Strategie

Besser vor billiger


Andreas Kinzel

„Besser vor billiger“ als Leitbild kann einen erfolgreichen Wettbewerb unterstreichen. Besser steht dabei für Qualität, hat viele Facetten und ist für die Apotheke als Strategie eines Premiumanbieters gut geeignet. Doch „besser vor billiger“ meint nicht „besser statt billiger“.

Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt ein Sprichwort. So müssen sich Apotheken mit Drogerien, Supermärkten, Reformhäusern und anderen Apotheken messen. Je nach Standort ist der Wettbewerb besonders stark dann ausgeprägt, wenn die Nachfrage das Angebot deckt, in sogenannten gesättigten Märkten. Deshalb sollte sich die Apotheke nicht nur marketingaktiv positionieren, sondern auch grundsätzlich überlegen, wie sie sich dem Wettbewerb stellen möchte.

Prinzipiell kann sich ein Unternehmen sowohl über den Preis als auch über die Qualität positionieren. Dabei stellen sich die Fragen, welches Image man vertreten möchte, welche Möglichkeiten das soziale Umfeld dazu gibt und was die Apotheke selbst bieten kann. Erfolg versprechend ist, einem Leitbild „besser vor billiger“ zu folgen.

Für die Apotheke bietet dieses Leitbild die Chance, ihre Kernkompetenzen auszubauen, wobei ein ausgewähltes Sortiment, eine hohe Lieferfähigkeit und sehr gut qualifiziertes Personal in den Vordergrund rücken. Damit kann die Apotheke ihrem Anspruch als Premiumanbieter gerecht werden. Wichtig ist:

„Besser vor billiger“ bedeutet nicht „besser statt billiger“.

Alle Beteiligten im Handel müssen die Preiselastizität beachten, d.h. (vereinfacht gesagt) den Einfluss einer Preisänderung auf die Nachfrage. Letztlich stellt sich immer die Frage: „Welche Preise sind marktgerecht?“

Sicherlich spielen beim Einkauf immer Emotionen und Sympathien eine wichtige Rolle. Bei preisbewussten Kunden kann ein Niedrigpreis-Image zu hohen Kundenfrequenzen und Umsätzen führen. Jedoch hat diese Strategie auch Tücken. Da der Preis ein leicht vergleichbarer Indikator ist, wird es für die Apotheke schwierig, immer der günstigste Anbieter zu sein. Wenn sie es nicht bleiben kann und dies ins Bewusstsein der Kunden übergeht, stellt sich die Frage der Treue. Hier zählt also mehr das Image als der tatsächliche Preis.

Im Falle ständig wechselnder Sonderangebote ist zu überlegen, ob die Kunden renditestarke Produkte zusätzlich kaufen oder sich auf die Schnäppchen beschränken. Nehmen Kunden Preisvorteile nur mit oder kann man mit Sonderangeboten neue Kunden und zusätzliche Umsätze gewinnen? Ebenso ist zu überlegen, wie viel mehr man verkaufen muss, damit sich die Preisdifferenz ausgleicht.

Besser als über den Preis kann sich die Apotheke über die Qualität von den Wettbewerbern abheben. Dieser Aspekt ist breit gefächert und umfasst das ganze Spektrum des Handelsmarketings, beispielsweise das Nutzen von Standortvorteilen, ein optimiertes Warenlager mit entsprechender Sortimentsauswahl und auch ein hoch qualifiziertes Personal.

Optimieren hilft Kosten sparen

Insbesondere die Apotheke kann die Logistik (das richtige Produkt, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, in der richtigen Qualität) zur Qualitätsführerschaft nutzen, da sie einen beschränkten Kundenkreis hat und sich so individuell darauf einzustellen vermag. Sicherlich verursachen ein großes Warenlager, eine häufige Lieferfrequenz des Großhandels sowie gut geschultes und tatkräftiges Personal Kosten. Jedoch können fähige und motivierte Mitarbeiter durch entsprechend effizientes Arbeiten auch Kosten sparen. Eine am Kundenkreis ausgerichtete begrenzte Auswahl an Artikeln reduziert Lagerkosten und Bestellvorgänge beim Großhandel mit dazugehörigen Retouren. Ein optimiertes Verhältnis von Lieferfrequenz und Lagergröße spart ebenfalls Kosten.

Eine Möglichkeit, sich durch Qualität zu unterscheiden, ist – obwohl die Apotheke zwar prinzipiell allen potenziellen Kunden gerecht werden kann – bewusst Schwerpunkte im Sortiment, in Fortbildungen und im gesamten Auftreten zu setzen. Daher ist eine Expansion „um jeden Preis“ fraglich. So ist es schwierig, mit hoher Qualität und effizienter Logistik einem großen Kundenkreis gerecht zu werden. Wichtiger ist eine Konzentration auf spezielle Zielgruppen. Wird beispielsweise ein von Senioren geprägter Stadtteil zunehmend durch zuziehende junge Familien geprägt, können Trinkfläschchen, Schnuller und Heilnahrung das Sortiment optimal abrunden.

