren Grund hat. So kann das Radiohören im HV durchaus als störend für den Betriebsablauf der Apotheke angesehen und damit verboten werden. Auch wenn Kollegen sich vom Radio im Backoffice belästigt fühlen oder sich nicht konzentrieren können, darf der Arbeitgeber das Radiohören am Arbeitsplatz verbieten.

Ob ein Arbeitnehmer trotz Radiohörens am Arbeitsplatz tatsächlich fehlerfrei und zügig arbeitet, wird natürlich davon abhängen, was aktuell gesendet wird. Gerade die Übertragung eines sportlichen Wettbewerbs, sei es ein Fußballspiel oder die Olympiade, ist für manche Arbeitnehmer weitaus mehr als eine Hintergrundberieselung. Ist ein konzentriertes Arbeiten nicht möglich, kann der Apotheken­leiter auch das Radio im Back­office verbieten.

Internet

Heutzutage besitzt fast jeder ein internetfähiges Smartphone. Das verführt machen Sportfan sicher, die Olympiade im Liveticker online zu verfolgen. Das Bundes­arbeitsgericht hat zum Internet­surfen während der Arbeitszeit mit Urteil vom 7. Juli 2005 (BAG 2 AZR 581/04) klare Richtlinien aufgestellt. Demnach stellt die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit grundsätzlich eine Verletzung der Arbeitspflicht dar. Selbst wenn der Arbeitgeber die private Nutzung dulde, könne dies nur in geringem Rahmen gelten.

Gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Arbeitgeber das Internetsurfen duldet, und fehlen konkrete Regelungen, muss daher im Zweifel von einem Verbot ausgegangen werden. Das gilt sowohl für die PKA, die während der Arbeit Zugang zu einem Computer mit Internetanschluss hat, als auch in besonderem Maße für Apothekenmitarbeiter im HV, deren gesamte Aufmerksamkeit den Kunden gelten soll.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Nachdem das Arbeitsgericht Frankfurt/Main entschie­den hatte, dass Fußball einen so hohen Stellenwert in Deutschland habe, dass das Ansehen von Spielübertragungen während der Arbeitszeit als sozialadäquates Verhalten angesehen werde und daher keine Kündigung rechtfertigen könne, wurde diese Entscheidung (7 Ca 4868/10) vielfach zitiert, u.a. mit der Überschrift „Fußball-WM schauen ist kein Kündigungsgrund“. Das ist jedoch eine sehr verkürzte Darstellung. Arbeitneh­mer, die sich trotz Abmahnung weiterhin durch Sportübertragun­gen von ihrer Tätigkeit abhalten lassen, riskieren ohne Weiteres ihren Arbeitsplatz. Gibt es sogar ein klares Verbot – z.B. hinsichtlich der privaten Internetnutzung im Betrieb – kann auch eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(14):10-10