Prof. Dr. Reinhard Herzog
Vergleiche helfen sparen
Der nächste Schritt dient dem Beitragsvergleich. Zahlreiche Zeitschriften, u.a. Finanztest von der Stiftung Warentest, nehmen regelmäßig die wichtigsten Versicherungsarten unter die Lupe und bringen dabei umfangreiche Preis- und Leistungsübersichten. Auch im Internet bieten Versicherungsgesellschaften, Makler und freie Finanzdienstleister umfangreiches Rechenwerk an. Dabei kommt oft Überraschendes zutage: Bei gleichartigen Verträgen können die Preise um bis zu 400% (!) variieren. Allerdings gilt es, hier etwas zu differenzieren: Bei schadensgeneigten Verträgen, z.B. in der Kfz-Versicherung, kann der Vertragsabschluss bei einem Vertreter vor Ort günstig sein, der im Schadensfall schnelle und – zumindest in den meisten Fällen – kompetente Hilfe bietet. Hingegen erfordert z.B. eine Kapitallebensversicherung im Versicherungsverlauf praktisch keine Betreuung, sodass sie durchaus auch auf dem Postweg abgeschlossen werden kann.
Hierbei stellt sich die Frage nach der Vertragsbündelung: Bisher galt die Regel, dass es gerade im Schadensfall vorteilhaft ist, möglichst alle Versicherungsverträge bei derselben Gesellschaft abzuschließen. Die Drohung mit der Kündigung aller Verträge soll schon manche Gesellschaft dazu bewogen haben, bei der Schadensersatzleistung Kulanz walten zu lassen. Mittlerweile hat sich die Situation bei vielen Gesellschaften geändert: Die einzelnen Sparten sind oft in eigenen „Profitcentern“ organisiert, die allein nach einem möglichst hohen Ertrag streben. Ob bei einem anderen Profitcenter – sprich: in einer anderen Sparte – noch weitere Verträge bestehen, interessiert dabei allenfalls am Rande.
Welche Methoden bei „Ihrer“ Versicherung gelten, kann sicher der Vermittler – zumindest hinter vorgehaltener Hand – beantworten. Werden in der Kundenstatistik alle Beiträge addiert und den entstandenen Schadensfällen gegenübergestellt, kann eine Vertragsbündelung zumindest bei eher geringem Prämienunterschied sinnvoll sein. Wird jedoch jede Police für sich allein gerechnet, sollte man sich den günstigsten Anbieter heraussuchen.
In jedem Fall sollte auch nach möglichen Rabatten oder Sonderkonditionen gefragt werden. Nicht selten wird „hartnäckigen Kunden“ ein Spezialtarif angeboten, man einigt sich auf einen „Gruppenvertrag“ oder es wird ein Vertrag bei einer – billigeren – Tochtergesellschaft der Versicherung abgeschlossen. Auch hier liegen die Einsparmöglichkeiten im günstigsten Fall bei mehr als 30%. Vorteile lassen sich zudem erzielen, wenn betriebliche Versicherungen private Risiken mit abdecken, z.B. die Betriebshaftpflichtversicherung auch die private Haftpflichtabsicherung. Bei manchen Gesellschaften erhalten die Vermittler ferner Rabattgutscheine, die sie „treuen“ oder „wichtigen“ Kunden geben können und die bis zu 40% Beitragsersparnis vorsehen.
Vorsicht vor Komplettpaketen
Achten sollte man bei allen Angeboten aber auch auf die tatsächliche Vergleichbarkeit, d.h., der Versicherungsschutz muss identisch sein. Ohnehin sind manche angebotenen Zusatzbausteine nicht selten überteuert oder auch überflüssig. Dies gilt besonders für komplexe Pakete, wie sie z.B. in der Reiseversicherung mit den Bausteinen Reisegepäckversicherung, Reisekrankenversicherung, Reisehaftpflichtversicherung und Reiseunfallversicherung angeboten werden.
Prämien sparen kann man daneben durch die Optimierung des Versicherungsschutzes. So ist es in vielen Versicherungssparten möglich, eine Selbstbeteiligung pro Schadensfall zu vereinbaren. Mit der damit erzielbaren Beitragseinsparung lässt sich der Selbstbehalt oft schon in zwei bis drei Jahren „ansparen“. Achten sollte man aber darauf, dass die Selbstbeteiligung finanzierbar bleibt. Wer etwa in der privaten Krankenversicherung 3.000€ oder 5.000€ jährlichen Selbstbehalt vereinbart, bekommt zwar einen sehr preiswerten Versicherungsschutz, kann jedoch im Falle einer länger dauernden Krankheit in eine finanzielle Notlage geraten. Eine weitere Möglichkeit, bei den meisten Vertragsarten Beitrag zu sparen, ist die Vereinbarung einer jährlichen statt monatlichen Zahlungsweise.
Besonders unkompliziert ist es, wenn der Versicherungsantrag von einem Vermittler oder Makler ausgefüllt wird. Zu bedenken ist aber, dass dabei ggf. wichtige Fragen übersehen werden, etwa in Hinblick auf die Gesundheitsprüfung. Hier sollte man peinlich genau alle Details beantworten, selbst wenn sich dadurch der Versicherungsschutz verteuert. Denn die Versicherungsgesellschaft kann z.B. bei fehlerhafter Beantwortung der Gesundheitsfragen in der Kranken- oder Lebensversicherung alle Leistungen verweigern und den Vertrag fristlos kündigen.
Eine Versicherung dient in erster Linie dazu, im Schadensfall entsprechende Leistungen zu erbringen. Da die Gesellschaften angesichts des harten Wettbewerbs ihren Gewinn mittlerweile nicht mehr in höheren Beitragseinnahmen sehen, sondern in reduzierten Schadensersatzleistungen, kommt es immer wieder zu Problemen. Ein beliebter Anlass zur Zahlungsverweigerung ist die „Obliegenheitsverletzung“ des Versicherten: Werden Unfälle oder Schadensfälle nicht innerhalb der im Vertrag festgelegten Fristen gemeldet, macht der Versicherte – auch kleine – Fehler in seinem Schadensprotokoll oder verwickelt er sich gar in Ungereimtheiten, wird dies von der Assekuranz schnell mit einer Zahlungsverweigerung quittiert.
Bei jedem Schaden, möglicherweise aber bereits im Vorfeld, sollte man daher die Vertragsbedingungen und hier speziell die Rubrik „Verhalten im Schadensfall“ sorgfältig lesen. Diese Vorgaben sollten peinlich genau eingehalten werden, z.B. was die Meldung an die Versicherungsgesellschaft betrifft. Auch sollte man darauf achten, dass die Schadensmeldung in sich schlüssig ist. Grundregel dabei: Lieber weniger als zu viel sagen – aber bei der Wahrheit bleiben. Gerade bei größeren Schäden ist es mittlerweile fast immer sinnvoll, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Manche Versicherungen stehen in dem unrühmlichen Ruf, Schadenszahlungen generell hinauszuzögern, selbst wenn der Kunde eindeutig Anspruch darauf hat.
Versicherung und Kunde haben bei den meisten Vertragsarten im Übrigen die Möglichkeit, den Vertrag nach einem Schadensfall zu kündigen. Dies kann eine interessante Chance sein, sich z.B. aus einem überteuerten 5-Jahresvertrag zu lösen. Bei 1-Jahrespolicen lohnt sich die Kündigung jedoch oft nicht, da dann der Versicherungsgesellschaft gemäß den Vertragsbedingungen häufig die gesamte Jahresprämie zusteht.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(12):13-13