Oft bieten Qualitätsprodukte einen höheren Umsatz. Da aber nicht der Umsatz entscheidend ist, sondern der Gewinn, sollte man sich auf renditestarke Artikel konzentrieren, ohne die Qualität zu vernachlässigen. Dabei können jedoch ein aufwendiges Bestellverfahren, lange Beratungs- und Überzeugungsgespräche sowie einzelne Restposten hohe Margen schnell aufzehren. So zählt nicht nur der absolute Stücknutzen, sondern auch der quantitative Umsatz. Ebenso hilft ein renditestarkes Produkt dem Gewinn nur, wenn es tatsächlich verkauft ist. Ladenhüter tragen weder zur Positionierung der Apotheke als Qualitätsführer bei noch bewirken sie, dass der Markt optimal bedient wird. Zu viel Angebot verwirrt den Kunden oft nur.

Sicherlich müssen Apotheken ein weites Feld von Bedürfnissen abdecken. Dennoch kann die Apotheke einzelne Geschäftsbereiche durchaus weglassen, ohne an Qualität zu verlieren. Im Gegenteil schätzen es Kunden meist mehr, wenn sich die Apotheke auf bestimmte Kernkompetenzen konzentriert. Erklärt beispielsweise der Apotheker oder die PTA stotternd die Funktion einer Milchpumpe, ohne selber zu wissen, wie sie funktioniert, bleibt die Qualität als Wettbewerbsvorteil auf der Strecke.

Unabhängig von einer grundsätzlichen Strategie sind es gerade die Kleinigkeiten, die den Unterschied zum Mitbewerber unterstreichen. Neben einer angenehmen Einkaufsatmosphäre spielt die Erfüllung ganz pragmatischer Bedürfnisse eine wichtige Rolle. Werden Kundenzeitschriften aktiv angeboten? Wird Wasser zur Medikamenteneinnahme offeriert? Sind die Tüten blickdicht? Dabei macht oft nicht der „große Zauber“ oder ein kaum einzuhaltendes Werbeversprechen den Unterschied, sondern die kleinen Aufmerksamkeiten. Doch auch diese Art der Qualität kostet Zeit und Geld.

Zwei Preissegmente anbieten

Möchte die Apotheke ihre Qualität betonen, jedoch nicht auf preisaktive Aktionen verzichten, eignen sich vor allem zwei Strategien. Die eine ist, zwei Preissegmente anzubieten. So wird primär auf Qualität und starke Marken gesetzt, jedoch als Alternative Artikel ohne Zusatznutzen bzw. entsprechende Generika angeboten. Wichtig bei dieser Strategie ist, Vorteile und Zusatznutzen zu betonen, damit man den Preisunterschied dem Kunden verdeutlichen kann. Bei Nachfrage bietet man dann auch preisgünstigere Artikel an, die inhaltlich und räumlich klar getrennt sein müssen.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Apotheke Einkaufsvorteile bei bestimmten Sortimentsteilen an die Kunden weitergibt. Setzt die Apotheke Schwerpunkte beispielsweise im Kosmetiksortiment, kann durch ein kleineres Gesamtsortiment mehr Umsatz und damit ein günstiger Direkteinkauf erreicht werden. Im Nebeneffekt reduzieren sich durch die Sortimentskonzentration auch die Kosten für Organisation und Einkauf.

Wie bereits oben erwähnt, bedeutet „besser vor billiger“ nicht „besser statt billiger“. Grundsätzlich lassen sich Wettbewerbsvorteile durch Qualität, Preis oder Schwerpunkte ausspielen. Da die Apotheke durch Struktur und Sortiment prinizpiell im Premiumbereich zu Hause ist, bietet sich an, auf Qualität zu setzen, auch in einzelnen Bereichen. Es ist falsch zu denken, der Preis bliebe dabei außen vor. Entscheidend ist immer, dass die Apotheke ein für die Kunden positives Preis-/Leistungsverhältnis mit fairen Preisen anbietet. Dazu kann die Apotheke preisaktiv in einzelnen Bereichen oder mit alternativen Sortimentslinien agieren.

Wie auch immer man die Qualität unter Beweis stellen möchte – man sollte eine Strategie mit Leitmotiven entwickeln und diese konsequent verfolgen. Möchte man sich stets neu erfinden, wird man vermutlich nicht nur daran scheitern, sondern auch an den Kunden.

„Besser vor billiger“ ist somit eine überlegenswerte Philosophie zur Prioritätensetzung für

„Qualität vor Preis“, aber auch für

„Qualität vor Durchschnitt“.

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E‑Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(20):8-8