Steuer-Spartipp

Umsatzsteuererklärung: Auch Leistungsempfänger müssen Steuer anmelden


Helmut Lehr

Wer als Unternehmer Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, muss die entstehende Umsatzsteuer zeitnah beim Finanzamt anmelden und entrichten. Es gibt allerdings bestimmte Fälle, in denen Gewerbetreibende und somit auch Apothekenleiter als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für bezogene Leistungen anmelden und entrichten müssen. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt u.a. für inländische Unternehmer, die Werklieferungen oder sonstige Leistungen/Dienstleistungen eines im Ausland ansässigen Anbieters beziehen.

Beispiel: Apothekerin Leopold erwirbt von einem US-amerikanischen Unternehmen ein Antivirusprogramm, das sie direkt über dessen Website herunterlädt. Sie verwendet das Programm auf einem betrieblichen Computer.

Da Frau Leopold als Apothekenleiterin Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, muss sie diesen Vorgang – quasi als eigenen Umsatz – in ihrer laufenden Umsatzsteuervoranmeldung (Zeile 49, Kennziffer 52) deklarieren und Umsatzsteuer anmelden. Gleichzeitig ist Frau Leopold als Apothekenleiterin regelmäßigzum Vorsteuerabzug berechtigt und kann den Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer (Zeile 59, Kennziffer 67) geltend machen. Unter dem Strich verbleibt für sie insoweit keine Zahllast.

Abwandlung: Frau Leopold lädt das Antivirusprogramm auf einen privat genutzten PC.

Streng formal betrachtet schuldet Frau Leopold auch in diesem Fall die Umsatzsteuer für den Erwerb des Programms und muss diese in ihrer eigenen Umsatzsteuervoranmeldung deklarieren. Die Vorschriften zur Steuerschuldnerschaft gelten nämlich ganz allgemein für inländische Unternehmer, selbst wenn sie solche Leistungen für ihren nichtunternehmerischen/privaten Bereich beziehen. Frau Leopold muss nun aber beachten, dass sie den Steuerbetrag nicht zeitgleich als Vorsteuer geltend machen kann, da sie die Leistung nicht für ihre betriebliche Tätigkeit verwendet. Unter dem Strich verbleibt aus diesem Vorgang eine Zahllast gegenüber dem Finanzamt.

Hinweis: Ab dem 1.Januar 2015 ergeben sich zum Teil wesentliche Änderungen bei der Umsatzbesteuerung elektronisch erbrachter Dienstleistungen. Diese Änderungen beziehen sich jedoch in erster Linie auf elektronische Dienstleistungen, die Unternehmen an Privatpersonen erbringen. Für die oben dargestellten Beispiele ergeben sich deshalb auch ab 2015 keine anderen Lösungen. Generell ist zu beachten, dass die Verpflichtung zur Anmeldung der Umsatzsteuer auf von ausländischen Unternehmen bezogene Werklieferungen und Dienstleistungen für inländische Unternehmer bereits seit vielen Jahren gilt!

Vermehrt Bauleistungen betroffen

In den letzten Jahren kommt es – nicht nur im grenznahen Bereich – immer häufiger vor, dass einzelne Bauleistungen von ausländischen Unternehmen bezogen werden. Auch hier sind die Regeln der Steuerschuldnerschaft zu beachten.

Beispiel: Apotheker Lehmann lässt zwecks Kapitalanlage ein Mehrfamilienhaus errichten, das er fortan umsatzsteuerfrei zu Wohnzwecken vermieten möchte. Er rechnet mit Jahresmieten in Höhe von rund 40.000€. Einzelne kleinere Arbeiten im Wert von rund 4.000€ lässt er von einem ungarischen Unternehmer erledigen, der ihm dafür Rechnungen ohne Steuerausweis erteilt. Herr Lehmann geht davon aus, dass er als Leistungsempfänger dem Finanzamt keine Umsatzsteuer für die Bauarbeiten schuldet.

Obwohl Herr Lehmann mit dem Mietshaus später ausschließlich umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze erzielen wird und dafür keine Umsatzsteuer entrichten muss, schuldet er die Umsatzsteuer für die bezogenen Bauleistungen, weil er diese von einem im Ausland ansässigen Unternehmer erhalten hat. Da er umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze erzielen möchte, hat er insoweit kein Recht auf Vorsteuerabzug. Die Umsatzsteuer für die bezogenen Bauleistungen wird für ihn zu einer echten Belastung.

Hinweis: Für die Umsatzbesteuerung spielt es auch keine Rolle, dass Herr Lehmann wegen der „geringen Höhe“ der bezogenen Leistungen nicht verpflichtet ist, Bauabzugsteuer für den ungarischen Unternehmer einzubehalten – die Bauabzugsteuer ist nämlich eine rein einkommensteuerliche Thematik.

Abwandlung: Frau Lehmann lässt das Mehrfamilienhaus auf ihren Namen errichten und beauftragt auch die Handwerker entsprechend. Sie arbeitet ausschließlich im Anstellungsverhältnis und ist nach ihrem persönlichen Verständnis keine „Unternehmerin“.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht gilt Frau Lehmann dennoch als Unternehmerin, weil sie beabsichtigt, mit dem Mietshaus Umsätze zu erzielen. Daher schuldet auch sie die Umsatzsteuer aus den bezogenen Handwerkerleistungen gegenüber dem Finanzamt und hat keine Möglichkeit, diese als Vorsteuer geltend zu machen.

Kleinunternehmerregelung gilt hier nicht

Weil sog. Kleinunternehmer mit jährlichen Umsätzen von maximal 17.500€ keine Umsatzsteuer beim Finanzamt anmelden müssen, gelten die Regelungen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers grundsätzlich nicht für solche Leistungen, die Gewerbetreibende/Selbstständige von einem Kleinunternehmer beziehen. Diese Ausnahmeregelung hilft Ehepaar Lehmann im Beispiel allerdings nicht weiter, weil sie wiederum nicht für Leistungen ausländischer Unternehmer gilt, wie das Finanzgericht München aktuell bestätigt hat1).

Hinweis: Laut Urteilssachverhalt wurde lediglich über zwei kleinere Rechnungen von jeweils 1.800€ und Umsatzsteuern von 288€ für 2006 und 342€ für 2007 eines im Ausland ansässigen Unternehmers gestritten. Der inländische Bauherr musste die Steuer übernehmen. Das zeigt, dass die Finanzverwaltung solche Fälle nicht nur dann aufgreift, wenn es um relativ hohe Steuerbeträge geht.

1) Vgl. Urteil vom 5. Juni 2014, Aktenzeichen 2 K 1726/13.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(18):18-18