Mitarbeiterbefragung

Zufriedene Mitarbeiter – zufriedene Kunden


Karin Wahl

Gespürte Arbeitszufriedenheit, respektvoller Umgang miteinander, Freude an der Arbeit und positive Rückmeldungen – dies alles trägt dazu bei, dass man sich als Kunde in einem Geschäft willkommen fühlt. Als Apothekeninhaber kann man einiges hierfür tun.

Das Abfragen der Kundenzufriedenheit hat heutzutage fast überall in der Geschäftswelt Einzug gehalten, ob durch das Drücken des Buttons „Daumen hoch“ oder „Daumen runter“ im Internet, Mitschnitte bei telefonischer Beratung oder ganz konventionell in Papierform. Die Unternehmensführung erhält so ein Feedback, ob Handlungsbedarf besteht und wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Im Apothekenteam haben wir im Prinzip drei Ebenen von „Kunden-Dienstleister-Beziehungen“: Die erste Ebene ist die Ebene zwischen Chef und Team als Ganzes, die zweite Ebene ist die Beziehung zwischen Back- und Frontoffice und die dritte Ebene ist die Ebene zwischen dem ganzen Apothekenteam inklusive Chef und den Kunden. Alle drei Ebenen haben ihre Besonderheiten und sollten auch professionell und separat untersucht werden.

Es gibt das Sprichwort: „Der Fisch stinkt vom Kopf!“ Leider ist dieses Phänomen in vielen Organisationen anzutreffen, dabei aber besonders schwer anzugehen, da die Führungspersönlichkeit das Sagen hat und auch die finanzielle Verantwortung trägt. Doch kein Mitarbeiter ist gezwungen, an einem Arbeitsplatz auszuharren, an dem es ihm nicht gefällt. Entsprechend hoch ist dann oft auch die Fluktuation. Ein aufgeschlossener Chef, der sein Team schätzt, es auf Augenhöhe behandelt und erkennt, wie wertvoll gutes Personal für die Apotheke ist, wird alles tun, damit sich seine Mitarbeiter wohlfühlen.

Wer im Rahmen des QMS in das Thema einsteigen möchte, kann folgende Dramaturgie anwenden: zuerst eine neutrale, allgemeine Mitarbeiterbefragung und im zweiten Schritt dann gezielt geführte Mitarbeitergespräche.

Mitarbeiterbefragung

In jedem Team gibt es Menschen, die geradeheraus sagen, was sie denken, und andere, die zu scheu und unsicher sind, um etwas zu äußern, obwohl sie durchaus etwas zu sagen hätten. Deshalb sollte man den Weg der schriftlichen, anonymen Befragung wählen. Man lässt jeden Mitarbeiter maschinengeschrieben und somit anonym kommentieren,

  • was ihm gut gefällt,
  • was ihm weniger gut gefällt,
  • was ihn bei seiner Arbeit behindert,

was schiefgegangen ist – ohne Schuldzuweisung (Fehlerbuch QMS) –, wie man es hätte verhindern können und was man in Zukunft anders machen sollte,

  • wo Konfliktpotenziale sind,
  • wo noch Optimierungsbedarf besteht und
  • was einfach „nervt“.

Man kann diese beispielhaften Fragen auflisten, an die Wand pinnen und darunter einen geschlossenen Karton mit Einwurfschlitz aufstellen. Manche nennen die Boxen „Kummerkasten“, was ich aber zu negativ empfinde.

In einer Teambesprechung sollte der Chef das Ziel dieser Aktion erläutern. Es geht um Erkenntnisgewinn für alle, wie und wo man besser werden kann, und nicht darum, jemanden „in die Pfanne zu hauen“ oder anzuschwärzen. Daher sollte die Zettelbox von einer gemeinsam festgelegten Vertrauensperson geleert werden und nicht vom Chef selbst. Diese Vertrauensperson sortiert die Zettel nach Themen und fasst die Anregungen auf einem neuen Papier zusammen, das dann in der nächsten Betriebsbesprechung im Rahmen des QMS erörtert wird. Damit ist Folgendes erreicht:

  • Niemand muss sich outen,
  • Themen werden neutral vorgetragen und diskutiert,
  • Vorwürfe, die unglücklich formuliert waren, können so neutralisiert werden,
  • man kann Maßnahmen beschließen, wie man etwas in Zukunft anders handhabt.

Wichtig ist, dass dieses Papier von allen unterzeichnet und anschließend im QMS-Ordner abgelegt wird. So hat man mit der Zeit eine Sammlung an „Prozessen“ zur Teamführung sowie zum Umgang untereinander und mit den Kunden.

Plant man, ein neues Geschäftsfeld aufzumachen, kann die Befragung gezielt zu diesem Thema erfolgen. So erhält man eine Stoffsammlung mit vielen Anregungen. Diese kann anschließend von einer für diese Aktion bestimmten Person federführend bearbeitet werden.

