Steuer-Spartipp

Wertpapiergeschäfte: Verluste steuerlich geltend machen


Helmut Lehr

Keine Veräußerung bei Verlust

Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums ist generell keine steuerrelevante Veräußerung eines Wertpapiers gegeben, wenn der Veräußerungspreis unter den tatsächlichen Transaktionskosten liegt.

Beispiel: Das Ehepaar Semper veräußert mehrere (nahezu wertlose) Wertpapiere für insgesamt 15€. In diesem Zusammenhang sind Transaktionskosten von 50€ entstanden, sodass eigentlich ein Verlust von 35€ zu berücksichtigen wäre. Nach Ansicht der Verwaltung liegt je-doch überhaupt kein steuerrelevanter Verkauf vor.

Was noch viel schwerer wiegt: Ein mit der Veräußerung eingetretener Kursdifferenzverlust kann ebenfalls nicht steuerlich geltend gemacht werden. Aufgrund einer Übergangsregelung wenden die allermeisten Banken diese Vorgaben ab dem 1. April 2013 an, sodass entsprechende Kurs­differenzverluste seit diesem Zeitpunkt nicht mehr für eine Verlustverrechnung berücksichtigt werden.

Hinweis: Die Verwaltungsauffassung ist derzeit äußerst umstritten. Nennenswerte Verluste, die aufgrund der „Neuregelung“ unberücksichtigt bleiben, sollten ggf. im Rahmen der Einkommensteuererklärung sowie in einem sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht werden.

Besonderheiten bei Zertifikaten

Ergeben sich bei einem sog. Vollrisikozertifikat mehrere Zahlungszeitpunkte bis zur Endfälligkeit, sind die Erträge zu diesen Zeitpunkten Kapitalein­künfte und unterliegen der Abgeltungssteuer. Sehen die Emis­sionsbedingungen allerdings von vornherein eindeutige Angaben zur Tilgung oder zur Teiltilgung während der Laufzeit vor und verfahren die Vertragspartner entsprechend, handelt es sich insoweit um nicht steuerbare Kapitalrückzahlungen. Erfolgt bei diesen Zertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr (z.B. Verfall, weil der Basiswert am Stichtag eine bestimmte Schwelle unterschreitet), liegt auch keine „Veräußerung“ im steuerlichen Sinne vor. Das bedeutet: Ein entstehen-der Verlust, der durchaus erheblich sein kann, wird steuerlich nicht anerkannt und landet folglich auch nicht „automatisiert“ im Verlustverrechnungstopf der Bank.

Hinweis: Sollte allerdings bei Fälligkeit ein geringer Restbetrag zur Auszahlung gelangen, dürfte wiederum eine steuer­relevante Veräußerung vorliegen, mit der Folge, dass ein realisierter Verlust zu berücksichtigen ist.

Der Bundesfinanzhof 2) hat zur alten Rechtslage („Spekulationsbesteuerung“) entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines „Knock-out-Zertifikats“ steuerlich ohne Bedeutung sind, wenn der Steuerpflichtige das darin verbriefte Recht nicht innerhalb eines Jahres ausübt oder veräußert, sondern es – aus welchen Gründen auch immer – verfallen lässt.

Hinweis: Nach Einführung der Abgeltungssteuer sind diese Rechtsgrundsätze nach herrschender Meinung nicht mehr anwendbar. Steuerpflichtige müssen die Berücksichtigung entsprechender Verluste (bei fehlender Rückzahlung zum Zeitpunkt der Endfälligkeit) ggf. in Einspruchs- und Klageverfahren durchsetzen.

Verfall von Optionsscheinen


Lassen Steuerpflichtige als In­haber von (wertlos gewordenen) Kauf- oder Verkaufsoptionen diese am Ende der Laufzeit verfallen, sind deren Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten aus Sicht der Finanzverwaltung ohne Bedeutung – der Verlust wird demnach nicht berücksichtigt.

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs 3) sind Prämien wertlos gewordener Optionen als Werbungskosten abzugsfähig. Allerdings ergingen die Urteile zur alten Rechtslage („Spekulationsbesteuerung“). Das Bundesfinanzministerium hat bereits mit Schreiben vom 27. März 2013 4) verfügt, dass die Rechtsprechung in aktuellen Fällen von den Finanzämtern nicht zu berücksichtigen ist.

Hinweis: Für viele Steuerexperten ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit Einführung der Abgeltungssteuer nur Gewinne aus der Veräußerung und ähn­lichen Vorgängen erfassen und zugleich die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten einschränken wollte. Daher sollten Steuerpflichtige ggf. auch Verluste aus dem Verfall von Optionen steuerlich geltend machen und im Einzelfall eine gerichtliche Klärung herbeiführen lassen.

Rechtzeitiger Verkauf oder Glattstellung sinnvoll?

Um eine Verlustberücksichtigung sicherzustellen, könnten Steuerpflichtige den Verkauf (zu einem symbolischen Preis) bzw. die Glattstellung einer wertlosen Option in Betracht ziehen. Die Finanzverwaltung hat allerdings bereits zur alten Rechtslage verfügt, dass eine solche Vorgehensweise womöglich als Gestaltungsmissbrauch gewertet wird und die Ver- luste weiter unberücksichtigt bleiben 5) .

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(15):18-18