Prof. Dr. Reinhard Herzog
Mehr als 10% Plus
Die starke Nachfrage schlägt sich auch in den Preisen nieder. In seiner jährlichen Analyse meldet der Immobilienverband Deutschland (IVD) Preissteigerungen von teilweise mehr als 10%, wobei es sowohl hinsichtlich der Region als auch in Hinblick auf die Qualität erhebliche Unterschiede gibt. Eher die Ausnahme sind hingegen Preisrückgänge, die meist nur regional eng begrenzt zu beobachten sind.
Mit einem Plus von 4,4% auf aktuell 1.044€/m2 haben die durchschnittlichen Kaufpreise für Eigentumswohnungen mit mittlerem Wohnwert im Betrachtungszeitraum erstmals wieder die 1.000-€-Marke überschritten, allerdings liegt dieses Preisniveau immer noch 15% niedriger als vor 20 Jahren.
Die dynamischsten Entwicklungen sind in den Großstädten ab 500.000 Einwohnern zu beobachten. Dort sind die Preise um knapp 7,9% auf einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 1.545€ gestiegen. Etwas preisstabilisierend dürfte sich nach Ansicht des IVD künftig die wachsende Anzahl an Wohnungsfertigstellungen und die daraus folgende Entlastung des Wohnungsmarktes auswirken.
Dabei nimmt nach wie vor die Wohnflächennachfrage in den Großstädten massiv zu. Beispielhaft nennt der IVD hier München, wo die Nachfrage nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) bis 2030 um bis zu 33% steigen wird. Entsprechend stark ist das Preisplus im Betrachtungszeitraum: Mit durchschnittlich 3.150€/m2 werden für eine Eigentumswohnung mittleren Wohnwerts 10,5% mehr bezahlt. Mit großem Abstand auf Platz zwei folgt Stuttgart (2.230€, +6,2%) vor Düsseldorf (1.950€, +2,6%). Den kräftigsten Preisanstieg gab es in Köln mit einem Plus von 13,3% auf 1.780€/m2.
Allgemein zieht die Preiskurve auch in den kleineren Städten an. In Ansiedlungen mit 250.000 bis 500.000 Einwohnern kostet der Quadratmeter einer Eigentumswohnung mit mittlerem Wohnwert derzeit sogar 1.280€. Das sind 5,3% mehr als zuletzt.
Gefragte Qualität
Die Grundregel, dass die Preise umso mehr steigen, je höher die Qualität der Wohnung ist, behält nach Angaben des IVD weiterhin Gültigkeit: So kostet eine Bestandswohnung mit mittlerem Wohnwert heute rund 1.044€/m2 (+4,4%) und mit gutem Wohnwert knapp 1.400€/m2 (+5,0%), eine Neubauwohnung mit mittlerem Wohnwert rund 1.770€/m2 (+4,9%) und mit gutem Wohnwert knapp 2.060€/m2 (+5,0%). In einer Kleinstadt bekommt man bereits für einen Quadratmeterpreis von 910€ eine Eigentumswohnung im Bestand mit mittlerem Wohnwert, während man in einer Metropole 1.550€ bezahlen muss. Größer sind die Unterschiede in der guten Wohnwertkategorie: In einer Kleinstadt wie Wismar muss man mit 1.200€/m2 fast nur die Hälfte von dem Preis in einer Großstadt mit mehr als 500.000 Einwohnern zahlen. So wird in Köln 2.400€/m2 für eine Eigentumswohnung im Bestand gezahlt.
Deutlich stärker ausgeprägt sind mittlerweile die Preisunterschiede zwischen Neubau- und Bestandswohnungen: Unabhängig von den Städtegrößen sind Bestandsobjekte mit gutem Wohnwert rund ein Drittel günstiger als Neubauten. Bei Wohnungen mit mittlerem Wohnwert beträgt der Preisunterschied zwischen Neubau- und Bestandswohnung bis zu 45%. Der IVD führt dies auf die stark gestiegenen Baukosten zurück, die seit dem Jahr 2000 um rund 26% zugenommen haben und damit deutlich stärker als die Inflationsrate geklettert sind. Entsprechend schlagen hohe Material- und Planungskosten bei einem Neubau mit mittlerem Wohnwert proportional stärker ins Kontor als bei einem ohnehin hochpreisig konzipierten Objekt. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern kosten Eigentumswohnungsneubauten im Durchschnitt 2.591€/m2, Bestandsobjekte hingegen 1.545€/m2. In Kleinstädten werden Neubauten für 1.599€/m2 angeboten, Bestandsobjekte jedoch schon für 911€/m2.
