Arbeitsrecht

Die Berufsausbildung in der Apotheke


Jasmin Theuringer

In fast allen Apotheken wird ausgebildet. Neben den nur kurzfristig beschäftigten PTA- und Pharmaziepraktikanten sind es vor allem die Auszubildenden zum/zur PKA, die den Apotheken­leiter länger begleiten und eine Reihe von Rechtsfragen aufwerfen.

Das Berufsausbildungsverhältnis wird durch den Abschluss eines Ausbildungsvertrags begründet, was auch durch eine mündliche Absprache erfolgen kann. Nach Abschluss des mündlichen Vertrags und noch vor Beginn der Ausbildung ist der wesentliche Inhalt des Vertrags schriftlich niederzulegen, vgl. §11 Berufsbildungsgesetz (BBiG).

Beispiel: Die 17-jährige Z bewirbt sich in der Apotheke des A um eine Ausbildung zur PKA. A ist von Z so angetan, dass er sie unmittelbar im Anschluss an das Bewerbungsgespräch einen Ausbildungsvertrag unterzeichnen lässt.

Ist der Auszubildende noch minderjährig, muss der Vertrag von den Erziehungsberechtigten durch deren Unterschrift ge­nehmigt werden. Sind beide Eltern erziehungsberechtigt, müssen auch beide den Vertrag unterzeichnen.

Pflichten des Ausbilders

Im Ausbildungsverhältnis schuldet der Ausbilder nicht nur die Vergütung, sondern in erster Linie die Vermittlung der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie die charakterliche Förderung des Auszubildenden.

Beispiel: Apothekenleiter A beschäftigt eine PKA-Auszubildende und lässt diese hauptsächlich einfache Tätigkeiten wie Botengänge, Aufräum- und Putzarbeiten erledigen. Die Auszubildende weigert sich, diese Arbeiten zu verrichten.

Im Rahmen der Ausbildung müssen dem Auszubildenden solche Tätigkeiten übertragen werden, die dem Ausbildungsziel dienen, vgl. §14 Absatz 2 BBiG. Welche Tätigkeiten das im Einzelnen sind, ergibt sich für PKA-Auszubildende in erster Linie aus der zuletzt im Juli 2012 novellierten Verordnung über die Berufsausbildung zum/zur Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten.

Inhalt dieser Verordnung sind natürlich weder Botengänge noch Putzarbeiten. Solche Arbeiten dürfen einem Auszubildenden dennoch in Maßen übertragen werden, da zum Beispiel auch das Verständnis über die in einer Apotheke notwendige Hygiene im Rahmen einer Ausbildung zu vermitteln ist. Derar­tige Tätigkeiten dürfen aber keinesfalls dazu führen, dass die eigentlichen Ausbildungsinhalte vernachlässigt werden.

Beispiel: Apothekenleiter A möchte Personalkosten sparen und beschäftigt neben einer PTA für alle in der Apotheke anfallenden Tätigkeiten insgesamt drei Auszubildende.

Um die Vermittlung der erforderlichen Ausbildungsinhalte zu gewährleisten, muss der Anzahl der Auszubildenden eine angemessene Anzahl von Ausbildern zur Verfügung stehen. Ein angemessenes Verhältnis liegt vor, wenn auf einen Auszubildenden zwei Ausbilder kommen. Mögliche Ausbilder sind neben dem Apothekenleiter jeder angestellte Approbierte, ebenso wie die erfahrene PTA oder PKA. Im Beispielsfall kann A mangels zur Ausbildung geeigneter Fach­kräfte nicht mehr als einen Auszu­bildenden beschäftigen.

Beispiel: Die PKA-Auszubildende W hat an zwei Tagen in der Woche jeweils fünf Unterrichtseinheiten à 45 Minuten in der Berufsschule. An beiden Tagen erscheint sie nach der Berufsschule nicht mehr in der Apotheke. Apothekenleiter A verlangt, dass sie die versäumte Zeit nacharbeitet.

Der Ausbilder hat den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anzuhalten und ihn für die Teilnahme freizustellen. Bei der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit werden die Zeiten des Berufsschulunterrichts einschließlich der Wegezeiten von der Apotheke zur Berufsschule und zurück – nicht die Wegezeiten vom Wohnort zur Berufsschule – mitgerechnet. Volljährige Auszubildende müssen nach dem Berufsschulunterricht zurück zur Ausbildungsstelle. Für diese gilt das Arbeitszeitgesetz, wonach die tägliche Arbeits- bzw. Ausbildungszeit nicht mehr als 8 Stunden andauern darf. W muss daher unmittelbar nach der Berufsschule ihre Ausbildung in der Apotheke des A fortsetzen.

Anders als für volljährige Auszubildende existiert für minderjährige Auszubildende eine gesetzliche Konkretisierung der Freistellungspflicht im Jugendarbeitsschutzgesetz. Danach muss der minderjährige Auszubildende am Tag des Berufsschulbesuchs nicht mehr in den Betrieb, wenn der Unterricht in der Berufsschule mehr als 5 Unterrichtsstunden von mindestens 45 Minuten andauert. Dies gilt allerdings nur für einen Tag in der Woche. Im Anschluss an einen zweiten Berufsschultag ist die Ausbildung in der Apotheke fortzusetzen.

Grundsätzlich gilt, dass die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung zu erfolgen hat, ein Nacharbeiten der im Betrieb versäumten Zeit darf nicht verlangt werden.

