Novellierung der Apothekenbetriebsordnung

Qualitätsmanagement mit System – rechtssichere Umsetzung


Dr. Bettina Mecking

Die neue Apothekenbetriebsordnung schreibt den Betrieb eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) für alle Apotheken verbindlich vor. Eine Verpflichtung zur Zertifizierung ist nicht gesetzlich verankert, allerdings muss das QMS bestimmte Mindeststandards erfüllen.

Keine Zertifizierung erforderlich

Eine Verpflichtung zur Zertifizierung sieht die neue Apothekenbetriebsordnung nicht vor. Nach der erfolgreichen Einführung eines QM-Systems dürfte eine Zertifizierung angesichts des ohnehin getätigten Aufwands allerdings sinnvoll sein. Denn ein QM-Zertifikat hat etwa im Verhältnis zu Patienten, Krankenkassen, Alten- und Pflegeheimen eine positive Außenwirkung.

Für die Einführung eines QMS haben die Leiter bestehender Apotheken 24 Monate Zeit, also bis zum 12. Juni 2014. Diese Übergangsfrist erscheint angemessen, um in Apotheken, die bisher noch über kein funktionsfähiges QMS verfügen, ein solches im laufenden Apothekenbetrieb aufzubauen. Wichtig ist es, die Implementierung eines QMS als Prozess zu begreifen, der ohne Berührungsängste alsbald begonnen werden sollte.

Neu eröffnete Apotheken müssen von Anfang an schriftlich die betrieblichen Abläufe beschreiben, d.h., sie müssen festlegen, wer, was, wann, wie, wo und aus welchem Grund zu machen hat.

Mindestumfang des QMS

Lohnend ist ein Blick auf die genauen – viel diskutierten – inhaltlichen Vorgaben für das QMS. Nach §2a Absatz 1 ApBetrO muss der Apothekenleiter ein QMS entsprechend Art und Umfang der pharmazeutischen Tätigkeiten betreiben. Die betreffenden betrieblichen Abläufe müssen festgelegt und dokumentiert werden. „Insbesondere“ soll das Qualitätsmanagement gewährleisten, dass die Arzneimittel nach Stand von Wissenschaft und Technik hergestellt, geprüft und gelagert werden. Ein Schwerpunkt liegt also bei der Sicherstellung der Arzneimittelqualität. Außerdem soll mit dem QMS gewährleistet werden, dass Verwechslungen in der jeweiligen Apotheke vermieden werden und eine ausreichende Beratung stattfindet. Ziel des QMS ist es, die Fehlerquote zu minimieren.

Die Begründung der Verordnung liefert Anhaltspunkte für den weiteren Inhalt. Dort heißt es: „Das QMS betrifft sowohl die innerbetrieblichen Beziehungen der in der Apotheke tätigen Personen als auch die außerbetrieblichen, nämlich zu den Lieferanten und den Kunden, die erforderlichen Verfahren, Prozesse und Mittel. (...) Die Tätigkeiten einschließlich der für diese Tätigkeiten erforderlichen Räume, Ausrüstungen und Personalschulungen sind in das QMS einzubeziehen.“

Demnach sind beispielsweise auch der Ablauf von Personalschulungen sowie die Kalibrierung von Messgeräten und die Qualitätsüberprüfung relevanter Herstellungsgeräte im QM-Handbuch zu beschreiben.

Sicherstellungsmaßnahmen

Darüber hinaus müssen als Teil des QMS regelmäßig Selbstinspektionen durch pharmazeutisches Personal zur Überprüfung der betrieblichen Abläufe vorgenommen und diese erforderlichenfalls korrigiert werden. Außerdem soll die Apotheke an regelmäßigen Maßnahmen zu externen Qualitätsüberprüfungen teilnehmen. Dafür sind etwa Ringversuche und Pseudo-Costumer-Besuche geeignet.

