Lebensversicherungen

Die Niedrigzinsphase zehrt an der Rendite


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Kaum ein Kapitallebensversicherer erwirtschaftet seinen Kunden die Rendite, die bei Vertragsabschluss prognostiziert worden war. Die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt sorgen für massive Abschläge. Jetzt stehen sogar die Bewertungsreserven auf dem Prüfstand.

Reserven unter Beschuss

Erneut auf dem Prüfstand steht zudem die Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven. Bisher gilt, dass 50 % der erwirtschafteten Reserven an die Versicherten auszuschütten sind. Infolge des Zinsrückgangs in den vergangenen Jahren sind jedoch die Kurse der von den Versicherern gehaltenen Anleihen rapide gestiegen. Kunden, deren Policen jetzt fällig werden, müssen grundsätzlich an diesem Wertanstieg beteiligt werden, während Kunden, deren Policen noch länger laufen, entsprechend niedrigere Erträge erzielen. Die Versicherungslobby drängt daher darauf, den Ausschüttungsanteil an den Bewertungsreserven reduzieren oder ganz streichen zu dürfen.

Welche Methode der Ertragskürzung sich letztlich auch durchsetzen wird, eines steht fest: Die Renditen deutscher Lebensversicherungsverträge werden weiter sinken. Entsprechend brisant ist damit die Frage nach der optimalen Vorgehensweise bei bestehenden Verträgen. In jedem Fall sinnvoll ist es, den Versicherer nach dem aktuellen Vertragsguthaben, der Beteiligung an den Bewertungsreserven und dem Rückkaufswert zu befragen. Liegen die Werte jetzt bereits deutlich unter den bei Vertragsabschluss abgegebenen Prognosen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Gesellschaft Probleme auf der Ertragsseite hat. Hier sollte über die Beitragsfreistellung, ggf. aber auch eine Kündigung nachgedacht werden. Jedoch sollte man sich zuvor über die Konsequenzen informieren, z. B. hinsichtlich eines möglichen Schlussgewinnanteils. Achten sollte man zudem darauf, entstehende Versicherungslücken anderweitig abzudecken, z. B. durch den Abschluss einer preiswerten Risikolebensversicherung.

Grundsätzlich kein Handlungsbedarf besteht, wenn bisherige Prognosen erfüllt wurden. Hier sollte der Vermittler nach seiner Einschätzung der Lage befragt werden. Denn eines ist sicher: Freiwillig informiert kein Anbieter über eine mögliche Schief­lage, hingegen sickern bei den Vertretern und Kooperationspartnern oftmals entsprechende Informationen durch.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(23):14-14