Ausbildungsvergütung

Das BBiG verlangt, dass dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung gewährt wird, die sich mit fortschreitender Ausbildung mindestens jährlich steigert. Als angemessen gilt ohne Weiteres die tariflich vorgesehene Ausbildungsvergütung. Sind die Parteien nicht tarifgebunden, gilt die tarifliche Vergütung nur als Orientierung und könnte nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts um bis zu 20% unterschritten werden. A würde auch in einem nicht tarifgebundenen Ausbildungsverhältnis sowohl gegen die Vorgabe der Rechtsprechung als auch gegen die des BBiG verstoßen.

Urlaub

Der Urlaubsanspruch des volljährigen Auszubildenden unterscheidet sich nicht von dem eines Arbeitnehmers. In tarifgebundenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen ist mindestens der tarifliche Urlaub zu gewähren, ansonsten besteht Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen. Bei minderjährigen Auszubildenden sind jedoch die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes vorrangig. Nach § 19 Absatz 2 JArbSchG sind Jugendlichen, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt sind, mindestens 30, den unter 17-Jährigen mindestens 27 und den unter 18-Jährigen mindestens 25 Werktage Urlaub jährlich zu gewähren. Z hat also Anspruch auf mindestens 25 Werktage Urlaub.

Ende des Ausbildungs­verhältnisses

Beispiel: Die Auszubildende Z hat ihre Abschlussprüfung bereits Anfang Juli erfolgreich abgelegt. Apothekenleiter A erwartet, dass sie dennoch bis zum vereinbarten Ende der Ausbildung am 31. Juli weiter in seiner Apotheke tätig bleibt.

Der Ausbildungsvertrag wird grundsätzlich befristet abgeschlossen. Ist das vereinbarte Beendigungsdatum erreicht, endet das Ausbildungsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Häufig werden jedoch die Prüfungstermine von den Landesapothekerkammern etwas früher anberaumt. Legt der Auszubildende seine Abschlussprüfung vor dem im Ausbildungsvertrag vereinbarten Ende ab, endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Tag der Prüfung. Z muss im Juli nicht mehr in der Apotheke erscheinen.

Beispiel: Z hat ihre Abschlussprüfung nicht bestanden. Apothekenleiter A, der nie zufrieden mit ihren Leistungen war, möchte Z nicht über das vereinbarte Ende der Ausbildungszeit hinaus ausbilden.

Besteht der Auszubildende die Prüfung nicht, endet das Ausbildungsverhältnis dennoch zum im Ausbildungsvertrag vereinbarten Zeitpunkt. Der Auszubildende kann jedoch die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zur nächstmöglichen Prüfung verlangen, höchstens aber um ein Jahr. Besteht er die erste Wiederholungsprüfung nicht, so verlängert sich das Ausbildungsverhältnis bis zur zweiten Wiederholungsprüfung, wenn diese noch in der Höchstfrist von einem Jahr abgelegt werden kann. A wird Z also auf deren Verlangen hin weiter ausbilden müssen.

Wird der Auszubildende nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses weiterbeschäftigt, so wird dadurch auch ohne schriftliche Vereinbarung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet, § 24 BBiG. Soll dieses nur einige Monate andauern, so sollte eine Befristung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Die vorübergehende Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden zur Erleichterung der Stellensuche ist in § 14 Absatz 1 Ziffer 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz ausdrücklich als Befristungsgrund anerkannt. Die Vereinbarung muss aber zwingend noch vor der weiteren Beschäftigung schriftlich niedergelegt werden.

Beispiel: Apothekenleiter A ist unzufrieden mit seiner neuen Auszubildenden P, die bereits im ersten Ausbildungsmonat trotz mehrfacher Ermahnungen konsequent zu spät in der Apotheke erscheint. Nachdem A erfahren hat, dass P auch regelmäßig dem Berufsschulunterricht fernbleibt, spricht er die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aus.

Variante P ist bereits im dritten Aus­bildungsjahr, als A aus den gleichen Gründen kündigt.

Nach der Probezeit ist eine Kündigung stets schriftlich zu begründen, wobei die Kündigungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt sind: Der Auszubildende selbst kann kündigen, wenn er sich entschließt, die Ausbildung aufzugeben. Der Ausbilder kann nur außerordentlich kündigen, was jedoch das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt. Hier gelten die Grundsätze einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses entsprechend. Es muss dem Aus­bilder unzumutbar sein, das Ausbildungsverhältnis bis zum vereinbarten Ende fortzusetzen. Wann dies der Fall ist, ist im jeweiligen Einzelfall durch Abwägung der beiderseitigen Interessen festzustellen. So kann zum Beispiel das wiederholte und mehrfach abgemahnte Fern­bleiben von der Berufsschule eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Ob im Beispiel die Kündigung des A vor dem Arbeitsgericht Bestand haben wird, hängt vom Ausmaß der Verspätungen und Fehlstunden ab. Auch werden mündliche Ermahnungen nicht ausreichend sein. Vielmehr wären zuvor klare schriftliche Abmahnungen erforderlich gewesen.

Steht der Auszubildende zudem kurz vor seiner Abschlussprüfung, so würde durch die Kündigung der Erfolg seiner Ausbildung insgesamt gefährdet. Dann kann es dem Ausbilder zumutbar sein, trotz Vorliegen eines Kün­digungsgrundes das nahe Ende der Ausbildungszeit abzuwarten.
Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin, Bellinger Rechtsanwälte und Steuerberater, 40212 Düsseldorf, E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(08):9-9