Karin Wahl
Selbst in den Städten, in denen es früher weniger Probleme gab, Mitarbeiter für die Apotheke zu finden, wird es schwieriger und auf dem flachen Land scheint dies in manchen Regionen fast aussichtslos. Apotheken können als Filialen nicht verkauft werden, weil sich keine Filialleiter finden, nicht einmal weniger qualifizierte. Für diese Entwicklung werden viele Gründe angeführt wie
- geringe Attraktivität aller Berufe in den Apotheken,
- schlechte Bezahlung, mit der keine Familie ernährt, geschweige denn ein eigener Haushalt geführt werden kann,
- ungünstige Arbeitszeiten wie lange Mittagspausen, lange Öffnungszeiten, Samstagsarbeit, Notdienste,
- monotone Arbeitim HV besonders bei großen Apotheken,
- lange, stehende Arbeit im HV, vor allem bei automatisierten Apotheken,
- auf Kante genähte Teams mit Überlastung der verbleibenden Mitarbeiter bei Ausfall eines Kollegen,
- wenig Möglichkeiten zur Fortbildung, da keine Freistellung für externe Seminare und keine finanzielle Unterstützung angeboten wird.
Das sind nur die wichtigsten Argumente, die vonseiten der Mitarbeiter genannt werden. Die Gründe der Inhaber sind jedoch nicht weniger gravierend:
- Es melden sich kaum Bewerber auf die Stellenangebote;
- die Bewerber sind oft arbeitszeitlich unflexibel und zwar sowohl diejenigen mit als auch diejenigen ohne familiäre Verpflichtungen;
- die Qualität der Bewerber ist sehr unterschiedlich, besonders im Bereich der PKA und PTA;
- Mitarbeiter wollen mehrheitlich nicht samstags arbeiten und in Innenstadt- und Centerapotheken nicht bis spät in den Abend;
- die Gehaltsforderungen sind schwer zu erfüllen, da besonders die kleineren Apotheken oft ertragsschwach sind;
- viele Bewerber wollen nur ausgewählte Teilzeit arbeiten und sind unflexibel.
Lassen wir es bei dieser Aufzählung bewenden. Trotz aller Klagen gibt es aber auch Apotheken, bei denen im Personalbereich weniger Probleme auftreten. Was machen diese Apotheken anders?
Das fängt bei der Personalsuche an. Viele Stellenanzeigen sind nichtssagend. Der Inserent, der wie alle eine „PTA zur Verstärkung unseres freundlichen und engagierten Teams“ sucht, sollte sich einmal in die Position einer suchenden PTA begeben und sich fragen, ob er selbst auf eine derartige Annonce antworten würde.
Stelle konkret und kreativ ausschreiben
In der Anzeige sollte deshalb bereits die Tätigkeit, für die die Apotheke einen Mitarbeiter sucht, spezifiziert werden. Je besser eine Stelle beschrieben wird, umso eher reagiert eine stellensuchende Person darauf und andererseits bewirbt sie sich erst gar nicht, wenn ihre Interessen sich nicht mit dem Angebot decken. Somit kann auf beiden Seiten viel Frust und eine mögliche Trennung noch innerhalb der Probezeit vermieden werden, ebenso der Aufwand zur Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters. Wenn z.B. genügend PTA für den Handverkauf da sind, die aber alle ungern im Labor oder in der Rezeptur arbeiten, sollte man gezielt eine „PTA mit Freude an Rezeptur- und Labortätigkeiten“ suchen.
Hat man Bewerbungen erhalten und diese sorgfältig studiert, lädt man die engere Auswahl zu einem Vorgespräch ein und vereinbart mit infrage kommenden Bewerbern – am besten schriftlich – eine Probearbeit an jeweils separaten Tagen. Hierbei sind vor allem im Hinblick auf die Vergütung die rechtlichen Besonderheiten eines Probearbeitsverhältnisses zu beachten.
