Prof. Dr. Reinhard Herzog
Mit Spannung werden jeden Herbst die Preisspiegel für Gewerbe- und Büromieten des Immobilienverbands Deutschland (IVD) erwartet: Zum einen bieten sie interessante Vergleichsmöglichkeiten für den eigenen Standort, zum anderen lassen die Veränderungen wertvolle Rückschlüsse auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland zu.
In der Gewerbe- und Büromietenanalyse 2014/15 setzt sich ein Trend der Vorjahre fort: Die Schere bei den Einzelhandelsmieten in Deutschland geht weiter auseinander. Während sich Metropolen und größere Städte über steigende Mieten und zunehmendes Interesse auch internationaler Einzelhändler freuen, zählen Städte mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern und Kleinstädte unter 30.000 Einwohnern zu den Verlierern. Bei Letzteren gingen die Mieten in den Geschäftskernen um knapp 0,44% zurück. In Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern stiegen die Mieten in den 1A-Flächen der Geschäftskerne hingegen um 1,17%, in Städten zwischen 100.000 und 200.000 Einwohnern sogar um fast 4%. Jürgen Michael Schick, der Vizepräsident des Immobilienverbands, sieht den Grund für diese Entwicklung insbesondere in der Arbeitsmarktlage: „Die größte Dynamik findet dort statt, wo Jobs entstehen beziehungsweise eine gute Arbeitsmarktsituation vorherrscht.“
Die höchsten Einzelhandelsmieten werden nach wie vor mit 320€ pro Quadratmeter in München gezahlt, es folgt mit deutlichem Abstand Frankfurt am Main mit 190€ pro Quadratmeter. An dritter Stelle liegt bereits Münster mit 160€ pro Quadratmeter noch vor den Rhein-Metropolen Düsseldorf und Köln mit 140€ bzw. 130€ pro Quadratmeter.
1A weiterhin gefragt
Erhebliche Unterschiede zeigen sich auch zwischen den Ladenmieten in 1A- und 1B-Lagen der deutschen Großstädte, ausgelöst durch die von Anbietern von Luxusmarken aus dem In- und Ausland für Flächen in den Top 1A-Lagen bewilligten Preise. Nach IVD-Angaben setzen die Unternehmen dabei auf ein nachweislich starkes Marktumfeld, in dem die Umsätze als „sicher“ angesehen werden. Hierfür werden von den gut aufgestellten Einzelhändlern dann auch hohe bis sehr hohe Mieten in Kauf genommen.
In B- und C-Städten sind bei den Ladenmieten allerdings ebenfalls deutliche Anstiege zu verzeichnen. In C-Städten (100.000 bis 200.000 Einwohner) legten sowohl Mieten in 1A- als auch 1B-Lagen jeweils um mehr als 3% zu. In Städten mit 200.000 bis 300.000 Einwohnern nahmen insbesondere die Mieten in 1B-Lagen zu. Dies begründet der Maklerverband mit möglichen Ausweicheffekten: Händler, die aus Toplagen verdrängt werden, weichen in b-Lagen aus. Für internationale Einzelhändler spielt zudem eine Rolle, dass Deutschland aufgrund seiner föderalen Struktur über eine Vielzahl von interessanten Investitionsstandorten abseits der großen Zentren verfügt. Die Tendenz, sich auch dort niederzulassen, spiegelt sich in den Mietpreisen wider. So legten die Ladenmieten in den 1A-Lagen (Geschäftskern) in Städten mit 200.000 bis 300.000 Einwohnern um rund 0,9% zu. In 1B-Lagen konnten Anstiege von 3,7% verzeichnet werden.
Insgesamt stehen aber vornehmlich die Metropolen im Mittelpunkt der internationalen Einzelhändler. Nach den amerikanischen gewinnen seit einigen Jahren vor allem europäische Konzerne immer mehr an Bedeutung auf dem deutschen Einzelhandelsmarkt. Speziell Markenhersteller aus dem Premium- und Luxusbereich sind zunehmend unter den Neueintritten am deutschen Markt zu verzeichnen – mit der Folge, dass sich die Mieten aktuell fast überall nach oben bewegen und die Preise in den Toplagen zum Teil sogar extrem stark anziehen.
Bei der Entwicklung der Mieten in Nebenkernlagen ist hingegen keine einheitliche Tendenz zu beobachten. Deutlich wird jedoch: Ein starkes Wachstum verzeichnen die Nebenlagen in den deutschen Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern. So wiesen Nebenlagen in Hamburg mit 11% noch das niedrigste Mietpreiswachstum auf. Das höchste Mietpreiswachstum konnten Nebenlagen in der Berliner City West mit einem Plus von 23% verbuchen. Hier spielt auch die starke Nachfrage von Mietern, die aus den Toplagen verdrängt werden, eine Rolle. Als Beispiel nennt der IVD den teuren Berliner Kurfürstendamm, wo Mieter durchaus auch bereit sind, in die bislang vom Einzelhandel kaum beachteten Seitenstraßen abzuwandern. Solche Stadtteillagen zählen zu den Gewinnern des zurückliegenden Vermietungsjahres.
