Fortbildung des Apothekenpersonals

Kostenerstattung durch ausscheidende Mitarbeiter


Jasmin Theuringer

Fortbildungen sind stets auch eine Investition in die Zukunft. Zunächst kosten sie aber Zeit und Geld. Wer als Arbeitgeber einen Mitarbeiter bei einer Fortbildung finanziell unterstützt, stellt sich die Frage, was passiert, wenn dieser kurz nach Abschluss der Fortbildung kündigt.

Anspruch auf Finanzierung?

Einen durchsetzbaren Anspruch auf Förderung der beruflichen Fortbildung haben die Mitar­beiter einer Apotheke jedoch nicht. Es existiert weder eine gesetzliche noch eine tarifliche Anspruchsgrundlage. Der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) enthält zwar in §12 eine Regelung zum Bildungsurlaub, gibt dem Arbeitnehmer jedoch keinen Anspruch auf Finanzierung einer Fortbildung.

Einen Anspruch auf Finanzierung der mit einer Fortbildung verbundenen Kosten sowie auf bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht enthält §17 Ziffer 5 des BRTV, dieser gilt aber nur für den umgekehrten Fall, in dem der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter die Teilnahme an einem Seminar verlangt. Der Regelfall dürfte allerdings sein, dass Arbeitgeber und Arbeit­nehmer einvernehmlich die Teilnahme des Arbeitnehmers an einer Fortbildung und die damit verbundenen Folgen in einem Fortbildungsvertrag regeln.

Fortbildungsvertrag

Sinnvoller Inhalt eines Fortbildungsvertrags ist neben der genauen Bezeichnung der gewählten Fortbildung deren Dauer, die Frage bezüglich einer bezahlten Freistellung von der Arbeitspflicht und natürlich eine Re­gelung zur Verteilung der durch die Fortbildung verursachten Kosten. Dies können neben den allgemeinen Seminarkosten z.B. auch Kosten für Lehrmittel, für die An- und Abreise, für Übernachtungen und für einen Verpflegungsmehraufwand sein.

Es sollte auch eine Regelung dazu getroffen werden, welche Rechtsfolgen ein unbegründeter Abbruch der Fortbildung oder eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zeitnah nach Abschluss der Fortbildung aus­lösen soll. Andernfalls gilt, dass die Investition des Arbeitgebers verloren geht, da eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers stets ausdrücklich vereinbart werden muss.

Rückzahlungsklauseln

Rückzahlungsklauseln müssen so klar formuliert sein, dass ohne Weiteres ersichtlich ist, welche konkreten Kosten der Rückzahlungspflicht unterliegen. Die Vereinbarung muss daher die Kosten genau bezeichnen und – soweit möglich – auch beziffern. Weiterhin muss klar geregelt sein, welches Verhalten des Arbeitnehmers die Rückzahlungspflicht auslösen soll. Üblich sind Klauseln, dass der Arbeitnehmer nach Abschluss der Fortbildung für einen bestimmten Zeitraum im Betrieb des Arbeitgebers verbleiben muss.

In der Praxis scheitern die meisten Rückzahlungsklauseln an einer übermäßig langen Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb des Arbeitgebers. Die Gerichte nehmen jeweils im Einzelfall eine Abwägung der gegenseitigen Interessen vor. Auf der einen Seite steht das Interesse des Arbeitgebers, die von ihm finanzierte Zusatzqualifikation des Arbeitnehmers möglichst lange für seinen Betrieb nutzen zu können. Auf der anderen Seite steht das Interesse des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz ohne Belastung mit Kosten frei wählen zu können.

Bei dieser Abwägung messen die Gerichte insbesondere der Frage, ob und inwieweit der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt hat, besonderes Gewicht zu. Je größer der mit der Fortbildung verbundene berufliche Vorteil, sei es durch bessere Verdienstmöglichkeiten oder erweiterte Möglichkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt, desto eher ist dem Arbeitnehmer eine Kostenbeteiligung zuzumuten. Daher liegt es auch auf der Hand, dass die Kosten üblicher Einarbeitungsarbeiten oder einer Schulung, die nur von innerbetrieblichem Nutzen ist, niemals auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden können.