Ich empfehle eine Probearbeitszeit für mindestens 6 bis 8 Stunden, um den Bewerber in allen Tätigkeitsfeldern einsetzen und erproben zu können. Dabei sollten die Mitarbeiter mit der Betreuung beauftragt werden, denn sie müssen später mit diesen Kollegen gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Drum prüfe, wer sich länger bindet
Der Vorteil der Probearbeit über diesen Zeitraum ist, dass man den Bewerber erlebt und sieht, ob er sich aktiv einbringt, Arbeit sucht oder defensiv herumsteht. Zudem kann man beobachten, wie versiert er sich im Umgang mit Kunden und Kollegen verhält. Kommt seine Art an oder nicht?
Jedem Kandidaten sollte nach dem Probearbeitstag zugesagt werden, dass er spätestens innerhalb von acht Tagen eine Rückmeldung erhält.
Die Personalauswahl ist grundsätzlich Sache der Führungskraft, aber Erfolg versprechend ist sie nur, wenn die Endauswahl zusammen mit dem Team erfolgt. Bindet man das Team in die Auswahl ein, sind auch alle gemeinsam in der Pflicht, damit die Neueinstellung zum Erfolg führt. Drückt der Chef einen Kandidaten gegen die Mehrheit des Teams durch, darf er sich nicht wundern, wenn die kleinste Fehlleistung zum Anlass genommen wird, dass die Gegner der Einstellung vorstellig werden und der Haussegen schiefhängt. Oft ist das der Beginn eines schlechten Betriebsklimas und von Disharmonie.
Sollte nur eine Bewerbung eingehen und sich nach dem Probearbeitstag kein überzeugender Eindruck ergeben: Finger weg von einer Verlegenheitsentscheidung mangels Bewerber und betrieblicher Engpässe! Man sollte beherzt weitersuchen und durch eine Optimierung des personellen Einsatzes lieber mit wenig, aber zufriedenem Personal arbeiten, als sich absehbare Probleme einzuhandeln.
Eine gute Empfehlung ist, es gar nicht erst zu massiven Engpässen kommen zu lassen, sondern immer ein Eisen im Feuer zu haben, sei es in Form von ehemaligen Mitarbeitern oder von Praktikanten, die man sich selbst „zieht“.
Viele Kollegen beschäftigen in den Schul- oder Semesterferien junge Leute in der Ausbildung zum Apotheker, PTA und PKA gegen Honorierung und arbeiten sie in die Grundlagen des zukünftigen Berufs ein. Schnell sieht man, wer in den Betrieb passen könnte und wer nicht. Das ist risikolos, da diese jungen Leute nur in den Ferien beschäftigt sind und keinen Anspruch auf weitere Beschäftigung haben. Am besten stellt man diesen Aushilfsbeschäftigten einen Tutor aus dem Team zur Seite, damit der junge Mensch auch Freude am Job und an genau dieser Apotheke entwickelt.
Um Mitarbeiter halten zu können, muss man natürlich als Arbeitgeber auch attraktiv sein. Dazu gehören unter anderem
- eine angemessene Bezahlung,
- eine gerechte Personaleinsatzplanung, z.B. jeden 2. Samstag arbeiten für alle Vollzeit-Mitarbeiter oder reine „Samstagsteams“ suchen,
- faire Arbeitsbedingungen mit Pausenregelungen,
- dass Zuständigkeiten für bestimmte Tätigkeiten mit Vertretungspersonen schriftlich festgelegt werden,
- eine rollierende Aufgabenverteilung bei weniger beliebten Tätigkeiten,
- ein finanzieller Zuschuss für Kinderbetreuung (Betriebsausgabe),
- die Freistellung für beispielhaft eine Fortbildungsveranstaltung im Quartal mit finanzieller Unterstützung (Betriebsausgabe),
- bei größeren Teams eine elektronische Arbeitszeiterfassung, um jeden Arbeitnehmer gerecht zu honorieren,
- eine faire Urlaubsregelung, besonders bei mehreren Mitarbeitern mit schulpflichtigen Kindern,
- keine Bevorzugung von Mitarbeitern oder Gewährung von Privilegien bei gleichrangigen Personen,
- regelmäßige Teambesprechungen, um alle auf demselben Informationsstand zu halten.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(16):12-12