Lebensversicherungen

Die Police als zinsloses Gelddepot


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Weil deutsche Lebensversicherer kaum noch ihre Renditegarantien früherer Jahre erfüllen können, drängen sie auf eine weitere Absenkung des sog. Garantiezinses bei neu abgeschlossenen Policen. Manche Verträge sehen gleich gar keine Verzinsung mehr vor.

Garantiezins steht im Fokus

Heftige Diskussionen gibt es in schöner Regelmäßigkeit um die Höhe des sog. Garantiezinses, im Fachjargon auch als „Höchstrechnungszins“ bezeichnet. Traditionell gibt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) der Bundesregierung jedes Jahr eine Empfehlung ab, basierend auf den Renditesätzen von Bundesanleihen. Der jüngste Vorschlag lautet auf 1,25%, gültig für alle Verträge mit Abschlussdatum ab dem 1.1.2015. Lediglich dann, wenn die Zinsen im Jahresverlauf 2014 wieder steigen sollten, sei auch ein Satz von 1,5% vertretbar.

Schon jetzt nutzen Versicherungsvermittler die Pläne als Werbeargument, um den Absatz von Neuverträgen wieder einmal anzukurbeln. Nur ein Vertragsabschluss vor Änderung des Garantiezinses sichere die bisherigen Renditen. Dies trifft zwar grundsätzlich zu, hat doch eine Herabsetzung des Garantiezinses zum einen eine niedrigere Versicherungssumme zur Folge, zum anderen aber auch geringere Ablaufleistungen, wenn die Kapitalmarktzinsen sich nicht verändern und die Versicherer keine Überschüsse mehr erwirtschaften können.

Wesentlich geringer ist die Bedeutung aber im Fall einer „normalen“ Entwicklung der Kapitalmarktzinsen in Form regelmäßiger Schwankungen. Denn schließlich werden dann die höheren Erträge in Form von Überschüssen an die Kunden weitergegeben, sodass sich an der Gesamtrendite letztlich nicht viel ändert. Mehr noch: Je niedriger der garantierte Rechnungszins eines Vertrags, umso liberaler kann die Gesellschaft die Kundengelder investieren und somit – zumindest in der Theorie – sogar höhere Er­träge erwirtschaften.

Genau vor diesem Hintergrund bieten jetzt sogar einige Gesellschaften Lebensversicherungspolicen ganz ohne Garantiezins an. Versprochen wird lediglich die volle Rückzahlung des Kapitals plus eine nicht näher definierte Überschussbeteiligung. Dies kann durchaus interessant sein, wenn die Zinsen wieder steigen und es den Versicherungen gelingt, wieder angemessene Erträge zu erwirtschaften. Im ungünstigsten Fall erhält der Kunde jedoch nach 20, 30 oder mehr Jahren nur sein eingezahltes Kapital zurück – dessen Kaufkraft inflationsbedingt in dieser Zeit auf die Hälfte oder noch weniger geschrumpft ist.

Und selbst wenn clevere Vermittler jetzt darauf verweisen, dass manche Gesellschaften auch in der momentanen Niedrigzinsphase immer noch Gesamtrenditen von mehr als 3,5% erwirtschaften und sich daran nichts ändern werde, sollten Interessenten vorsichtig sein: Der genannte Zinssatz bezieht sich allein auf die Verzinsung des „Sparanteils“, also der Prämie abzüglich aller Kosten für Vertragsabschluss, Verwaltung und Todesfallrisiko. Real liegt die Rendite einer Police meist zwischen 0,75% und 2,0%.

Der Abschluss einer Kapitallebensversicherung sollte vor diesem Hintergrund genau überlegt werden. Zumindest derzeit ist es meist sinnvoller, die Absicherung der Familie oder von auf­genommenen Darlehen mit einer entsprechenden preiswerten Risikolebensversicherung ohne jede Kapitalrückzahlung vorzunehmen und das verfügbare Geld in rentableren und – vor allem – flexibleren Produkten anzulegen.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(04):14-14