Prof. Dr. Reinhard Herzog
Notenbanken fluten die Märkte
Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Inflationsrate ist die Geldpolitik der Notenbanken. Wird viel Geld in die Wirtschaft gepumpt, sind die Zinsen niedrig, die Konjunktur wird angekurbelt und die Arbeitslosigkeit sinkt. Die weitere Folge jedoch: Eine hohe Auslastung der Unternehmen und damit steigende Preise. Aber auch Rohstoffe verteuern sich aufgrund der großen Nachfrage. Vergleichsweise problemlos, ja sogar erwünscht ist ein solches Szenario, solange sich die Preissteigerungsrate innerhalb einer Bandbreite von bis zu 3,0% bewegt. Kritisch wird die Situation, wenn die Preise mehr als 5,0% pro Jahr steigen. Von einer Hyperinflation spricht man, wenn sich die Preise um mehr als 20,0% p.a. verteuern.
Für 2014 und die kommenden Jahre rechnen Experten mit einer weiterhin eher moderaten Entwicklung der offiziellen Inflationsrate, allerdings mit eher steigender Tendenz. Jedoch dürften die Notenbanken die Geldzügel in absehbarer Zeit etwas anziehen und auf diesem Weg dafür sorgen, dass das Verhältnis zwischen angebotenen Waren und verfügbarem Geld unverändert in geordneten Bahnen verläuft. Die „große Kunst“ ist es dabei, die Freigiebigkeit nur so weit einzuschränken, dass hierdurch die immer noch recht labile Konjunkturentwicklung nicht übermäßig eingebremst wird.
Dies bedeutet andererseits nicht, dass in allen Bereichen Preisstabilität herrscht. Überdurchschnittliche Steigerungen werden auch in diesem Jahr bei Lebensmitteln erwartet sowie im Dienstleistungssektor, etwa dem Baugewerbe. Selbst die „offizielle“ Inflationsrate dürfte 2014 wieder höher ausfallen als im Vorjahr.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus im Beruf und im täglichen Leben? Gerade aufgrund der Erwartung, dass die Dienstleistungspreise wieder stärker steigen dürften, sollten geplante Investitionen in der Apotheke nicht länger zurückgestellt werden. Vielmehr ist es, insbesondere auch vor dem Hintergrund niedriger Zinsen, durchaus anzuraten, entsprechende Maßnahmen jetzt in Angriff zu nehmen – vorausgesetzt, sie sind notwendig bzw. betriebswirtschaftlich sinnvoll. Vergleichbares gilt bei privaten Anschaffungen. Dass die Firmen die bisher noch gute Konjunktur weiterhin am Laufen halten wollen, zeigen die vielfach zu beobachtenden Nachlässe etwa in der Automobilbranche, die heute noch manches Schnäppchen ermöglichen.
Etwas anders sieht es im Bereich der Geldanlage aus. So wirkt sich die Geldentwertung negativ auf Anleihen, aber auch zahlreiche weitere Produkte wie Sparpläne oder Lebensversicherungspolicen aus. Ihr Zins wird durch die Inflationsrate zumindest aufgezehrt, oft ergibt sich netto eine negative Rendite. Das Zinsniveau wird zwar tendenziell steigen, allerdings werden die Notierungen umlaufender Papiere nachgeben. Insbesondere in der Anfangsphase einer inflationären Entwicklung erleiden Anleihefans also Verluste. Sinnvoll ist, abzuwarten und ggf. freie Gelder zwischenzuparken. Allerdings sollten Anleger die Entwicklung genau beobachten: Solange die Inflationsrate in einer moderaten Größenordnung bleibt, sind Anleiheinvestments immer noch rentabler als beispielsweise Tagesgelder.
Als typische Sachwerte profitieren Aktien von einer steigenden Geldentwertungsrate. Einziges Problem: Die Aktienkurse sind in den vergangenen Jahren bereits so stark gestiegen, dass die Luft nach oben immer dünner wird. Kritisch wird die Situation, wenn die steigenden Kosten von den Unternehmen nicht mehr an die Kunden weitergegeben werden können. Kommt es dann zu einem konjunkturellen Einbruch, betrifft dies gerade auch die Unternehmen.
