Apothekenteam

Bunt oder einfarbig?


Ute Jürgens

Je nachdem, was die Apothekenleitung bevorzugt, findet sich in Apothekenteams bunte Vielfalt oder einstimmige Gleichgesinnte – das Miteinander pendelt sich letztlich entsprechend ein. Die Vor- und Nachteile des jeweiligen Systems zu kennen, ist bei Personalentscheidungen hilfreich.

Eigene Einstellung berücksichtigen

Alle in diesem Beitrag dargestellten Szenarien haben natürlich ihre jeweilige Sonnen- und Schattenseite. Bei der Überlegung, welche Variante die Leitung bevorzugt, steht auch die eigene Person im Fokus: „Wie bin ich selbst geartet? Sehr klar und strukturiert oder neige ich eher zu künstlerisch-kreativ-spontanem Verhalten? Sollen alle im Team so sein wie ich oder vielmehr das Gegenteil – also jeder anders?“

Ein Stellenangebot kann man schon entsprechend gewichten, im Einstellungsgespräch macht man sich dann ein genaueres Bild. Wilfried Braig und Roland Wille empfehlen dabei offene Fragen. Sie bekommen detaillierte Antworten und können die Auskünfte der verschiedenen Bewerber auf dieselbe Frage vergleichen. Ergiebige Fragen sind etwa „Wie würde Sie jemand beschreiben, der Sie gut kennt?“, „Welche Stärken und Schwächen würde er nennen?“ oder „Was stört Sie an anderen Menschen?“. Nicht jeder muss oder kann direkt antworten, trotzdem erfahren Sie mehr als bei einfachen Ja/Nein-Fragen.

Im Management schwingt das Pendel momentan sehr in Richtung „Diversity“ – Vielfalt bringt Stärke. Ein Team, das alt und jung, Menschen aus verschiedenen Ethnien und mit ganz un­terschiedlichen Persönlichkeiten vereint, zieht eine breite Kunden­schicht an und damit letztlich mehr Kunden. Jeder sucht sich das passende Gegenüber. Wir kennen das von Stammkunden: Sowohl diese als auch wir haben unsere „Lieblinge“. Im Laufe der nächsten Jahre hält der allgemeine Trend an, dass auch die Kunden älter und vielfältiger werden – es bietet sich also u.a. an, ältere Angestellte so lange wie möglich im Betrieb zu halten und allenfalls die Stundenzahl zu reduzieren. Werden gemischte Teams kompetent geführt, besteht ein höheres Innovationspotenzial, da Probleme und geplante Neuerungen aus verschiedenen Blickwinkeln ausgeleuchtet werden.

Kompetenzen-Vielfalt nutzen

Als Chef können Sie für die jeweiligen Aufgaben den richtigen, geeigneten Mitarbeiter aussuchen, mag es sich um einen Schaufensterwettbewerb, eine eigene Zeitschrift, Kundenvorträge oder ganz einfach um das Aktualisieren der Laborreagenzien oder das Aufräumen des Kellers, dessen Lagerraum jetzt für andere Zwecke gebraucht wird, handeln. Die Apotheke profitiert von einer großen Breite an Kompetenzen. Muss nur selten jemand Aufgaben erledigen, die absolut nicht zu ihm passen, entsteht weniger Stress, das gute Betriebsklima bleibt konstant. Fühlen sich die Mitarbeiter mit ihren gesamten Stärken geschätzt, bringen sie diese noch besser ein, als wenn nur wenige Eigenschaften für die Leitung zählen.

Eine weitere Möglichkeit, Verschiedenheit zu fördern, besteht in der Vielfalt der Vorbildung. Es gibt zahlreiche nicht pharmazeutische und nicht kaufmännische Tätigkeiten, die das Stammpersonal von seinem eigentlichen Aufgabengebiet abhalten. Für diese Arbeiten kann man studentische Hilfen, jobbende Jugendliche oder Rentner beschäftigen.

Kultureller und religiöser „Background“

Bei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen oder mit anderen Religionen legen Sie möglichst auch ein Augenmerk auf die „mitgeheirateten“ Einstellungen, Tabus, Sitten und Gebräuche. Sie bestimmen nicht nur das Verhalten im Team, sondern auch den Kunden gegenüber. Bei Missverständnissen oder auftauchender Kritik schauen Sie zuerst auf die Hintergründe und klären die Beteiligten entsprechend auf. Das beginnt bei Kleinigkeiten wie geräuschvollem Schlürfen von Getränken, was bei uns verpönt ist, und endet bei nicht erlaubten Zugeständnissen an betagte Kunden, denen man in manchen Ländern grundsätzlich nicht widerspricht bzw. nichts verweigert.

Die Autorin Ursula Wawrzinek betont die Wichtigkeit, andere in ihrem Anderssein zu respektieren und zu verstehen, also ihre Gedanken rein sachlich nachvollziehen zu können. Das heißt noch nicht, dass man damit einverstanden sein muss. Es besteht jedoch dann eine Basis, auf der man gemeinsam eine Lösung suchen kann.

Mitarbeiter, die durch Kollegen mit einen anderem Wertesystem ihren Horizont erweitern, gehen wiederum offen und positiv auf Kunden mit Migrationshintergrund zu. Diese fühlen sich in der Apotheke willkommen und kehren lieber wieder, als in unbekannte Apotheken zu gehen, in denen ihnen mög­licherweise Skepsis entgegenschlägt.

Doch wo sind die Grenzen der Vielfalt, bei wie viel Verschiedenheit kippt das System ins Negative? Eine Schwierigkeit ist z.B., dass es oft lange dauert, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Wenn jeder in seiner Art, abhängig von Alter, Temperament, kultureller Prägung etc., seine Wünsche durchsetzen möchte, kann dies zu endlosen Diskussionen führen. Häufig kommt es zudem zu Missverständnissen, wenn einige im Team immer klipp und klar kommunizieren und andere das als unhöflich empfinden, weil sie es von Haus aus gewohnt sind, erst einmal abzuwarten und ihre Meinung nur leicht anzudeuten. Letztere werden dann eher nicht gehört und haben das Gefühl, dass sie an die Wand gedrückt, nicht wertgeschätzt werden. Auch die Identifikation als Team kann bei zu hoher Diversität leiden, das Wir-Gefühl entsteht nicht automatisch, sondern langsamer oder gar nicht.

Die Diversität eines Teams sollte mindestens so groß sein wie die seiner Umwelt, in unserem Fall der Kundschaft. So wird ein Betrieb zukunftsfähig.

Welche Variante bevorzugen Sie – bunt oder einfarbig? Beide haben ihre Vorzüge. Wichtig ist, dass Sie Ihren eigenen Stil finden und ab und zu überprüfen, ob Sie etwas ändern wollen. Viel zu oft lassen wir uns von anderen oder dem „Zeitgeist“ beeinflussen. Eine Entscheidungs­hilfe bietet die Psychologin Maja Storch in ihrem Hörbuch. Sie stellt Fragen, die uns zu dem führen, was wir wirklich wollen, und zeigt, wie wir es anderen gegenüber vertreten.

Buch-Tipps

Wilfried Braig, Roland Wille: Mitarbeitergespräche. Gesprächsführung aus der Praxis für die Praxis. Humboldt. 2011. 19,95 €

Maja Storch: Machen Sie doch, was Sie wollen! Wie ein Strudelwurm den Weg zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt. Hörbuch. Huber. 2012. 19,95 €

Ursula Wawrzinek: Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten. Wie Sie Konflikte kreativ lösen. Klett-Cotta. 2013. 18,95 €

zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E‑Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de)

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(02):8-8