Gewerbeimmobilien

Anhaltend hohe Nachfrage in deutschen Großstädten


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Ob Bürogebäude oder Einzelhandelsobjekt: Je größer die Stadt und besser die Lage, desto höher das Mietwachstum. Dies ist das Fazit des neuesten Gewerbe-Preisspiegels des IVD, der gewerblich genutzte Objekte in 340 deutschen Städten unter die Lupe genommen hat.

Büroimmobilien im Plus

Die insgesamt jedoch freundliche Stimmung in der deutschen Wirtschaft wirkt sich weiter positiv auf die Büroimmobilienmärkte aus. Durch die stabile Nachfrage nach Büroflächen sind die Mieten deutschlandweit um 2,1 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Am stärksten zeigt sich der Effekt in Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern. Hier haben die Mieten für Büros mit mittlerem Nutzwert um 3,6 % zugelegt. Den Grund sieht der Immobilienverband Deutschland (IVD) in der weiter zunehmenden Konzentration der Büro­dienstleistungen auf die Zentren. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch: Je kleiner die Stadt, umso geringer sind die Dynamik und die Mietentwicklung. In Kleinstädten mit weniger als 30.000 Einwohnern sind die Büromieten gemäß IVD-Analyse beispielsweise nur um 0,3 % gestiegen.

Frankfurt am teuersten

München liegt bei den von den IVD-Marktberichterstattern ermittelten Schwerpunktmieten ganz vorn. Bei Büros mit gutem Nutzungswert sind 29€ je Quadratmeter zu bezahlen, wobei hier eine besonders starke Wachstumsdynamik zu beobachten ist. Mit weitem Abstand folgen Düsseldorf mit 21€ und Frankfurt/Main mit 18,50€. Im Durchschnitt der deutschen Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern beläuft sich die Quadratmetermiete mit gutem Nutzungswert auf 12,86€.

Greift man jedoch die Spitzenmieten heraus, liegt die Bankenmetropole Frankfurt/Main mit 36,80€ pro Quadratmeter (Vorjahr: 35€) an erster Position. In München müssen mit 31,80€ (Vorjahr: 31€) fünf Euro weniger für eine Spitzenbürofläche bezahlt werden. An dritter Stelle folgt Düsseldorf mit einer Spitzenmiete von 27,50€ – 2,50€ mehr als im Vorjahr.

Obwohl in fast allen sieben Bürohochburgen weniger Fläche neu vermietet wurde, konnte der Leerstand nahezu überall verringert werden. Dies führt der IVD zum einen auf die deutschlandweit rückläufigen spekulativen Projektentwicklungen und zum anderen auf den zunehmenden Trend zur Umwidmung nicht mehr marktfähiger, leer stehender Büroflächen in alternative Nutzungsarten zurück. In großen Städten prüften immer mehr Eigentümer, inwieweit leer stehende Büros in Miet- und Eigentumswohnungen umgewandelt werden können. Bei Mieten im Hochpreissegment liegen die Wohnungspreise bereits höher als die Mieten für Büroflächen außerhalb der City-Business-District-Lagen. Auch wenn die Baukosten bei einem Umbau nicht wesentlich unter den Kosten für einen Neubau liegen, sondern sie manchmal sogar überschreiten, spricht für eine Umwidmung, dass die Genehmigungsprozesse bei der Umwandlung kürzer sind und die ursprüngliche Dichte der Bebauung beibehalten werden kann.

Den höchsten Leerstand hat nach wie vor Frankfurt/Main mit 13,3 %. Nach Angaben des IVD sei dies insbesondere auf die Mono­struktur aus Finanzdienstleistern und Versicherungen zurückzuführen, die den Büroimmobilienmarkt prägen. Schwächeln diese, wirkt sich dies unmittelbar auf den gesamten Immobilienmarkt aus. Die anderen deutschen Büroimmobilienmärkte zeichnet eine breiter aufgestellte Nutzerstruktur aus, bei der mittelständische Unternehmen als Mieter stabilisierend wirken. So verteilen sich beispielsweise in Hamburg 50 % des Umsatzes auf sechs bis sieben Branchen. Entsprechend geringer ist der Leerstand an der Alster, der bei 8,1 % liegt.