In einzelnen Regelungen der neuen Apothekenbetriebsordnung werden zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen in §2a ApBetrO weitere Vorgaben zum QMS gemacht:

  • Zu nennen ist beispielsweise §3 ApBetrO – Unterweisung des Apothekenpersonals bezüglich des QMS.
  • Eine weitere Regelung, die indirekt mit dem QMS in Ver­bindung steht, ist §4a ApBetrO, wonach ein schriftlicher Hygieneplan zu erstellen ist, der am besten in das QM-Handbuch aufgenommen werden sollte.
  • Nach §20 ApBetrO müssen Kunden und Verordner „hinreichend“ informiert und beraten werden. Der dort vorgeschriebene Ablauf für die Beratung be­einflusst wesentlich die dazugehörige Prozessbeschreibung im Rahmen des QMS.

Für Apotheken, die bereits über ein QMS verfügen, ergibt sich der größte Änderungsbedarf durch die neue Apotheken­be­triebs­ordnung bei der Rezeptur und Defektur. Denn hier wird der Dokumentationsaufwand deut­lich erhöht. Erheblich weiter gehende Anforderungen an das QMS enthält die Verordnung für Apotheken, die Arzneimittel patientenindi­viduell stellen oder verblistern oder Parenteralia herstellen.

Die Frage, wie genau ein Mindest-QMS gemäß der Apothekenbetriebsordnung künftig beschaffen sein muss, wird letztlich durch die zuständige Überwachungsbehörde entschieden. Denn diese wird bei der Besich­tigung der Apotheke auch das QMS prüfen, so wie sie den Zustand der Räume und die Dokumentation kontrolliert.

Die Apothekenbetriebsordnung enthält keinen generellen Verweis auf ISO-Normen oder sonstige Normen. Auch Zertifizierungsregeln der Apothekerkammern oder die Leitlinien der Bundes­apothekerkammer zur Qualitätssicherung werden nicht als zwingende Anforderung an das Pflicht-QMS angesehen, sie stellen aber eine wertvolle Hilfestellung für dessen Umsetzung dar.

QM-Handbuch

Wesentliche Grundlage des QMS ist die schriftliche Festlegung der qualitätsbestimmenden Vorgänge und der Nachweis ihrer Einhaltung. Nach §2a Absatz 3 ApBetrO sind Maßnahmen, Schulungen und Selbstinspektionen im Rahmen des QMS zu dokumentieren. Im Normalfall wird die Apotheke ein QM-Handbuch erstellen, das die genannten Arbeitsabläufe abbildet. Bei der Umsetzung werden den Apothekern viele Gestaltungsfreiräume gelassen. So können die Apothekenleiter in Eigenregie eigene Handbücher verfassen, auf käuflich erworbene Vorlagen zurückgreifen, die apothekenindividuell umgestaltet werden müssen, oder auch ganz oder teilweise externe Berater zur Unterstützung heranziehen. Als Basiswerk enthält das Handbuch Einzelheiten über alle betrieblichen Abläufe, stellt also das Leitbild der Apotheke dar. Meist gibt der QM-Dienstleister ein Grundgerüst, das dann unbedingt apo­thekenindividuell gestaltet und ergänzt werden muss.

Neben der Erstellung in Papierform setzt sich die Führung eines elektronischen QM-Handbuchs zunehmend durch. Dieses ist in vielerlei Hinsicht flexibler zu handhaben als ein solches in Papierform, weil Veränderungen mit weniger Aufwand eingepflegt werden können.

Finanzielle Förderung

Einen finanziellen Zuschuss für die Implementierung des QMS können Apotheken unter Umständen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erhalten. Dieses betreut die Förderung unter­nehmerischen Know-hows für kleine und mittlere Unternehmen sowie Freie Berufe durch Unternehmensberatungen. Voraussetzung ist, dass der Betrieb seit mindestens einem Jahr am Markt besteht, weniger als 250 Personen beschäftigt und einen Jahresumsatz von nicht mehr als 50Mio.€ oder eine Jahres­bilanzsumme von nicht mehr als 43Mio.€ hat. Der Antrag muss spätestens drei Monate nach Abschluss der Beratung gestellt werden und kann online ausgefüllt werden. Informationen sind im Internet unter www.beratungsfoerderung.info zu finden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(16):10-10