Zugang zur Apotheke

Mehr als nur barrierefrei


Dr. Bettina Mecking

Die verpflichtende Umsetzung der Apothekenbetriebsordnung kann eine Chance sein, einen – in jeder Hinsicht – „niederschwelligen“ Zugang zur Apotheke zu schaffen. Die Vorschläge für die räumliche Gestaltung der Apotheke und für deren Serviceleistungen sind vielfältig.

Checklisten für die Praxis

Derzeit werden vielerorts Checklisten für die Praxis erarbeitet, in denen sich – in Anlehnung an die UN-Behindertenrechtskonvention – eine Reihe von Anregungen findet, wie eine Apotheke für Menschen mit Bewegungs- und sonstigen Einschränkungen attraktiv gestaltet werden kann.

Eingangsbereich:

  • Behindertenparkplätze;
  • Zugang über Rampe mit maximal 6% Steigung ohne Quer­gefälle mit Handlauf;
  • selbst öffnende elektrische Türen mit einer Mindestbreite von 90 Zentimetern;
  • keine Stufen und Schwellen.

Innenausstattung:

  • rutschhemmende Bodenbeläge;
  • HV-Tisch mit abgesenktem Bereich zur Beratung im Sitzen sowie kleinem Brett zum Abstellen der Tasche oder Anlehnen des Gehstocks;
  • kontrastreiche Markierungen an Glasflächen;
  • Notdienstschalter in angemes­sener Höhe;
  • gesonderter Beratungsraum;
  • für Sehbehinderte Boden­indikatoren für die Orientierung mit Langstock in der Offizin;
  • ausreichend Platz für Bewegungen, ohne dass beim Umdrehen versehentlich Ware heruntergerissen wird;
  • leserliche Preisschilder.

Persönlicher Umgang

Eine kundenorientiert für eingeschränkte Menschen tätige Apotheke ist meist in ein multiprofessionelles Netzwerk mit den behandelnden Ärzten und Pflegeeinrichtungen vor Ort eingebunden. Wichtig ist, dass dabei die nach dem Apothekengesetz geforderte freie Apothekenwahl gewahrt bleibt. Manche Apotheker bringen sich besonders an der konfliktbehafteten Schnittstelle klinische/ambulante Versorgung ein. Sie machen sich vor oder bei der Entlassung mit dem aktuellen Krankheitszustand ihrer Kunden vertraut und helfen dabei, alle notwendigen Maßnahmen für eine ambulante Therapie zu organisieren. Sie setzen sich mit dem Hausarzt, den Angehörigen und dem Pflegedienst in Verbindung und klären die Patienten bei der Handhabung der neu verwendeten Produkte auf.

Über die Arzneimittelberatung hinaus können Apotheken In­formationen zu Selbsthilfegrup­pen und Unterstützungsmöglichkeiten bereithalten. Dazu können Flyer und Broschüren ausliegen, die sich mit spezifischen Themen auseinandersetzen. Zur Verbesserung der Beratungsqualität können Apotheker ein Kundendossier, meist verbunden mit einer Kundenkarte anlegen, in dem alle eingenommenen Medikamente, verkaufte Produkte und weitere wichtige Informationen eingetragen werden. Dies bedarf jedoch einer ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Kunden.

Zusätzliche Serviceleistungen

Apotheken können Kunden anbieten, ihre Arzneimittel nach ärztlichem Dosierplan fertig in der Wochenbox zu stellen oder zu verblistern. Die Kosten richten sich nach dem individuellen Aufwand, insofern sollte mindestens eine Kostendeckung erreicht werden. Sofern dieser Service regelmäßig zur Verfügung gestellt wird, empfiehlt sich eine entsprechende Begleitvereinbarung (siehe Info-Kasten).

Die Lieferung eines Präparats an die Wohnungstür – gemäß den gesetzlichen Vorgaben – ist eine weitere attraktive Serviceleistung der Apotheke für diejenigen, die daran gehindert sind, selbst die Apotheke aufzusuchen. Eine solche wohnortnahe Präsenzversorgung hat für Menschen große Bedeutung, die aus unterschiedlichen Gründen eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit haben.

Barrierefreies Webdesign

Für Menschen mit Behinderung, die überdurchschnittlich stark im Internet aktiv sind, stellen Computer und mobile Endgeräte mehr als praktische Kommunikations- und Informationsmittel dar. Die zugängliche Gestaltung einer Apothekenhomepage oder Apotheken-App (Vorbestellung, Erinnerung an Medikamenteneinnahme etc.) kann eine selbstbestimmte Teilhabe im Lebensbereich Gesundheit unterstützen.

Die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz vom 22. September 2011 gilt für alle Internetauftritte der Bundesbehörden. Kommerzielle Anbieter fallen nicht unter den originären Geltungsbereich, sie können sich aber gleichwohl an den universellen Prinzipien der barrierefreien Informationstechnik, nämlich Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit und Verständlichkeit, orientieren.

Arbeitshilfe online

Ein Muster einer Begleitvereinbarung für das ambulante Stellen/Verblistern von Arzneimitteln finden Sie im Bereich Checklisten /Arbeitshilfen unter dem Stichwort „Begleitvereinbarung individuell gestellte/verblisterte Arzneimittel“.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(18):10-10