1a-Lagen bleiben gefragt

Am deutschen Einzelhandelsimmobilienmarkt ist die Lage trotz der guten Kauflaune nach IVD-Recherchen sehr uneinheitlich. Während der ungebrochene „Run“ auf 1a-Flächen in den Geschäftskernen im vergangenen Jahr zu einer Steigerung der Mieten im bundesweiten Durchschnitt um 3,25 % führte, sind die Mieten für Ladenflächen in 1b-Lagen der Nebenkerne um durchschnittlich 2,5 % zurückgegangen. Ein stark differenziertes Bild ergibt sich auch bei der Analyse nach Städtegröße. In den Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern sind die Mieten in den 1a-Flächen der Geschäftskerne um fast 5 % gestiegen, in den Kleinstädten mit weniger als 30.000 Einwohnern sind sie um knapp 1,4% zurückgegangen. Als Grundregel nennt der IVD daher auch in diesem Jahr: je größer die Stadt und besser die Lage, desto positiver die Mietentwicklung. Die größte Dynamik findet dort statt, wo Jobs entstehen beziehungsweise eine gute Arbeitsmarktsituation vorherrscht.

Die höchsten Einzelhandels­mieten werden mit großem Abstand in München gezahlt. Mit 320€/m2 liegt die Schwerpunktmiete 130€ vor den zweitplatzierten Städten Frankfurt/Main und Stuttgart mit jeweils 190€/m2. An vierter Stelle folgt bereits Münster mit 150€/m2. Das Oberzentrum des Münsterlandes ist mit einem Plus von 25 % gegenüber dem Vorjahr auch Spitzenreiter beim Anstieg der Mieten in den Top-Lagen. Der Ostteil Berlins folgt mit einem Mietwachstum um 20 %.

Erstmals seit der Wiedervereinigung ist im vergangenen Jahr die Verkaufsfläche im Einzelhandel leicht zurückgegangen. Den Rückgang von 122,4 auf 122,1 Mio. Quadratmeter führt der Handelsverband Deutschland (HDE) in erster Linie auf die Schließung der 5.400 Schlecker-Filialen zurück. Bereinigt um diesen Effekt, seien die Einzelhandelsflächen auch im vergangenen Jahr wieder gewachsen. Durch die demografische Entwicklung und den zunehmenden E-Commerce sieht der HDE aber in Zukunft auch Grenzen für das Flächenwachstum. Während die Umsätze des stationären Handels zuletzt stabil waren, ist der Umsatz des Internethandels im Vergleich zum Vorjahr um 12 % gestiegen.

Erlebnis-Shopping als Trend

Um diesem Trend entgegenzuwirken, setzen die Geschäfte nach IVD-Beobachtungen auf eine hohe Präsentations- und Aufenthaltsqualität der Shops. Wer nicht im Internet kauft, zählt häufig zu den sog. Social- und Erlebnis-Shoppern, die das Einkaufen als Freizeitaktivität verstehen. Dementsprechend sei in den innerstädtischen Geschäftszentren ein Wandel vom Versorgungs- zum Erlebnisort zu beobachten. Hinzu kommen Hybridkonzepte, bei denen die Produkte im Geschäft probiert und bestellt und anschließend nach Hause geliefert werden.

Auch in den kommenden Jahren dürften sich die bisherigen Entwicklungen fortsetzen, selbst wenn der IVD hierzu keine Aussagen machte. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Konjunktur zu. Solange die Wirtschaftslage hierzulande noch weitgehend stabil bleibt, dürfte auch der Gewerbeimmobilienmarkt eine solide Tendenz aufweisen. Falls sich jedoch die in anderen Ländern zu beobachtende Abschwächung der Konjunktur auch auf Deutschland auswirkt, ist zunächst bei den Büroimmobilien mit einer Stagnation oder gar einem Rückgang zu rechnen. Stabilisierend dürfte sich dann allenfalls die nach wie vor eher zurückhaltende Entwicklung am Neubaumarkt auswirken.

Der Einzelhandelsbereich profitiert bisher von der hohen Kaufkraft und – vor allem – der Kaufbereitschaft der Bevölkerung. Aus Sorge um den Euro werden vielfach Anschaffungen vorgenommen, die eigentlich erst in einigen Jahren geplant waren. Auch 2014 rechnen viele Experten mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Mieten. Allerdings dürfte sich der Trend zur Vorsicht nach Ansicht vieler Makler fortsetzen: Während internationale Investoren weiterhin auf 1a-Lagen setzen, wird sich die breite Masse tendenziell eher in gut aufgestellten Nebenlagen engagieren, sodass hier zumindest wieder stabilere Preise zu erwarten sind.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(23):15-15