Helmut Lehr
Die Finanzminister der Länder haben bereits im letzten Jahr die Arbeitsgruppe „Registrierkassen“ gegründet, die konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Steuerbetrugs mit Kassensystemen ausarbeiten soll. Dabei zielt man auch auf Apotheken ab, weil hier nach Aussagen von Vertretern der Finanzverwaltung in der Vergangenheit des Öfteren Manipulationen aufgedeckt wurden. Bis Ende Juni sollen bereits konkrete gesetzgeberische Maßnahmen vorgeschlagen und möglichst kurzfristig umgesetzt werden.
Vorab wurde bekannt, dass die Aufzeichnungspflichten beim Einsatz von elektronischen Kassensystemen weiter verschärft werden sollen. Außerdem ist der Einsatz des sog. Insika-Verfahrens geplant. Das System soll im Ergebnis eine lückenlose, revisionssichere Aufzeichnung der einzelnen Buchungen bei Bargeschäften sicherstellen. Besondere Bedeutung könnte die offenbar bevorstehende Einführung einer „Kassennachschau“ erlangen, die den Finanzämtern künftig eine unangemeldete Kassenprüfung ermöglich soll.
Hinweis: Auch wenn die Rechtsgrundlagen für obige Maßnahmen derzeit noch nicht geschaffen wurden, müssen sich nach Verlautbarungen aus der Finanzverwaltung nicht zuletzt Apotheken grundsätzlich ab sofort auf verstärkte Betriebsprüfungen einstellen, die schwerpunktmäßig die Kassenführung unter die Lupe nehmen – insbesondere Betriebe in Nordrhein-Westfalen, weil der dortige Finanzminister Walter-Borjans als Vorreiter in dieser Sache gilt.
Hersteller manipulierbarer Kassen haften persönlich
Für Aufsehen hat kürzlich ein Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz gesorgt, nach dem Hersteller manipulierbarer Kassensysteme persönlich für hinterzogene Steuern ihrer Kunden haften1). In diesem Fall hatte der Betreiber eines Eiscafés einzelne Kassenbuchungen mithilfe eines Manipulationsprogramms gezielt gelöscht. Weil der Betreiber gegenüber der Finanzverwaltung aussagte, der Hersteller der Software habe ihn entsprechend eingewiesen und versichert, dass das Manipulationsprogramm völlig risikolos eingesetzt werden könne, wurde der Hersteller wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Haftung genommen.
Apothekenbetriebserlaubnis in Gefahr
Es ist unbedingt zu beachten, dass sich die Auswirkungen einer gezielten Kassenmanipulation nicht nur auf das (Steuer-)Strafrecht beschränken müssen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Ansbach können der jahrelange Einsatz von Software zur Manipulation des Kassensystems und damit einhergehende Steuerhinterziehungen sogar den Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis rechtfertigen2). Das Gericht ist der Auffassung, dass der Apotheker in einem solchen Fall nicht die für den Betrieb der Apotheke erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (vgl. §4 Absatz 2 i. V. m. §2 Absatz 1 Nr. 4 Apothekengesetz), weil solche strafrechtlichen Verfehlungen einen Apotheker für die Leitung einer Apotheke ungeeignet erscheinen lassen.
Hinweis: Vor diesem Hintergrund kann nur dringend empfohlen werden, bei der Führung der Kasse besonders sorgfältig vorzugehen und nicht der Verlockung nach „Steuerersparnissen“ durch illegale Handlungen zu erliegen.
Bundesfinanzhof bestätigt Zugriffsrechte
Bislang war noch gar nicht abschließend geklärt, inwieweit die Finanzverwaltung überhaupt auf Kassendaten eines Unternehmens im Rahmen einer Außenprüfung zugreifen darf. Der Bundesfinanzhof hat ganz aktuell gleich in drei „Apotheken-Fällen“ die Zugriffsrechte der Finanzverwaltung grundsätzlich bestätigt3).
Im ersten Streitfall verwendete eine Apothekerin ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Ihre Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. Anlässlich einer Außenprüfung verweigerte die Klägerin der Finanzbehörde den Datenzugriff auf ihre Warenverkäufe mit der Begründung, sie sei nicht zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet.
Hinweis: Der Bundesfinanzhof kam, anders als zuvor das Finanzgericht, zu dem Ergebnis, dass die Apothekerin nach §238 Absatz 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs zur Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verpflichtet war und die Kassendaten der Finanzbehörde in elektronisch verwertbarer Form überlassen musste.
Zuverlässiger Einblick muss gewährleistet sein
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs muss die Buchführung stets einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte geben. Dritten müsse es möglich sein, den Ablauf und den Inhalt aller Geschäfte zu überprüfen. Deshalb ist es nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich, dass verdichtete Buchungen in Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Dies gelte auch für Bargeschäfte, sofern Einzelaufzeichnungen dem Steuerpflichtigen zumutbar sind. Unternehmer können zwar frei entscheiden, wie sie ihre Warenverkäufe erfassen. Entscheiden sie sich aber für ein Kassensystem, das sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und diese speichert, können sie sich nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen und müssen ihre Aufzeichnungen aufbewahren.
Hinweis: Auch wenn ein Datenzugriffsrecht besteht, ist jedoch weiterhin zu prüfen, ob die Anforderung der Unterlagen im jeweiligen Einzelfall ermessensgerecht ist4).
1) Beschluss vom 7. Januar 2015, Aktenzeichen 5 V 2068/14.
2) Vgl. Urteil vom 26. November 2013, Aktenzeichen AN 4 K 13.01021, AN 4 K 13.01022.
3) Vgl. Urteile vom 16. Dezember 2014, Aktenzeichen X R 47/13, X R 29/13 und X R 42/13.
4) Vgl. hierzu ausführlich AWA-Ausgabe Nr. 7 vom 1. April 2015, Seite 17.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(09):18-18