Bei Teamsitzungen – die häufig leider ungenügend vorbereitet sind (keine Tagesordnung, kein zeitlicher Rahmen) – wird oft viel geredet und es kommt wenig dabei heraus. Um die Sitzung nach einem langen Arbeitstag nicht noch mehr in die Länge zu ziehen, sagen viele lieber nichts mehr und gehen dann frustriert und unzufrieden nach Hause. Das ist „verbrannte“ Zeit. Durch die angekündigten Umfragen in einem bestimmten Zeitrahmen hat man hingegen eine perfekte Vorbereitung der zu besprechenden Themen.

Auslöser für Mitarbeiterunzufriedenheit

Folgende Faktoren können die Arbeitnehmer unzufrieden werden lassen und bis zur inneren Kündigung führen:

  • unklare Aufgabenverteilung,
  • unklare Vertretungsregelungen,
  • keine Zeiterfassung, sodass die Fleißigen mehr arbeiten ohne Honorierung,
  • Bevorzugung einer Person durch den Chef,
  • zu wenig Lob und Anerkennung in Worten und Taten,
  • keine Verantwortung für einen Bereich,
  • schlechte Stimmung im Team durch intrigante Kollegen,
  • schlechte Honorierung bei hoher Verantwortung,
  • Mitarbeiter werden nicht entsprechend ihren Kenntnissen und Fähigkeiten eingesetzt,
  • Arbeitsverträge enthalten Kündigungsfristen zum Nachteil der Arbeitnehmer, was diese oft zu spät realisieren,
  • Fortbildungen werden nicht durchgeführt oder nicht bezahlt,
  • Probleme bei der Urlaubsabstimmung bei Mitarbeitern mit schulpflichtigen Kindern,
  • keine Arbeitseinsatzpläne zur Vermeidung unnötiger Überstunden,
  • die Arbeit darf nicht ungestört zu Ende gebracht werden (Rezeptur oder Labor), was zu Fehlern führen kann,
  • der Chef scheut sich davor, bei Unstimmigkeiten das Problem mit den Beteiligten ohne Emotionen sachlich anzugehen und zu lösen,
  • der Chef rügt einen Mitarbeiter vor den anderen (dies hat im Vieraugengespräch hinter verschlossener Türe zu erfolgen, und zwar zeitnah!).

Mitarbeiter haben das Recht auf Führung. Jeder Chef, der sich fair um seine Mitarbeiter kümmert, wird hohes Ansehen genießen und sehr viel dafür tun, dass das Betriebsklima gut ist und die Fluktuation gering! Das schließt aber auch den Mut ein, unangenehme Dinge wie Abmahnungen oder Kündigungen formgerecht und sachlich anzugehen und auszusprechen. Damit erreicht man beim Team Respekt. Denn ein „Schönwetter-Chef“ zu sein ist einfach, aber auch einmal ein „Krisenmanager“ zu sein, erzeugt Achtung und muss der Beliebtheit nicht schaden!

Hier noch ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte und wie man sich alle Chancen verbaut: Eine junge Kollegin übernahm von ihrem Vater die Apotheke. Sie kannte das Team und duzte sich mit allen. Die junge Kollegin besuchte eine Weiterbildung zur Apothekenbetriebswirtin, was man jedem empfehlen kann, der eine Existenz gründet. Sie ging mit Feuereifer an die Umsetzung des Gelernten, wozu auch die Mitarbeiterbefragung gehörte.

Da sie das Heft in der Hand behalten wollte, öffnete sie abends nach Geschäftsschluss die Zettelbox. Die Mitarbeiter hatten ehrlich und offen ihre Kommentare abgegeben, die zum Teil eben auch Kritik an ihrem Führungsstil beinhalteten. Sie war so wütend und enttäuscht, dass sie alle Zettel schredderte, die Box zerlegte, am nächsten Morgen alle „in den Senkel stellte“ und sich schmollend ins Büro zurückzog. Eine Riesenchance war vertan!

Wer Fragen stellt, muss auch so viel „Standing“ haben, Kritik auszuhalten und nicht persönlich beleidigt zu sein. Nobody is perfect! Wählen Sie den zwischengeschalteten Moderator als Vertrauensperson, und Sie werden ein wunderbares Führungsinstrument haben, das Sie nicht mehr missen wollen.

Denn Ihre Mitarbeiter kaufen Autos, mieten Wohnungen, schließen Verträge ab und gründen Familien. Im Privaten haben sie ein gesundes unternehmerisches Denken, laden Sie sie ein, das auch im Betrieb umzusetzen!

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Unternehmensberatung e.K., 70195 Stuttgart, E-Mail: karin.wahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(18):9-9