Helmut Lehr
Das Unangenehme gleich vorweg: Wer seine steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit nicht allzu ernst genommen hat und jetzt mit dem Gedanken spielt, mittels Selbstanzeige reinen Tisch zu machen, muss/sollte sich beeilen. Der Gesetzgeber wird nämlich aller Voraussicht nach noch vor dem Jahresende die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige verschärfen. Ein Entwurf des „Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ sieht aktuell u.a. vor, dass die Schwelle für Strafzuschläge von bisher 50.000€ pro Steuerart und Veranlagungszeitraum auf 25.000€ reduziert wird. Gleichzeitig soll eine Anhebung des Zuschlagsatzes von 5% auf 10% der hinterzogenen Steuer erfolgen, ab 100.000€ bis 1 Mio.€ hinterzogener Steuer soll der Zuschlag sogar 15% betragen.
Hinweis: Außerdem wird die strafbefreiende Selbstanzeige künftig nicht mehr möglich sein, wenn bereits ein Prüfer des Finanzamtes zu einer Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau erschienen ist.
Grundlagen einer gezielten Steuerplanung
Seriöse bzw. gezielte Steuerplanungen müssen immer auf einer aktuellen Bestandsaufnahme basieren. Die Steuerlast kann nämlich nur dann nutzbringend gesenkt werden, wenn sie der Höhe nach zumindest ungefähr bekannt ist. Deshalb sollte zunächst eine vorläufige Ergebnisermittlung für 2014 durchgeführt werden – basierend auf den tatsächlichen Zahlen der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. BWA für die Monate Januar bis Oktober/ggf. November 2014. Die ausstehenden Ergebnisverläufe für November/Dezember sind durch Hochrechnung zu ergänzen.
Hinweis: Eine aussagekräftige Steuerplanung enthält neben dem laufenden Ergebnis auch voraussichtliche Abschreibungen, die Sachkosten einschließlich Zinsaufwendungen für Kreditfinanzierungen, Leasingraten etc. sowie Personalkosten. Dabei sollten vorausschauend auch Urlaubs- und Weihnachtsgelder berücksichtigt werden.
Investitionen vorziehen
Wer für das kommende Jahr mit einem schlechteren Ergebnis rechnet bzw. das Ergebnis für 2014 „drücken“ möchte, kann dies natürlich mit (vorgezogenen) Betriebsausgaben erreichen. Soll heißen: Für das Jahr 2015 ohnehin geplante Anschaffungen sind darauf zu prüfen, ob sie noch im laufenden Jahr vollzogen werden können. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass sich ein Betriebsausgabenabzug für im Dezember erworbene Wirtschaftsgüter regelmäßig nur in Höhe der Abschreibung (1/12 der Anschaffungskosten) erreichen lässt.
Anders sieht es bei sog. geringwertigen Wirtschaftsgütern aus: Diese können im Jahr der Anschaffung/Herstellung in voller Höhe abgeschrieben werden (Sofortabschreibung), sofern ihre Anschaffungskosten maximal 410€ (netto) betragen. Als solche gelten abnutzbare bewegliche Anlagegegenstände, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind (z.B. Tischrechner, Bürostuhl, Schreibtischlampe, Aktenregal, Defekturwaage, Labor-Wasserbad).
Betragen die Anschaffungs-/Herstellungskosten für geringwertige Wirtschaftsgüter mehr als 150€ und maximal 1.000€, ist statt der regulären Abschrei- bung auch eine 20%-ige „Poolabschreibung“ (steuerwirksame Auflösung über fünf Jahre) möglich.
Hinweis: Vorgezogene Ausgaben können auch im privaten Bereich zu Steuerersparnissen führen. So sollte rechtzeitig vor dem Jahresende geprüft werden, ob im Laufe des Jahres bereits nennenswerte Krankheitskosten selbst getragen wurden, die dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Eine tatsächliche Steuerminderung ergibt sich nämlich nur, wenn die zumutbare Belastungsgrenze überschritten wird. Ist dies (bald) der Fall, könnte z.B. eine ohnehin anstehende neue Brille noch im alten Jahr erworben werden. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob der Höchstbetrag der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen (6.000€, wobei hier nur der Arbeitslohnanteil zählt!) schon ausgeschöpft wurde. Falls nicht, könnte sich ein Vorziehen von bereits geplanten Renovierungs- bzw. Reparaturarbeiten lohnen.
