Apothekenleitung

Gute Führung fällt nicht vom Himmel


Ute Jürgens

Früher glaubte man, als Führungskraft sei man entweder geboren oder nicht. Heute weiß man: Auch Führen kann man nicht nur lernen, man sollte es sogar. Das funktioniert wie bei anderen Dingen auch – mit Theorie und Praxis, ständiger Fortentwicklung und Entdeckerfreude.

In den letzten Jahrzehnten löste ein Ansatz den nächsten ab. Heute wird mehr zu dem Thema geforscht, es gibt zwei aktuelle Schulen, denen sich die verschiedenen Stile zuordnen lassen.

  • Die charismatische Führung: Die Führungskraft verkörpert mit ihrem ganzen Verhalten ein realistisches, von allen nachvollziehbares und erstrebenswertes Zukunftsziel. Die Mitar­beiter werden dadurch inspiriert, sie übernehmen das Ziel und arbeiten selbstmotiviert darauf hin. Die Führungskraft vertraut deren Leistungsfähigkeit statt ständig zu kontrollieren, was wiederum die Loyalität und das Engagement der Angestellten steigert.
  • Die transformationale Führung: Hier besteht das leitende Prinzip in Emotionalität. Die Apothekenleitung wird für ihr Verhalten bewundert, löst einen Identifikations- und Imitationsprozess beim Angestellten aus. Dabei steigert dieser seine Leistungsfähigkeit und das unternehmerische Denken. Auch hier ist natürlich Kontrolle überflüssig, die Arbeit geschieht „selbsttätig“. Der beliebte Leiter dient zudem als Anker für die Mitarbeiter, es gibt wenig Fluktuation.

Den Umgang mit schwierigen Mitarbeitern erlernt man am besten in Seminaren, in denen das korrekte Verhalten auch aus­probiert und geübt wird. Dabei entstehen ganz verschiedene Emotionen, die zur Selbstreflexion anregen. Ein zweiter Vorteil des Ausprobierens: Man befindet sich unversehens auch einmal auf der anderen Seite und kann die Reaktionen der Angestellten besser nachvollziehen. Das führt zu einer entspannten Haltung. Zudem ist man vorgewarnt, welche Reaktionen – sowohl eigene als auch des Gegenübers – möglich sind, und kann sich im Vorfeld das weitere Vorgehen überlegen.

Ein Beispiel – Sie sprechen eine Mitarbeiterin, die oft vollkommen in Gedanken versunken zu sein scheint und erst beim zweiten Ansprechen reagiert, darauf an: „Ich habe das Gefühl, dass Sie oft nur körperlich anwesend sind, können Sie sich bitte auf die Arbeit konzentrieren?“ Die Antwort: „Und ich habe das Gefühl, gemobbt zu werden, alle beobachten mich, ich mache aber nicht mehr Fehler als andere!“ Wie reagieren Sie spontan in so einem Moment und was würden Sie antworten, wenn Sie das Ganze vorher durchgespielt hätten?

Kunst des Fragens

Die Kunst des Fragens besteht im Einsetzen der richtigen Frageart. „Wer fragt, der führt“ – dieser Satz gilt weiterhin. Der Führungskräftetrainer und Autor Andreas Patrzek unterscheidet bei offenen Fragen u.a. zirkuläre und hypothetische Fragen. Der Sinn von zirkulären Fragen besteht darin, Reflexionen auszulösen und dadurch etwas über die Beziehung des Befragten zu seinem Umfeld zu erfahren. So könnte im Mitarbeitergespräch am Ende der Probezeit gefragt werden: „Was glauben Sie, welche Einstellung haben Ihre Kollegen zu Ihnen?“ oder „Wenn ich Kunden fra­gen würde, wie zufrieden sie mit Ihnen sind, was würden die sagen?“

Hypothetische Fragen erzeugen eine künstliche Situation, die oft zu einer besseren Einschätzung führt. Anstatt: „Wie gehen Sie mit Kritik um?“ fragt man: „Stellen Sie sich vor, ein Kunde beschwert sich über die Qualität eines hier gekauften Blutdruckmessgeräts, wie reagieren Sie?“

Aktiv Zuhören

Das aktive Zuhören taucht immer wieder als eine der elementaren Fähigkeiten im Umgang mit Menschen auf. Es besteht im Wesentlichen im Schweigen. Hinhören und mit eigenen Worten das Gehörte wiederzugeben, nachdem Ihr Mitarbeiter aufgehört hat zu sprechen – das klingt einfach, ist es aber nicht. Versuchen Sie, Ihr Gegenüber nicht zu unterbrechen, und vergewissern Sie sich durch Ihre Zusammenfassung, ob Sie das verstanden haben, was der Angestellte gemeint hat. Nur so gehen Sie sicher, dass Sie beide beim gleichen Thema sind.

Kommunikative Kraft ist eine unverzichtbare Kompetenz, das wird in allen Richtungen und Stilen von Führung betont. Je besser Sie die Mitarbeiter kennen, desto einfacher gelingt die Führung.

Selbstreflexion

Die fünfte Lektion besteht in der Selbstreflexion, eine der wichtigsten Kompetenzen. Bei der Selbstbeobachtung kommt man mit sich selbst ins Reine und kann sich dann auf die Angestellten konzentrieren. Jemand, der zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, weil ihm seine eigenen Gefühle nicht klar sind und ihn unbewusst „besetzen“, kann andere nicht erkennen. Das Leiten leidet. Weiter helfen hier folgende Fragen:

  • Wieso handle ich so wie ich handle?
  • Was treibt mich an?
  • Was brauche ich, um gut zu ar­beiten, und wie bekomme ich es?
  • Was inspiriert mich und was nicht?
  • Was demotiviert mich und raubt meine Kräfte?

Wenn diese Fragen beantwortet sind und man entsprechend handelt, steht die ganze Konzentration für das Umfeld zur Verfügung.

Buch-Tipp

Walter Kromm, Gunter Frank (Hrsg.): Unternehmensressource Gesundheit. Weshalb die Folgen schlechter Führung kein Arzt heilen kann. Sympo­sion Publishing. 2009. 59,00€

Ulrike Scheuermann: Das Leben wartet nicht. 7 Schritte zum Wesentlichen. Droemer/Knaur. 2011. 9,99€

zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de)

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(04):8-8