Gewerbeimmobilien

Steigende Preise dank guter Konjunktur


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Steigende Mieten, rückläufige Leerstandsraten – das ist das Fazit des neuesten Gewerbe-Preisspiegels des Immobilienverbands Deutschland IVD, der auch dieses Jahr wieder die Büroimmo­bilien und Einzelhandelsflächen in 340 Städten in Deutschland unter die Lupe genommen hat.

Büromieten: Nachfrage nachgünstigeren Objekten

Auffallend ist im Bürosegment insbesondere der Trend zu weniger teuren Objekten, der vom IVD mit einer zunehmenden Sorge um eine neuerliche Ausweitung der Finanzkrise und der damit verbundenen Zurückhaltung bei Neuanmietungen begründet wird. Steigende Preise wurden für 2012 zwar in allen Nutzungswert-Kategorien und Städtegrößen festgestellt. Allerdings haben die Mieten für Büroflächen mit mittlerem Nutzungswert in den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern mit 3,9% überdurchschnittlich angezogen, gefolgt von den Mieten für Büros mit einfachem Nutzungswert (+2,6%). Die Büromieten für Flächen mit gutem Nutzungswert sind zwar deutschlandweit um 1,9% gestiegen, in den Großstädten aber nur noch um durchschnittlich 0,9%. Mieter, so der IVD, ziehen im Rahmen einer „neuen Bescheidenheit“ eine Bürofläche mit mittlerem Nutzungswert zu einer Nettokaltmiete von knapp 9€ pro Quadratmeter (Durchschnitt in Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern) einem Büro mit guter Ausstattung in repräsentativer Lage für 13€ pro Quadratmeter vor.

Die von den IVD-Marktbericht­erstattern festgestellten Schwerpunktmieten der Großstädte betragen im Jahr 2012 in München 28€ je Quadratmeter in den besten Lagen der Innenstadt und 19€ in mittleren Lagen, in Düsseldorf 19€ (12€), in Frankfurt 19€ (14€), in Köln 15€ (10€), in Berlin 14€ (8€) und in Hamburg 13€ (8€). Im Bundesdurchschnitt liegt die Quadratmetermiete für ein Büro mit gutem Nutzungswert bei 7,95€ je Quadratmeter nach zuletzt 7,63€ im Jahr 2011. Im mittleren Nutzungswert liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei gegenwärtig 5,87€ nach 5,78€ im Vorjahr. Dabei muss in München mit 19€ mehr als das Dreifache und in Frankfurt fast das Zweieinhalbfache dieses Preises bezahlt werden. Interessant ist, dass das sog. Kleinflächensegment mit Mietverträgen über maximal 340 Quadratmeter schätzungsweise rund die Hälfte aller Bürovermietungen ausmacht. Jeder vierte Mietvertrag bezieht sich sogar auf Flächen mit weniger als 200 Quadratmetern.

Insgesamt liegen die Büromieten jedoch bereits über dem Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise. Gleichzeitig ist die Leerstandsquote auf rund 9% weiter gesunken, wobei hier auch das niedrige Fertigstellungsniveau eine Rolle spielt. Neubauten zur Vermietung, die bis 2008 in großem Umfang auf den Markt geworfen wurden, gibt es heute kaum noch, da Projektentwickler angesichts der restriktiven Kreditvergabe von Banken und Sparkassen nur noch in Ausnahmefällen ein Risiko eingehen können. Allerdings beobachtet der IVD auch die Tendenz, dass Objekte immer früher als „in die Jahre gekommen“ gelten und für sie der Abriss und der Neubau als wirtschaftlicher erachtet werden als eine Sanierung. Flächen mit einfachem Nutzungswert verschwinden vom Markt, an ihrer Stelle entstehen neue Objekte, die den gehobenen Ansprüchen der Investoren an Nachhaltigkeit und Ausstattung entsprechen.

Einzelhandel im Plus

Der Einzelhandel entwickelte sich in den vergangenen zwölf Monaten überwiegend positiv: Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 2,4% auf 422 Mrd.€, auch bei der Fläche gab es erneut einen Zuwachs. Aktuell meldet der Handelsverband Deutschland (HDE) eine Verkaufsfläche von 122,4 Mio. Quadratmetern.

Bei den Mieten galt 2012 wieder die gewohnte Regel „Je größer die Stadt und je besser die Lage, desto höher das Mietwachstum“. Die höchste Steigerungsrate ist in den Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern für Ladenflächen in den 1a-Lagen der Geschäftskerne zu verzeichnen: Hier sind die Neuvertragsmieten über 3% höher als im Vorjahr. Ein Quadratmeter einer kleineren Ladenfläche kostet im Durchschnitt der Großstädte in dieser Premium-Lage 165€, im Bundesdurchschnitt 41€. In München, dem Spitzenreiter bei den Ladenmieten, wird mit 410€ exakt das Zehnfache dieses Preises bezahlt.