Investitionsabzugsbetrag bilden
Selbst im Vorfeld einer Investition lassen sich bereits Steuern sparen – durch die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags (frühere Bezeichnung: Ansparabschreibung). Dieser ermöglicht kleineren Betrieben und damit auch vielen Apothekeninhabern, bis zu 40% der voraussichtli- chen Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, das in den folgenden drei Jahren angeschafft/hergestellt werden soll, vorab steuermindernd geltend zu machen (vgl. hierzu ausführlich AWA-Ausgabe Nr. 3 vom 1.Februar 2014, Seite 18 und 19).
Hinweis: Der Abzugsbetrag kann nur beansprucht werden, wenn der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, ein steuerliches Betriebsvermögen von nicht mehr als 235.000€ ausweist. Wer also eine vorzeitige Steuerminderung durch Investitionsabzugsbeträge plant, muss sich rechtzeitig mit seiner „Betriebsvermögensgrenze“ beschäftigen und diese ggf. entsprechend „steuern“. Geeignete Maßnahmen hierzu sollten aber unbedingt vorab mit dem Steuerberater erörtert werden.
Kurzfristig Liquidität freisetzen
Verläuft das laufende Geschäftsjahr nicht wunschgemäß, wird womöglich zusätzliche Liquidität benötigt. Diese lässt sich gegebenenfalls durch kurzfristige Herabsetzung der ausstehenden Einkommensteuervorauszahlung für das IV. Quartal (Fälligkeit: 10.Dezember) erreichen. Um unnötige Rückfragen zu vermeiden, sollte dem Antrag direkt eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) bzw. eine gesonderte Ergebnisrechnung beigefügt werden.
Verluste beim Kapitalvermögen: Stichtag 15.Dezember!
Im Rahmen der Abgeltungsbesteuerung ist eine bankenübergreifende Verlustverrechnung (bei mehreren Depots) grundsätzlich nicht möglich; dies kann nur im Rahmen der persönli- chen Einkommensteuerveranlagung und nur auf Antrag geschehen. Das Finanzamt benötigt für die Bearbeitung solcher Fälle zwingend eine Verlustbescheinigung der Bank, die für das laufende Jahr bis zum 15.Dezember beantragt werden muss.
Hinweis: Wer den Antrag nicht beziehungsweise erst zu spät stellt, muss zunächst auf eine Verlustverrechnung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung verzichten. Die Bank lässt die Verluste dann bis auf Weiteres im sogenannten Verrechnungstopf. Genutzt werden könnten sie dann erst, wenn sich bei derselben Bank in der Folgezeit „Gewinne“ ergeben.
Kurzer Ausblick: Taxischein-Trick vor dem Aus
Wer studierende Kinder hat, kennt ihn vielleicht: den Taxischein-Trick. Da die Kosten für ein Erststudium als Erstausbildung nur begrenzt als Sonderausgaben mit maximal 6.000€/Jahr abzugsfähig sind, liegt es nahe, vor Aufnahme eines kostenintensiven Erststudiums eine „kurze Erst- ausbildung“ (z.B. zum Taxifahrer oder Skilehrer) zu absolvieren, sodass die hohen Studienkosten danach als vorweggenommene Werbungskosten (Zweitausbildung!) abzugsfähig sind.
Nach der jüngeren Rechtsprechung könnte diese besonders pfiffige Gestaltung unter bestimmten Voraussetzungen durchaus anerkannt werden – zumindest von den Gerichten (vgl. AWA-Ausgabe Nr. 24 vom 15.Dezember 2013, Seite 17).
Hinweis: Um solch stark verkürzten „Erstausbildungen“ entgegenzuwirken, plant der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem kommenden Jahr, die Erstausbildung im Sinne des Steuerrechts genauer zu definieren. Es soll u.a. geregelt werden, dass eine Erstausbildung einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten (in Vollzeit!) umfassen muss.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(21):12-12