Zahlungsverkehr

Elektronische Währung mit Fragezeichen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Ob für die Hüttenübernachtung in den Tiroler Bergen oder das Abendessen beim Vietnamesen – elektronisches Geld wird zunehmend akzeptiert. Doch es sind nicht Scheck- oder Kreditkartenzahlungen, sondern sogenannte Bitcoins, die aktuell für Schlagzeilen sorgen.

Anonyme Abwicklung

Hinter der Entwicklung steht nach Angaben ihres Erfinders, der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto auftritt, zum einen das schwindende Vertrauen in staatliche Währungen, zum anderen aber auch ein hohes Maß an – zumindest versprochener – Sicherheit und Anonymität. Zur Wertstabilität beitragen soll die strikte Begrenzung des Bitcoin-Umlaufs auf maximal 21 Mio. Einheiten, die erst im Jahr 2140 erreicht werden.

Das gesamte Verfahren ist dezentral ausgelegt, daher gibt es auch keine feste Ausgabestelle, bei der man Bitcoins kaufen kann. Vielmehr erfolgt der Erwerb über spezielle Internetbörsen, bei darauf spezialisierten Brokern, bei akzeptierenden Unternehmen oder – etwa in Schweden – auch schon an Geldautomaten. Der Preis richtet sich dabei nach Angebot und Nachfrage, kann also laufend schwanken.

Und genau hier liegt das große Problem: In den ersten Jahren kostete eine Bitcoin deutlich weniger als 10€, doch mittlerweile wurde das Produkt zu einem wahren Spielball der Spekulanten. 2013 kletterte der Kurs zeitweise auf nahezu 900€ je Bitcoin, aktuell liegt die Notierung im Bereich von 450€, wobei Tagesschwankungen von 10% und mehr durchaus üblich sind. Der Warenverkauf gegen Bitcoins ist damit erheblichen Risiken ausgesetzt, kann das vormittags eingenommene Geld nachmittags doch schon deutlich weniger wert sein. Im Übrigen muss man sich darüber im Klaren sein, dass derzeit rund die Hälfte aller Bitcoins von nur rund 1.000 Personen gehalten wird, weltweit aber mehr als eine Million Nutzer aktiv sein dürften. Die Insolvenz der Bitcoin-Börse Mt.Gox zeigt zudem, dass Sicherheit keineswegs gewährleistet ist. Vielmehr steht und fällt das System mit den darin involvierten Abwicklungsstellen.

Rechtlich werden Bitcoins in den einzelnen Ländern unterschiedlich betrachtet, wobei die Palette von einer recht freizügigen Handhabung (USA) bis zu einem strikten Verbot (China) reicht. In Deutschland sind Bitcoins rechtlich weder Geld noch elektronisches Geld, wohl aber ein Finanzinstrument im Sinne des Kreditwesengesetzes. Sie werden also als eine Art „privates Geld“ eingestuft mit der Folge, dass Gewinne aus dem Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft versteuert werden müssen. Erst nach einer Haltedauer von einem Jahr bleiben Erträge steuerfrei.

Vor diesem Hintergrund werden Bitcoins in Deutschland vorerst weiterhin keine nennenswerte Bedeutung erlangen. Mittelfristig wird sich jedoch jeder Geschäftsmann damit auseinandersetzen müssen, da auch andere Anbieter (z.B. Linden Lab mit dem Linden Dollar, Amazon mit Amazon Coins oder Facebook mit Facebook Credits) auf eigenes „Geld“ setzen wollen bzw. dieses bereits etabliert haben.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(06):16-16