Fortbildungsdauer maßgebend

Um im Einzelfall den beruflichen Vorteil messen zu können, wird dabei in erster Linie auf die Dauer der Fortbildung abgestellt. Diese soll das tragende Indiz für die Qualität der erworbenen Qualifikation sein (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2002, Aktenzeichen 6 AZR/539/01).

Nicht zu berücksichtigen sind von vornherein Reise- und Hotelkosten sowie die Höhe des fortgezahlten Entgelts während der Dauer der Fortbildung, da diese Kosten keinen Rückschluss auf die Qualität der Ausbildung zulassen. Die vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten für die Fortbildungsmaßnahme selbst fließen in die Abwägung ein, allerdings nicht in dem Maße, in dem ein Arbeitgeber es sich wünschen würde. In dem zu entscheidenden Fall hatte das Bundesarbeitsgericht angenommen, Kosten in Höhe von umgerechnet ca. 3.800€ seien für ein mittelständisches Unternehmen zwar nicht unbedeutend, rechtfertigten aber keine längere Bindung des Arbeitnehmers als sechs Monate.

Es haben sich folgende Anhaltspunkte für eine zulässige Bindungsdauer nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme entwickelt, die aber nur eine Richtschnur darstellen und die jeweilige Betrachtung des Einzelfalles keineswegs ersetzen können:

  • Bei einer Fortbildungsdauer von einem Monat kann der Arbeitnehmer im Anschluss für ein halbes Jahr an den Betrieb gebunden werden,
  • bei einer zweimonatigen Fortbildung verlängert sich die Frist auf ein Jahr,
  • eine Fortbildungsdauer von drei bis vier Monaten rechtfertigt eine zweijährige Bindung,
  • bei einer sechs- bis zwölfmonatigen Fortbildung kann er für drei Jahre gebunden werden.

Hierbei wird stets unterstellt, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Fortbildung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt wird.

Die für Apothekenmitarbeiter angebotenen Seminare dauern in der Regel nur einige wenige Tage. Die Vereinbarung einer Rückzahlungspflicht kommt daher vor allem bei der Zusatzausbildung zur Kosmetikerin in Betracht, die von vielen PKAs angestrebt wird. Diese Ausbildung dauert in der Regel sechs bis zwölf Monate. Bei einem erfolgreichen Abschluss dieser Zusatzausbildung ist ohne Weiteres von einem geldwerten beruflichen Vorteil des Mitarbeiters auszugehen. Wie lange die zulässige Bindung des Mitarbeiters an den Betrieb sein darf, kann nur im Einzelfall beurteilt werden.

Es entsprach lange der herrschenden Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, dass eine zu lange Bindungsfrist auf das zulässige Maß gekürzt wird, die Vereinbarung aber im Übrigen wirksam blieb. Dies gilt seit einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14. Januar 2009, Aktenzeichen 3 AZR/07) nicht mehr: Werden Fortbildungsverträge einschließlich darin enthaltener Rückzahlungsklauseln vom Arbeitgeber vorformuliert und nicht mit dem Mitarbeiter im Einzelnen ausgehandelt, sind sie als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen und unterliegen damit einer besonders strengen Inhaltskontrolle. Eine unverhältnismäßig lange Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb lässt die Vereinbarung insgesamt unwirksam werden. Der Arbeitgeber kann daher die von ihm investierten Kosten selbst dann nicht zurückverlangen, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach Abschluss seiner Fortbildung zur Konkurrenz wechselt. Es ist daher ratsam, in Zweifelsfällen stets eine kür­zere Frist zu vereinbaren.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(01):9-9