Prof. Dr. Reinhard Herzog
Erneuter Kursaufschwung ab Jahresmitte
Doch dann belastete wieder einmal die Griechenland-Problematik und das Frankfurter Börsenbarometer brach bis zum Juni 2012 auf zeitweise weniger als 6.000 Punkte ein – um anschließend allerdings wieder deutlich an Fahrt aufzunehmen. Denn während die Sommermonate meteorologisch eher durchwachsen waren, herrschte an den Börsen eitel Sonnenschein: Der DAX kletterte nahezu kontinuierlich und schloss das Börsenjahr 2012 mit immerhin 7.612 Punkten ab, was einem Zuwachs von fast 30% entsprach. Besonders positiv zu bewerten ist dabei die Tatsache, dass auch der Gleitende 200-Tage-Durchschnitt wieder nach oben drehte, was für eine weiterhin freundliche Börse spricht.
Allerdings war die Entwicklung auch bei deutschen Aktien keineswegs einheitlich. Denn allein im DAX konnten Spitzenwerte wie etwa Continental mehr als 80% zulegen, während andere Papiere wie etwa die Aktie von E.ON massiv unter Druck standen und das Jahr mit einem Minus von 1% abschlossen.
Rentenmarkt: Kursgewinne dank niedriger Zinsen
Wiederum zum sicheren Hafen entwickelte sich der Rentenmarkt – zumindest für Anleger, die bereits engagiert waren. Aufgrund des sinkenden Zinsniveaus legten die Kurse meist deutlich zu und per saldo konnte mit deutschen „Festverzinslichen“ immerhin rund 4,5% Rendite erzielt werden.
Schwerer hatten es allerdings Neueinsteiger, liegen die aus der Verzinsung und Kursveränderungen errechneten Renditen mittlerweile doch oftmals nur noch bei 1,0% bis 2,0%. Um einen angemessenen Ertrag zu erzie‑len, ist daher eine sehr selektive Vorgehensweise erforderlich, verbunden mit einem erhöhen Maß an Risikobereitschaft. Denn gerade die kommenden Jahre – in denen im Allgemeinen mit einer steigenden Geldentwertungsrate und daher auch steigenden Zinsen gerechnet wird – dürften für „Rentenfans“ eher schwierig werden.
In unserer Serie „Wertpapier im Test“ wollen wir Ihnen die Anlageentscheidungen etwas erleichtern. Ausgewählt werden zum einen Papiere, die aktuell besonders interessant erscheinen und die entsprechende Kurschancen bieten. Zum anderen nehmen wir aber auch Titel unter die Lupe, für die ein großes Interesse besteht, die in den Depots vieler Leser liegen oder bei denen sich Gefahren abzeichnen. Denn es ist nicht unser Ziel, konkrete Kaufempfehlungen abzugeben. Vielmehr sollen Sie in die Lage versetzt werden, durch eine sorgfältige Abwägung aller Punkte eigene Entscheidungen treffen zu können.
Wie jedes Jahr werfen wir auch diesmal einen Blick zurück und betrachten nachfolgend die Wertentwicklung der vorgestellten Papiere des abgelaufenen Jahres.
So starteten wir nach dem Jahresrückblick in der Januar-Ausgabe im Februar mit der SAP- Aktie, die wir als langfristigen Wachstumswert präsentierten. Mittlerweile ist der Kurs von rund 46€ auf mehr als 62€ gestiegen, was einem Plus von immerhin rund 34% entspricht. Dabei entwickelte sich das Papier weitgehend mit dem Markt, d.h., nach einem schnellen Anstieg ging es im zweiten Quartal erst einmal abwärts, bevor ein nachhaltiger Kursaufschwung begann.
Recht erfolgreich entwickelte sich unser März-Titel – die Aktie der Merck KGaA. Bei einem damaligen Kurs von rund 80€ schrieben wir, dass das Papier interessant ist, aber günstigere Preise abgewartet werden sollten. Und in der Tat ging es zunächst unter Schwankungen kurzzeitig bis auf rund 72€ abwärts, bevor ein Aufschwung auf immerhin 105€ begann. Bei geschicktem Timing konnten also 45% verdient werden.