Vergleichbares gilt für alle Rohstoffe, denn deren Preise steigen mindestens analog zur Inflationsrate. Dies trifft insbesondere auf Nahrungsmittel und täglich benötigte Metalle sowie Erdöl und Erdgas zu, aber auch auf Immobilien und andere Sachwerte. Eine Sonderstellung nehmen hingegen die Edelmetalle und speziell Gold und Silber ein. Hier dominiert die Spekulation, d.h. Preisveränderungen basieren weniger auf der Höhe der allgemeinen Inflation, sondern vielmehr auf den Erwartungen der Spekulanten. Solange mit steigenden Preisen gerechnet wird, z.B. aufgrund weltpolitischer Unsicherheiten, werden die Notierungen steigen, nach einem Stimmungsumschwung der Spekulanten werden sie deutlich fallen. Realwirtschaftliche Hintergründe spielen dabei nur eine eher untergeordnete Rolle.
Weniger als Inflationsschutz geeignet sind Sammlerprodukte mit eher ideellem Wert: In Phasen einer moderaten Inflationsrate werden sich ihre Preise eher nach dem Wechselspiel aus Angebot und Nachfrage ergeben. Solange ein Sammelgebiet beliebt ist, kommt es zu überdurchschnittlichen Steigerungen, gerät es ins Abseits, ist mit Preisrückgängen zu rechnen. Bei einer hohen Inflationsrate ist zwar auch bei Sammelstücken mit starken Preissteigerungen zu rechnen, allerdings interessieren sich „echte“ Geldanleger in dieser Phase eher für typischere Produkte wie etwa Nahrungsrohstoffe.
Erwartete Deflation bremst Konjunktur
Spricht man von Inflation, kommt das Thema allerdings schnell auch auf die gegenteilige Entwicklung: die allseits gefürchtete Deflation. Sollte sich die Geldentwertungsrate weiter zurückbilden und die Bevölkerung sogar mit sinkenden Preisen rechnen, ist höchste Vorsicht geboten. Denn schließlich lähmt die Erwartung einer Preisverbilligung jede Investition, das Geld wird gespart und die Konjunktur kommt zum Erliegen. Wie schwer es für eine Volkswirtschaft ist, sich aus einem solchen Szenario wieder zu befreien, beweist das Beispiel Japan, dessen Konjunktur nun schon seit über 20 Jahren aufgrund deflationärer Tendenzen nicht in Schwung kommen will.
Klarer Verlierer einer solchen Entwicklung sind die Rohstoffe. Die Nachfrage von spekulativer Seite schwindet, rechnet man doch mit fallenden Preisen. Gleichzeitig sinkt der Bedarf der Wirtschaft, die nur noch so viel kaufen wird, wie sie in absehbarer Zeit auch „veredeln“ bzw. weiterverkaufen kann. Während Gold und andere Edelmetalle ähnlich wie Immobilien immer billiger werden, stagnieren die Preise für Agrarrohstoffe. Denn schließlich besteht hier ein kontinuierlicher tatsächlicher Bedarf, zudem sind die Lagerbestände vergleichsweise gering. Dennoch lohnen sich Investments im gesamten Rohstoffbereich kaum.
Günstiger ist indes die Entwicklung von Anleihen und Kontenanlagen. Da die Kaufkraft steigt, lohnt sich selbst bei niedrigen Renditen das Sparen. Geben beispielsweise die Preise um 2,0% p.a. nach, bringt eine 2%ige Anleihe eine reale Rendite von stolzen 4,0%. Aktien wiederum können sich – das Beispiel Japan zeigt es – zu den Verlierern einer Deflation entwickeln. Dauert diese längere Zeit an, werden die Unternehmen weniger Gewinn erwirtschaften, sodass die Kurse nachgeben. Aber auch das Anlegerinteresse wird allenfalls mäßig sein, erwartet man doch stets noch günstigere Einstiegskurse.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(07):11-11