Steuer-Spartipp

Vermietung und Verpachtung: Größere Baumaßnahmen


Helmut Lehr

Deutliche Gebäudeverbesserung

Während die 15%-Grenze in der Praxis vielen Vermietern ein Begriff ist, dürfte vergleichsweise wenigen bekannt sein, dass auch nach Ablauf der ersten drei Jahre größere „Erhaltungsaufwendungen“ in (nachträgliche) Herstellungskosten umqualifiziert werden können. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn das Gebäude durch die Baumaßnahmen über den ursprünglichen Zustand hinaus eine wesentliche Verbesserung erfährt. Deshalb prüft die Finanzverwaltung, ob durch bestimmte Baumaßnahmen der Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt derart erhöht wird, dass für die Zukunft eine erweiterte Nutzung möglich ist.

Standarderhöhung in mindestens drei Bereichen

Nach Ansicht der Finanzver­waltung ist von einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts auszugehen, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes (Nutzungspotenzial) von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird2). Wesentlich für die Betrachtung sind dabei insbesondere Umfang und Qualität der

  • Heizungsanlage,
  • sanitären Einrichtungen,
  • Elektroinstallationen sowie
  • der Fenster.

Hinweis: Die Finanzverwaltung geht von Herstellungskosten aus, wenn ein Bündel von Baumaßnahmen bei mindestens drei der vier genannten zentralen Ausstattungsmerkmale zu einer Standarderhöhung führt.

Ein sehr einfacher Wohnstandard liegt nach Verwaltungsauffassung in folgenden Fällen vor:

  • Das Bad besitzt kein Handwaschbecken;
  • das Bad ist nicht beheizbar;
  • die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest;
  • die Badewanne steht ohne Verblendung frei;
  • es ist lediglich ein Badeofen vorhanden;
  • die Fenster haben nur eine Einfachverglasung;
  • es ist eine technisch überholte Heizungsanlage vorhanden (z.B. Kohleöfen);
  • die Elektroversorgung ist unzureichend.

Alte Gebäude häufiger betroffen

In Anbetracht dieser Vorgaben kann es natürlich insbesondere bei „sehr alten“ Gebäuden durch eine umfassende Reno­vierung vergleichsweise schnell zu Standardsprüngen kommen. Hat ein Gebäude bereits einen „mittleren Standard“, ist der Sprung zu „sehr anspruchsvoll“ nicht ohne Weiteres zu erreichen. Als „sehr anspruchsvoll“ gelten beispielsweise eine Vollklimaanlage (Heizung), Boden-/Wandverkleidungen aus Marmor (Bad/Sanitär), eine Vielzahl von Stromkreisen in allen Räumen (Elektroinstallationen) sowie mindestens dreifachisolierverglaste Fenster.

Hinweis: Dabei müssen – wie oben erwähnt – mindestens drei der genannten vier Bereiche im Standard erhöht werden.

Beispiel: In einem leer stehenden, zuvor als Büro genutzten Haus wird im bisher nicht aus­gebauten Dachgeschoss ein zusätzliches Badezimmer eingerichtet. Das Objekt soll anschließend zu Wohnzwecken vermietet werden. Außerdem werden die bisherigen Isolierglasfenster durch vierfachverglaste Fenster ersetzt und die Leistungskapazität der Elektroinstallation durch den Einbau dreiphasiger anstelle zweiphasiger Elektroleitungen maßgeblich aufgebessert sowie die Anzahl der Anschlüsse deutlich gesteigert.

Wird durch Baumaßnahmen die Nutzfläche des Gebäudes ver­größert – wie hier durch den Ausbau des Dachgeschosses –, gelten die Aufwendungen dafür allein deshalb (Erweiterung des bis­herigen Gebäudes) als Herstellungskosten. Treffen solche Baumaßnahmen mit weiteren Maßnahmen zur Anhebung des Gebäudestandards zusammen, liegen insgesamt Herstellungskosten vor, wenn zusätzlich mindestens zwei Bereiche im Standard angehoben werden.

Hinweis: Weil im Beispiel neben der Erweiterung der Nutzfläche noch die Bereiche Fenster und Elektroinstallation im Standard angehoben wurden, sind die Aufwendungen insgesamt nur im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen.

Weitere „Sonderregelungen“

Betragen die nachträglichen Herstellungskosten für die jeweilige Baumaßnahme nicht mehr als 4.000€ (netto, ohne Umsatz­steuer), werden sie aus Vereinfachungsgründen auf Antrag als sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand behandelt.

Hinweis: Außerdem haben Steuerpflichtige die Möglichkeit, größere Erhaltungsaufwendungen, die nicht bereits in Herstellungskosten umqualifiziert wurden, gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre zu verteilen. Dies geht allerdings nur, wenn das Gebäude nicht zu einem Betriebsvermögen gehört und zu mehr als 50% Wohnzwecken dient (vgl. §82b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(19):18-18