Für sicherheitsorientierte Mittelfrist-Anleger präsentierten wir im April die 5,25 % Fraport-Anleihe mit Laufzeit bis 2019. Die Rechnung ist auf jeden Fall aufgegangen, denn der Kurs stieg mittlerweile von rund 111% auf über 117% was allein schon einem Zuwachs von 5,5% entspricht. Hinzu kamen Zinszahlungen von weiteren 5,25% p.a., sodass sich eine recht solide Gesamtrendite errechnet. Haltenswert erscheint das Papier dennoch, selbst wenn die Kursgewinne bis zur Fälligkeit wieder verloren gehen. Denn schließlich liegt die aktuelle Rendite von rund 2,7% immer noch im oberen Bereich der Ertragssätze, die sich bei vergleichbarer Bonität derzeit erzielen lassen.
Recht erfreulich entwickelte sich auch unsere Mai-Vorstellung, die Aktie der Fresenius Medical Care. Hier kletterte der Kurs innerhalb weniger Wochen von 52€ auf fast 60€, was einem Zuwachs von rund 15% entspricht. Gerade dabei zeigte sich jedoch, dass sich eine laufende Überwachung eingegangener Engagements lohnt: Nachdem die Zukunftsprognosen für FMC heruntergestuft wurden, gab auch die Aktie nach und heute notiert sie wieder im Bereich des Ausgangsniveaus.
Als Nischenwert mit Potenzial präsentierten wir im Juni die Aktie der Münchener Rück, die insbesondere im Fall größerer Naturkatastrophen traditionell unter Druck gerät. Da es hier 2012 – sieht man einmal von Hurrikan „Sandy“ ab, der u.a. in New York erhebliche Schäden verursachte – zu keinen schadensträchtigen Großereignissen kam, konnte das Papier kontinuierlich zulegen. Vorgestellt zu knapp über 100€, kostet die Aktie jetzt bereits fast 140€ und der Aufwärtstrend erscheint zumindest vorerst noch intakt.
Ebenfalls als Nischenwert haben wir im Juli die Aktie des Ticketverkäufers CTS Eventim unter die Lupe genommen. Hier wurden von uns insbesondere die Langfrist-Chancen als interessant eingestuft, da das Unternehmen weiterhin auf Expansionskurs steuert. Und in der Tat gab es bisher wenig Bewegung, der Kurs notiert lediglich rund 8% im Plus. Als problematisch ist aktuell die Tatsache zu sehen, dass der Gleitende 200-Tage-Durchschnitt zuletzt leicht nach unten gedreht hat.
Mit der 6,5%igen Anleihe der Deutschen Lufthansa mit Laufzeit bis 2016 wählten wir im August wiederum einen konservativen Wert aus, bei dem solide Erträge winkten: Der Kurs blieb weitgehend unverändert, sodass die Verzinsung von 6,5% p.a. ungeschmälert eingenommen werden konnte. Bis zur Fälligkeit am 7. Juli 2016 wird der Kurs von derzeit rund 114% auf 100% nachgeben, jedoch kann die aktuelle Rendite von immerhin noch 2,2% als vergleichsweise attraktiv eingestuft werden.
Vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Energiewende nahmen wir im September 2012 die Aktie von E.ON unter die Lupe, deren Kursverlauf einen erfolgreichen Turnaround signalisierte. Dabei wiesen wir ausdrücklich darauf hin, dass erst die Kursentwicklung der kommenden Wochen abgewartet werden sollte, stand das Papier doch am Scheideweg. Und tatsächlich kam es hier zu einer Gegenreaktion, denn das Unternehmen präsentierte zwar hervorragende Ergebnisse für das jüngste Geschäftsquartal, jedoch einen unerwartet negativen Ausblick für die kommenden Jahre. Entsprechend sollte die Aktie daher vorerst weiterhin auf der Beobachtungsliste gehalten werden.
Noch zu früh wäre es, über die beiden letzten Neuvorstellungen des vergangenen Jahres zu urteilen. Allerdings hat sich die Deutsche Telekom-Aktie – die sich nach wie vor in vielen Anlegerdepots befindet – bereits im Umfeld unserer Veröffentlichung nach Meldungen über eine mögliche Dividendenkürzung temporär etwas abgeschwächt. Hier ist erst dann wieder mit einem klaren Trend zu rechnen, wenn die Dividende für 2012 festgelegt wird.
Erfreulicher hingegen hat sich die im November präsentierte Aktie der Hawesko Holding entwickelt, die bereits rund 5% zulegen konnte.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(02):13-13