Dr. Christine Ahlheim
AWA: Inwieweit halten Sie die immer wieder aufbrandende Diskussion um den Apotheker als Heilberufler oder Kaufmann für nützlich für den Berufsstand?
Kaapke: Die Diskussion halte ich für überflüssig, weil die Thematik an sich völlig klar ist. Ein Apotheker, der auch in einer Apotheke arbeitet, hat eine heilberufliche Funktion. Diese ist in keinster Weise wegzudiskutieren, zumal durch die neue Apothekenbetriebsordnung, aber auch durch das Perspektivpapier der ABDA die Rolle des Apothekers nochmals gut umrissen wurde. Da ein Apotheker als freier Beruf fungiert, wird seine gesellschaftliche Verantwortung in besonderer Weise hervorgehoben. Ohne diese heilberufliche Kompetenz würden wir keinen Apotheker benötigen.
Wer aber auf der anderen Seite jeden Morgen sein Geschäft aufschließt und abends das Geschäft wieder abschließt, also ein Unternehmen leitet, nimmt eine kaufmännische Funktion wahr. Im Übrigen auch, weil er vom Großhandel und ggf. von Herstellern direkt beliefert wird, mit Krankenkassen abrechnet usw. und damit kaufmännisch handelt und verlässlicher Partner sein muss, der den Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns unterliegt.
Und deshalb glaube ich, ist es müßig, diesen angeblichen Spagat immer wieder zu bemühen. Jeder andere Beruf hat ähnliche Spannungsfelder, bei keinem höre ich auch nur ansatzweise vergleichbare Diskussionen. Der Apotheker ist beides, ob er will oder nicht, und Unterschiede in der Gewichtung zwischen den beiden Funktionen ergeben sich in Abhängigkeit vom Standort und den dortigen Kunden, von der Wettbewerbssituation und natürlich auch von den persönlichen Präferenzen des Inhabers.
AWA: Welche finanziellen Erwartungen an die Politik können Ihrer Einschätzung nach die Apotheker in dieser Legislaturperiode noch haben?
Kaapke: 2015 muss über eine neuerliche Anpassung der Honorierung gesprochen werden. Eigentlich wäre dies schon 2014 für 2015 ff. angesagt gewesen. Das GMG 2004 muss und darf so interpretiert werden, dass alle zwei Jahre über eine Anpassung verhandelt wird. Ich habe diese Formulierung mit Bedacht gewählt, weil dies ebenfalls bedeutet, dass als Ergebnis auch eine Nullrunde herauskommen kann, wenn keine Rechtfertigungen für eine Erhöhung vorgebracht werden könnten.
Bezogen auf 2004 bis 2012 hätte die Anpassung bei etwas über 9,00€ liegen müssen, sodass in den nächsten Runden jeweils etwas größere „Happen“ verhandelt werden müssen, damit die Apotheker in absehbarer Zeit bei einem adäquaten Wert landen.
Unbedingt muss definiert werden, wofür die gegenwärtigen 8,35€ bezahlt werden und wofür nicht, nur dann besteht eine Chance, dass für Zusatzleistungen (denn ansonsten sind zunächst einmal alles Basisleistungen) ein Zusatzhonorar ausgelobt wird. Dies ist auch oder gerade im Zusammenhang mit der im Perspektivpapier propagierten Medikationsanalyse und dem Medikationsmanagement von strategischer Bedeutung.
AWA: Was können Sie Apothekern empfehlen, die angesichts des zunehmenden Konzentrationsprozesses im Apothekenwesen und mit der Aussicht auf weitere Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor dennoch langfristig ihre Existenz sichern wollen?
Kaapke: Apotheker müssen auf der Umsatzseite angreifen– und wenn ich Umsatzseite sage, meine ich natürlich auch den Deckungsbeitrag oder die Rentabilität. Das heißt, es muss mehr Marketing betrieben werden.
Viele interpretieren Marketing gerne als reinen „Klimbim“, der weit weg vom seriösen Anstrich der Apotheke liegt. Das meine ich nicht. Mit Marketing meine ich die saubere Positionierung der Apotheke, die Herausarbeitung einer Profilierung der Apotheke, ggf. eine Segmentierung der Zielgruppen und die Auseinandersetzung mit Differenzierungskonzepten. Wenn Kooperationen angedacht sind, dann als strategischer Partner und nicht als eine kleine, aber unbedeutende Spielwiese. Und bei allen Marketinginstrumenten werden Apotheken mit anderen Handelsformaten und -branchen verglichen. Der Standard wird von Lebensmittel, Textil, Schuhen und Büchern (andere Beispiele gelten genauso) gesetzt und die Apotheken haben hier das dort gezeigte Niveau anzustreben und Vergleichbares anzubieten.
Auf den Staat oder die Kassen zu hoffen, wäre töricht. Und ob die Standesvertretung mit ihren Forderungen Erfolg haben wird, ist ungewiss. Selbstinitiative ist das Gebot der Stunde. Apotheker haben eine tolle, unvergleichliche Ausbildung und eine Plattform, um diesen Beruf im Dienst der Kunden zu betreiben. Es wäre schön, wenn sie es auch täten und weniger lamentieren würden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(03):3-3