Private Rentenversicherungen

Die Kapitalwahl ist nicht mehr erste Wahl


Prof. Dr. Reinhard Herzog

In den 1980er- und 1990er-Jahren hatten sie Hochkonjunktur: Private Rentenversicherungen waren eines der „Lieblingskinder“ deutscher Anleger. Heute gilt es, die bestehenden und ggf. bald auslaufenden Policen zu überprüfen. In vielen Fällen ist jetzt Umdenken angesagt.

Die eigene Vorsorge für einen finanziell sorglosen Lebensabend ist heute das wichtigste Argument für die langfristige Kapitalbildung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Versorgungswerk für Apotheker. Standen einstmals Kapitallebensversicherungen im Mittelpunkt dieses Bestrebens, so haben sich die Anlageziele im Laufe der Jahre gewandelt. Zunächst wurden insbesondere private Rentenversicherungen abgeschlossen, die weniger kosteten als vergleichbare Kapitalpolicen und daher auch höhere Leistungen zu Rentenbeginn boten. Mittlerweile setzen viele Anleger auf die eigene Geldanlage, bei der unter anderem Fonds und vergleichbare Produkte gewählt werden.

Policen überprüfen

Gerade bei bestehenden privaten Rentenversicherungen lohnt es sich jedoch, die Police einmal zur Hand zu nehmen. Die meisten Verträge wurden seinerzeit mit dem Ziel abgeschlossen, zu einem vereinbarten Termin die sogenannte Kapitaloption in Anspruch zu nehmen, d.h., über das Geld in einer Summe verfügen zu können. Die Rentenoption, also die Entscheidung für eine lebenslange Leibrente, galt früher jedoch als unrentabel und damit uninteressant. Vielmehr wurde davon ausgegangen, dass sich mit der Eigenanlage der Einmal-Kapitalzahlung wesentlich mehr verdienen lässt.

Angesichts der niedrigen Kapitalmarktzinsen hat sich die Situation aber grundlegend geändert: Wer heute z.B. 100.000€ ausgezahlt bekommt, kann am Kapitalmarkt bei einer konservativen Anlagestrategie allenfalls zwischen 75€ und 150€ (steuerpflichtige) Zinsen pro Monat erzielen – viel zu wenig für eine sinnvolle Unterstützung der anderen Versorgungsleistungen nach Rentenbeginn. Aber auch unter Einbeziehung eines gewissen Kapitalverbrauchs wird man kaum über 250€ bis 350€ „Monatsertrag“ hinauskommen.

Altverträge begünstigt

Wesentlich besser schneiden indes private Rentenversicherungen ab, die bereits vor 15, 20 und mehr Jahren abgeschlossen wurden. Denn diese Policen basieren noch auf einem hohen „Garantiezins“ von durchaus 3,5% oder sogar 4%. Die wenigsten wissen, dass dieser Zins auch in der Rentenphase seine Gültigkeit hat. Aus den genannten 100.000€ lassen sich also garantierte Rentenleistungen zwischen 550€ und 650€ monatlich erzielen – vorausgesetzt, man verzichtet auf die Kapitaloption.

Von großer Bedeutung ist dabei allerdings, welche Rentengarantiezeit bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Üblich sind z.B. 5, 10 oder 15 Jahre, d.h., die Rente wird auch dann für den festgelegten Zeitraum bezahlt, wenn der Versicherte nach Rentenbeginn stirbt. Geldempfänger sind in diesem Fall die Erben oder die in der Police begünstigten Personen. Legt man beispielsweise eine Garantiezeit von 15 Jahren und eine Monatsrente von 550€ zugrunde, kommen insgesamt in jedem Fall 99.000€ zur Auszahlung.

Ein weiterer Pluspunkt: Die Rente wird lebenslang bezahlt und niemand muss sich mehr um die Anlagestrategie kümmern. Wird der Versicherte also z.B. 95 Jahre alt und hat die Rentenzahlung mit 65 begonnen, hat er fast 200.000€ ausgezahlt bekommen.

Etwas anders ist die Lage indes bei einer nur kurzen oder überhaupt keiner Rentengarantiezeit. Wenn der Versicherte z.B. zwei Jahre nach Rentenbeginn stirbt, hat er bei einer Police ohne Absicherung lediglich 13.200€ ausgezahlt bekommen, die restlichen 86.800€ sind für die Erben verloren. Hier sollte also die Rentenoption nur dann gewählt werden, wenn man zumindest Aussicht auf das Erreichen eines hohen Lebensalters hat oder keine Erben zu bedenken sind.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(12):16-16