Der demografische Wandel und die Abwanderung der Bevölkerung in die Metropolen sowie der Onlinehandel sorgen dafür, dass die Einzelhandelsmieten in den Klein- und Mittelstädten (weniger als 30.000 bzw. weniger als 100.000 Einwohner) weiter sinken. Dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zufolge sind mehr als 30% der Städte mit weniger als 100.000 Einwohnern von Schrumpfungsprozessen betroffen. Zudem ersetzt der E-Commerce gerade in ländlichen Gegenden zunehmend den Einzelhandel. Ausnahmen sind nach IVD-Angaben lediglich Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Drogerieprodukte; hier bleiben Nahversorger gefragt.
Steigende Büromieten
Am Büroimmobilienmarkt wirkt sich die gute wirtschaftliche Gesamtentwicklung in Deutschland weiter positiv auf die Preise aus. Die Mieten auf dem Büromarkt stiegen dabei in den meisten Lagen leicht an. Mit einem Wachstum von 3,7% verzeichnen insbesondere Großstädte mit mehr als 300.000 Einwohnern bei Büroflächen in einfacher Lage und Ausstattung eine hohe Nachfrage. Hierfür macht der IVD Nachholeffekte geltend, die bereits bei Büroflächen mit gutem Nutzungswert zu beobachten waren. In Städten zwischen 200.000 und 300.000 Einwohnern stiegen insbesondere die Mieten von Büroflächen mit gutem Nutzungswert mit 5% stark an. In den kleinen Städten unter 30.000 Einwohnern waren die Büroflächenmieten dagegen in allen Segmenten leicht rückläufig.
Mit einer Schwerpunktmiete von 30,50€ pro Quadratmeter liegt München bei den Büromieten mit gutem Nutzungswert weiterhin auf dem ersten Platz. Düsseldorf und Frankfurt folgen mit 21,50€ beziehungsweise 18,50€ pro Quadratmeter. Berlin liegt mit 13,80€ pro Quadratmeter knapp über dem allgemeinen Durchschnitt von 13,10€ pro Quadratmeter. Auch in den B-Städten (200.000 bis 300.000 Einwohner) zogen die Büromieten zuletzt nach, wobei die Steigerung an einem im Vergleich mit den A-Städten niedrigeren Niveau ansetzt. Bei Büroflächen mit gutem Nutzungswert stiegen die Mieten in B-Städten von 8,55€ pro Quadratmeter auf 8,93€ pro Quadratmeter. Bei Flächen mit mittlerem Nutzungswert legten die Mieten von 6,57€ pro Quadratmeter auf 6,67€ pro Quadratmeter zu. Bei Flächen einfachen Nutzungswertes gab es wie im Jahr zuvor keine Veränderung.
Eine der wichtigsten Beobachtungen des Maklerverbands ist, dass die Dynamik der Büroimmobilienmärkte abnimmt, je kleiner die Stadt ist. Insbesondere in Kleinstädten mit weniger als 30.000 Einwohnern sinken und stagnieren die Büroflächenmieten, was auch auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist, denn neben der Bevölkerung geht diesen Städten meist auch die Wirtschaftskraft verloren.
Umgekehrt profitieren mittelgroße Städte und Großstädte, darunter insbesondere Studentenstädte, von der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. In Städten wie Regensburg, Erlangen und Heidelberg, aber auch in Potsdam und Darmstadt lag der Bevölkerungszuwachs zuletzt zwischen 1,8% und 2,0%. Zum Vergleich: In Berlin wuchs die Bevölkerung um 1,5%, in München um 1,7%. Ein solches Wachstum schlägt sich entsprechend in der wirtschaftlichen Entwicklung und damit auch in jener der Büromärkte nieder.
Die Kehrseite der Medaille sind die Leerstandsraten. So wurde im Berichtszeitraum in Frankfurt mit 12,2% der höchste Leerstand der deutschen A-Städte verzeichnet. Dies ist allerdings ein Rückgang von 1,1%-Punkten im Vorjahresvergleich, was beispielhaft ist, denn tendenziell sinkt in allen Städten und Lagen der Leerstand. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass die Zahl der spekulativen Neubauten gering gehalten wird und leerstehende Büros zunehmend in Wohnraum umgewandelt werden. Dadurch ergibt sich nach IVD-Angaben eine „Gesundung des Marktes“, wenngleich sich der Leerstand aufgrund des teils strukturellen Umfelds nicht ganz vermeiden lässt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(21):16-16