Internationale Filialisten auf dem Vormarsch

Getrieben werden diese Mieten von internationalen Filialisten, die nach wie vor in die hochfrequentierten Straßen der Großstädte drängen. Grund dafür ist nach IVD-Angaben eine zunehmende Sättigung in den jeweiligen Heimatmärkten, die zu einer Expansion insbesondere in das wachstumsstarke Deutschland führt. Entsprechend steigt der Filialisierungsgrad stark an. So hat der IVD etwa für die Kölner Schildergasse einen Anteil der Filialisten von fast 100% ermittelt. Internationale Einzelhändler seien in der Regel öfter bereit, einen hohen Mietpreis zu zahlen, gerade wenn es um die Etablierung ihrer Flagship-Stores in den Top-Lagen geht.

Viele Händler können oder wollen jedoch die Mieten in den Top-Lagen nicht tragen. Weichen sie in die 1b-Lagen der Geschäftskerne aus, müssen sie im Vergleich zum Vorjahr aber nur geringfügig höhere Mieten (+0,24% bei kleinen und +0,7% bei großen Ladenflächen) bezahlen. In Berlin beträgt die Miete in diesen Lagen rund 30€ (Flächen bis zu 60 Quadratmeter), in 1a-Lagen dagegen bis zu 160€. In München ver­hält sich die Relation 1a-Lagen zu 1b-Lagen im Geschäftskern 410€ zu 155€, in Hamburg 105€ zu 32€ und in Leipzig 130€ zu 50€.

Gerade angesichts der Tatsache, dass manche Fußgängerzonen wegen ihrer Austauschbarkeit des Angebots für Verbraucher zunehmend unattraktiver zu werden beginnen, rücken Stadtteillagen wieder stärker in den Fokus des Interesses. Hier steigt einerseits die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels im Zuge der wohnortnahen Versorgung an. Andererseits beobachtet der IVD eine deutliche Expansion von Branchen wie Bekleidung oder Wohnaccessoires in den etablierten Stadtteillagen. In den 1a-Lagen der Nebenkerne sind die Mieten für Flächen bis zu 60 Quadratmeter 1,9% höher als im Vorjahr (12€), bei größeren Geschäften in dieser Lagekategorie sind die Mieten bei einem Anstieg von 0,4% quasi stabil geblieben (9€). Insbesondere dem Branchenmix kommt bei der Nachfrage eine große Bedeutung zu: Eine solide Mischung aus Drogerieketten und Lebensmittelhändlern einerseits sowie kleinen Fachgeschäften wie Blumenläden, Bäckereien und Boutiquen andererseits macht Stadtteillagen attraktiv. Letztlich zieht dies auch die Gastronomie an, da es hier oft einfacher als in den 1a-Lagen der Geschäftskerne ist, die Genehmigung für Außenbestuhlung zu erhalten.

Konjunktur entscheidet

Keine Aussagen macht der IVD zur erwarteten weiteren Entwicklung. Allerdings ist zum einen davon auszugehen, dass sich die 2012 gesehenen Tendenzen in den kommenden Jahren weiter fortsetzen werden. Zum anderen wird der Konjunktur entscheidende Bedeutung beigemessen. Solange die Wirtschaftslage hierzulande noch weitgehend stabil bleibt, dürfte auch der Ge­wer­beimmo­bilienmarkt eine solide Tendenz aufweisen. Falls sich jedoch die in anderen Ländern zu beobachtende Abschwächung der Konjunktur auch auf Deutschland auswirkt, ist zunächst bei den Büroimmobilien mit einer Stagnation oder gar einem Rückgang zu rechnen. Stabilisierend dürfte sich dann allenfalls die nach wie vor eher zurückhaltende Entwicklung am Neubaumarkt auswirken.

Vergleichbares gilt im Einzelhandelsbereich. Bisher profitiert der deutsche Markt von der hohen Kaufkraft und – vor allem – der Kaufbereitschaft der Bevölkerung. Aus Sorge um den Euro werden vielfach Anschaffungen vorgenommen, die eigentlich erst in einigen Jahren geplant waren. Auch 2013 rechnen viele Experten mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Mieten. Allerdings dürfte sich der Trend zur Vorsicht nach Ansicht vieler Makler fortsetzen: Während internationale Investoren weiterhin auf 1a-Lagen setzen, wird sich die breite Masse tendenziell eher in gut aufgestellten Nebenlagen engagieren, sodass hier nochmals Preissteigerungen zu erwarten sind.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(23):15-15