Rentenmarkt 2012/2013

Nullrenditen mit Staatsanleihen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Mit dem Börsenjahr 2012 können „Rentenfans“ zufrieden sein: Nach 7,8% Ertrag 2011 erzielten deutsche festverzinsliche Wertpapiere – gemessen am Rentenindex REX-P – auch 2012 noch 4,5 % Zinsen und Kursgewinne. Doch die Phase solider Erträge könnte bald enden.

Schwieriger Neueinstieg

Was den Bestandsanleger freut, macht die Entscheidung für Neueinsteiger umso schwerer. Denn angesichts einer Inflationsrate von aktuell rund 2,0 % bedeutet der Nullertrag mancher Bundeswertpapiere einen realen Kapitalverlust, der durch die Abgeltungssteuer noch erhöht wird. Ent­spre­chend groß war und ist die Nachfrage nach Alternativen wie Bank­schuld­verschreibungen und – vor allem – Unternehmensanleihen. Dies wiederum führte auch hier zu steigenden Kursen und damit sinkenden Renditen.

Papiere erstklassiger Schuldner bringen heute nur noch zwischen 1,0% und 2,0% Ertrag, zweitklassige Titel rentieren oft unter der 4,0%-Marke und selbst Anleihen mit größeren Bonitätsrisiken werden mit Renditen unter 6,0% gehandelt. Schon jetzt warnen Experten vor einer möglichen „Blasenbildung“: Sollte z.B. die Konjunktur stärker einbrechen und das eine oder andere Unternehmen in Schieflage geraten, droht hier ein massiver Kollaps.Aber auch Käufer bonitätsstarker Papiere müssen sich der Tatsache bewusst sein, dass die Zeiten hoher Erträge mittlerweile ein Ende gefunden haben dürften. Sobald es an den Kapitalmärkten zu einer Zinswende kommt, werden die Kurse börsennotierter Wertpapiere nachgeben. Und dies kann durchaus beträchtlich sein, wie ein Blick in die Vergangenheit beweist.

Anleger sollten daher jetzt sehr sorgfältig entscheiden. Unternehmensanleihen zuverlässiger Emittenten mit drei bis sechs Jahren Restlaufzeit sind man­‑ gels Alternativen weiterhin eine gute Wahl. In Betracht kommen aber auch Papiere kleinerer Unternehmen, die etwa bei Fonds­gesellschaften und Versicherungen wenig Beachtung finden: Erscheint ihre Bonität ge­sichert, dann lässt sich in die‑ sem Segment möglicherweise ein überdurchschnittlicher Ertrag er­zielen.

Kein Mittel der Wahl sind indes Bundeswertpapiere mit ihren Minimalzinsen. Aber auch bei manchen oft sehr renditestarken Anleihen der Banken ist Vorsicht geboten: Meist handelt es sich dabei um „nachrangige“ Papiere, bei denen im Fall einer Schieflage des Emittenten sehr schnell ein Zahlungsausfall droht. Auch hier kommt es letztlich also auf die Bonität an, wobei eine regelmäßige Beobachtung und möglicherweise schnelle Ent­scheidungen dazu beitragen können, die Risiken zu begrenzen.

Bei bestehenden Engagements lohnt sich oft die Prüfung. Viele Titel notieren derzeit weit über ihrem Nennwert. Bis zur Fälligkeit wird der Kurs jedoch zwangsläufig auf 100% zurückfallen. Insbesondere bei Anleihen mit kürzeren Restlaufzeiten und entsprechend geringer Rest-Rendite ist daher jetzt ein Verkauf durchaus überlegenswert, wobei der Erlös z.B. in einem zwar unflexibleren, aber ähnlich renditestarken Festgeld angelegt werden kann. Durch die Realisierung des aktuellen Kursgewinns lässt sich per saldo ein oftmals deutlicher Mehrertrag erzielen.

Chancen im Ausland

In jedem Fall lohnt sich derzeit ein Blick ins Ausland. So bieten zahlreiche durchaus namhafte Fir­men Euro-Papiere an, die gegenüber Anleihen deutscher Emittenten oft Renditevorteile haben. Wichtig ist hier in erster Linie die Bonität, die auch bei bestehenden Engagements regelmäßig überprüft werden sollte. Insbesondere wenn die Rendite eines Papiers auch bei konstantem Kapitalmarktzins steigt, signalisiert dies zunehmende Risiken.

Gerade in Hinblick auf die Eurokrise suchen immer mehr Anleger ihre Chancen auch in fremder Währung – selbst wenn zu den genannten Risiken noch die Gefahr einer ungünstigen Wechselkursentwicklung kommt. Hier steht insbesondere der US-Dollar im Mittelpunkt des Anlegerinteresses, denn schließlich gilt der „Greenback“ nach wie vor als wichtigste Weltwährung. Allerdings ist auch das Schuldenvolumen der USA nicht unbeträchtlich, was im Falle einer schwächeren Weltkonjunktur durchaus Risiken bringen kann. In den vergangenen Jahren hat der US-Dollar jedoch gegenüber dem Euro leicht zugelegt und zumindest aus charttechnischer Sicht ist dieser Trend weiterhin intakt. Engagements können daher im Rahmen einer internationalen Diversifizierung durchaus in Erwägung gezogen werden.

Einerseits solider, andererseits aber auch im Falle einer Wirtschaftskrise labiler ist der kanadische Dollar, der seit 2009 gegenüber dem Euro rund 30% zugelegt hat. Er eignet sich dennoch weiterhin für Investments, sofern erstklassige Adressen ausgewählt werden, z.B. auch internationale Unternehmen. Ähnliches gilt für die norwegische Krone, bei der die Ölvorräte des Landes grundsätzlich für einen stabilen Hintergrund sorgen.

Schwieriger ist die Lage indes beim australischen Dollar und beim Neuseeland-Dollar. Beide Währungen bieten zwar gegenüber dem Euro eine gewisse Mehrrendite, andererseits sind ihre Währungskurse – u.a. bedingt durch die boomende chinesische Wirtschaft – in den vergangenen drei Jahren um mehr als 60% gestiegen. Entsprechend groß ist das Risiko, wenn sich die Wachstumsraten in Südostasien abflachen sollten.

In verstärktem Maße gilt dies für den japanischen Yen, der ebenfalls von einem starken Kursaufschwung geprägt ist. Hier ist der Anstieg vorrangig spekulationsbedingt und daher sind auch die Risiken nicht zu unterschätzen. Schließlich ist der Schweizer Franken zu nennen, dessen Kursanstieg durch Interventionen der Notenbank vorerst gestoppt wurde. Da jedoch fast keine Zinsen gezahlt werden, eignen sich Engagements in erster Linie zur temporären Diversifizierung und Absicherung, nicht als Dauer-Investment.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(02):15-15