Hinzu kommt, dass die Preise für Baugrundstücke von Mehrfamilienhäusern in normaler als auch guter Wohnlage deutlich stärker angestiegen sind als in den Jahren zuvor: Ein Quadratmeter Baugrund für ein Mehrfamilienhaus kostet in einer normalen Wohnlage einer Großstadt mit mehr als 500.000 Einwohnern heute rund 395€, also 9% mehr als im Vorjahreszeitraum.
Häuser im Plus
Steigende Preise sind aber auch bei Häusern zu beobachten. Ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit mittlerem Wohnwert kostet in Deutschland derzeit 213.000€ – 3,4% mehr als zuletzt. Damit liegt der Preis etwa 10% über dem Niveau von vor 20 Jahren. Mit der Einwohnerzahl nehmen auch in diesem Segment die Preise und deren Zuwächse zu. In einer Kleinstadt kostet ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von rund 125 m2, das in Bausubstanz und Ausstattung einem durchschnittlichen Standard entspricht und das sich in einem allgemeinen Wohngebiet befindet, 173.000€, in einer Großstadt (> 100.000 Einwohner) 235.000€.
Die Schere öffnet sich mit der Wohnwertkategorie: Ein gut ausgestattetes Einfamilienhaus mit guter Bausubstanz und Ausstattung in ruhiger, guter Wohnlage und einer Wohnfläche von 150 m2 kostet in einer Kleinstadt 227.000€ und in einer Metropole mehr als doppelt so viel (491.000€). Bei einem Haus mit sehr gutem Wohnwert, sprich mit erstklassiger Ausstattung und Bausubstanz in sehr guter Wohnlage und 200m2 Wohnfläche, spreizt sich der Preis zwischen 308.000€ und 838.000€.
Die stärksten Durchschnittssteigerungen gab es wieder einmal in München mit 6,2% auf 685.000€, in Köln mit 6,1% auf 350.000€, in Frankfurt mit 4,9% auf 430.000€ und in Stuttgart mit 3,2% auf 485.000€. Allerdings meldet der IVD auch Rückgänge, etwa in Bottrop um 4,4% auf 220.000€, in Aachen um 4,0% auf 240.000€ oder in Dinslaken um 2,6% auf 185.000€.
Angesichts der doch oft heftigen Preisveränderungen warnen Experten vor einer möglichen „Blasenbildung“, die – wie etwa in Südeuropa – einen baldigen Einbruch nach sich ziehen könnte. Nach Ansicht des IVD könne davon jedoch nicht die Rede sein, da für jede neu errichtete Wohnung bzw. für jede auf den Markt kommende Bestandswohnung mehr Nachfrage als Angebot herrsche. Hinzu komme, dass auch die Erschwinglichkeit einer Eigentumswohnung weiterhin auf einem sehr hohen Niveau liegt. Mit einem Zinssatz von derzeit 2,67% kostet ein 10-jähriges Darlehen nach IVD-Angaben rund 50% weniger als im Januar 2003. Durch die moderaten Preisanstiege für Eigentumswohnungen und den Anstieg des verfügbaren Einkommens von rund 23% seit 2002 (bei 17% Inflation im gleichen Zeitraum) seien Immobilien weiterhin erschwinglich.
Blindes Vertrauen sollten Investoren dennoch beim Immobilienkauf nicht haben. Die Lage und die Ausstattung, aber auch die Vermietungssituation spielen weiterhin die entscheidende Rolle, ob sich mit einer Immobilie solide Erträge erwirtschaften lassen und auch ein Kapitalerhalt gewährleistet ist. Jeder Käufer muss sich im Übrigen bewusst sein, dass auch der Immobilienmarkt bei einer neuen Zuspitzung der Eurokrise zumindest zunächst erheblich unter Druck geraten dürfte, sodass entsprechende Investments generell sehr langfristig angelegt werden müssen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(21):13-13