Steuer-Spartipp

Vermietung und Verpachtung: Nachträgliche Schuldzinsen


Helmut Lehr

Geänderte Verwaltungsauf­fassung

Das Bundesfinanzministerium hat nun ein Schreiben zur Anwendung der neuen Rechtsprechung veröffentlicht2). Danach gilt Folgendes:

Ein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen aus Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass

  • der Verkauf des Objekts innerhalb der zehnjährigen „Spekulationsfrist“ erfolgt ist (soll heißen: Anschaffung und Veräußerung innerhalb von zehn ­Jahren),
  • der erzielte Veräußerungs­erlös nicht ausreicht, um die Darlehensrestverbindlichkeit zu tilgen, und
  • die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung des Objekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Beispiel: Apothekerin Classen veräußert ihre 2004 angeschaffte und bis zuletzt ver­mietete Eigentumswohnung im Jahr 2012 für 220.000€. Den Kaufpreis verwendet sie zur (Sonder-)Tilgung des Darlehens, das zur Finanzierung des Objekts aufgenommen wurde. Für die verbleibende Restverbindlichkeit in Höhe von 45.000€ zahlt sie 2013 Schuldzinsen von rund 2.000€.

Die Schuldzinsen in Höhe von rund 2.000€ kann Frau Classen nach neuer Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung steuerlich weiterhin geltend machen.

Variante 1: Frau Classen nimmt keine (Sonder-)Tilgung vor und zahlt 2013 Schuldzinsen in Höhe von rund 11.900€. Den erhaltenen Kaufpreis schenkt sie ihrer Tochter im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.

Es liegt nahe, dass die Finanz­verwaltung den Werbungskostenabzug auf den Betrag von rund 2.000€ begrenzt, weil die übersteigenden Schuldzinsen durch (Sonder-)Tilgung hätten vermieden werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).

Variante 2: Frau Classen verwendet den erzielten Veräußerungserlös zur Anschaffung einer neuen Eigentumswohnung, die sie ebenfalls vermietet.

Der Zusammenhang mit Ein­künften aus Vermietung und Verpachtung besteht quasi mit dem neuen Objekt fort, sodass Frau Classen die gesamten Schuldzinsen weiter geltend machen kann.

Variante 3: Frau Classen hat die Wohnung bereits seit dem Jahr 2011 unentgeltlich ihrer Tochter zur Nutzung überlassen.

Die Finanzverwaltung wird davon ausgehen, dass Frau Classen durch die unentgeltliche Überlassung der Wohnung an ihre Tochter schon im Jahr 2011 die Einkunftserzielungsabsicht aufgegeben hat. Ein Schuldzinsen­abzug ist nicht mehr möglich.

Variante 4: Frau Classen hat das Objekt bereits im Jahr 2001 angeschafft.

Der Verkauf im Jahr 2012 erfolgte außerhalb der zehnjährigen „Spekulationsfrist“, sodass ein Schuldzinsenabzug nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht mehr in Betracht kommt. Ebenso bleibt ein etwaiger erzielter Veräußerungsverlust steuerlich unberücksichtigt.

Hinweis: Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist in diesem Punkt äußerst umstritten. Zwar hatte der Bundesfinanzhof über einen Fall zu entscheiden, in dem die Veräußerung innerhalb der zehn Jahre erfolgt ist, weshalb er dies in seinen Ur­teilsgründen ausdrücklich betonte. Allerdings gehen gewich­tige Stimmen in der Fachliteratur, unter anderem aus der Richterschaft des Bundesfinanzhofs, davon aus, dass auch bei Ver­äußerung außerhalb der Zehn-Jahresfrist ein nachträglicher Schuldzinsenabzug in Betracht kommt. Eine Beschränkung er­gäbe sich ausschließlich aus dem Vorrang der anteiligen Schuldentilgung. Steuerpflichtige sind jedoch in vergleichbaren Fällen bis auf Weiteres darauf angewiesen, „ihr Recht“ gerichtlich durchzusetzen.

Weitere mögliche ­„Beschränkungen“

Allgemein sollten Steuerpflich­tige nicht damit rechnen, dass die Finanzverwaltung einen nachträglichen Schuldzinsenabzug bis zum „Sankt-Nimmerleins-Tag“ zulässt, der endgültige Zeitpunkt der Schuldentilgung steht sicherlich nicht in ihrem Belieben. Vermutlich werden die Finanzämter in der Praxis fordern, dass bestehende Rest­darlehen wenigstens in an­gemessenem Umfang weiter getilgt werden.

Hinweis: Sollten in Einzelfällen noch Schuldzinsen gezahlt werden, obwohl das Objekt bereits aufgrund eines vor dem 1. Januar 1999 (Erweiterung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre) geschlossenen Kaufvertrags veräußert wurde, gilt die bisherige strenge Verwaltungsauffassung fort. Ein nachträg­licher Schuldzinsenabzug für fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten kommt dann weiterhin nicht in Betracht.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(09):18-18