Helmut Lehr
Für volljährige Kinder in Berufsausbildung erhalten die Eltern Kindergeld, wenn die Sprösslinge das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Wann ein Kind für einen Beruf ausgebildet wird, ist in der Praxis nicht immer eindeutig. Der Vorbereitung auf das Berufsziel dienen nach Ansicht der Finanzverwaltung alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.
Freiwilliger Wehrdienst
Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob die dreimonatige Grundausbildung im Rahmen eines freiwilligen Wehrdienstes auch eine Berufsausbildung darstellen kann und die Eltern für diese Zeit zum Bezug von Kindergeld berechtigt. Dies haben die Richter bejaht, sofern der Wehrdienstleistende eine spätere dienstliche Verwendung als Soldat auf Zeit im Mannschaftsdienstgrad anstrebt1).
In der aktuellen Dienstanweisung zum Kindergeld vom 1. Juli 20142) vertritt die Finanzverwaltung auch die Auffassung, dass die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit als Offiziersanwärter bzw. Unteroffiziersanwärter als Berufsausbildung zu berücksichtigen sein kann. Ebenso soll nach neuer Verwaltungsansicht die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit für seine spätere Verwendung (z.B. als Berufskraftfahrer) im Mannschaftsdienstgrad als Berufsausbildung gelten, wenn sie zu Beginn der Verpflichtungszeit erfolgt.
Hinweis: (Vorschnelle) Ablehnungen von Kindergeldfestsetzungen durch die Finanzverwaltung in Zusammenhang mit dem freiwilligen Wehrdienst sollten deshalb genauestens auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden.
Mehrjähriger Auslandsaufenthalt zu Studienzwecken
Trotz Ausbildung wird das Kindergeld nicht gewährt, wenn die Kinder keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU bzw. in einem EWR-Staat haben. Kritisch wird es daher immer dann, wenn sich die Kinder für längere Zeit in einem sog. Drittstaat aufhalten um zu studieren und nur selten nach Hause kommen.
Der Bundesfinanzhof hat hierzu nun entschieden, dass es für die Beibehaltung des Wohnsitzes im Inland grundsätzlich nicht ausreicht, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung/offensteht3). Im Streitfall studierte die Tochter des Klägers für rund fünf Jahre in New York.
Demnach ist in solchen Fällen Folgendes zu beachten:
- Der (steuerliche) Wohnsitz in der Wohnung der Eltern wird während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung im Regelfall nur dann beibehalten, wenn das Kind die Wohnung zumindest überwiegend in der ausbildungsfreien Zeit benutzt.
- Nur kurze Besuche reichen im Allgemeinen nicht aus.
- Persönliche oder finanzielle Beweggründe spielen hierbei keine Rolle. Fehlen die finanziellen Mittel für regelmäßige Heimreisen in den „Semesterferien, o.Ä.“, ist dies kein stichhaltiges Argument für die Beibehaltung des Wohnsitzes im Inland.
Hinweis: Da je nach Ausbildung und Land die ausbildungsfreien Zeiten ggf. stark differieren, kann in der Praxis keine Mindestdauer für einen zur Beibehaltung des Wohnsitzes führenden Inlandsaufenthalt gefordert werden. Nach aktueller Rechtsprechung ist daher entscheidend darauf abzustellen, dass das Kind zumindest die ausbildungsfreien Zeiten überwiegend im Inland verbringt. Hält sich das Kind vor Beginn und nach Ende des Studiums im Inland auf, bleiben diese Zeiten bei der Ermittlung der Inlandsaufenthalte allerdings außer Betracht.
1) Vgl. Urteil vom 13. November 2014, Aktenzeichen 11 K 2284/13 Kg.
2) Bundessteuerblatt 2014 Teil I, Seite 918, unter A.14.2.
3) Vgl. Urteil vom 25. September 2014, Aktenzeichen III R 10/14.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(03):17-17