Karin Wahl
Der Begriff „Team“ gehört zum Wortschatz jedes Apothekenleiters. So firmiert man etwa auf Flyern und Glückwunschkarten mit „...Ihr Apotheker Markus Müller mit dem Team der Markt-Apotheke“. Damit soll signalisiert werden, dass nicht nur der Chef allein die Apotheke repräsentiert, sondern eine Vielzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Kunden da ist. Sieht man sich in den Apotheken um, so muss man jedoch feststellen, dass es dort oft eine Ansammlung von Mitarbeitern gibt, die eher als Einzelkämpfer, denn als Team agieren. Woran liegt das?
Ein Team entsteht nicht von selbst, sondern muss gebildet und vor allem geführt werden. Es ist nicht damit getan, dass beim Ausscheiden eines Mitarbeiters wieder eine neue Kraft mit ähnlicher Qualifikation gesucht wird. Vielmehr gilt es, den zum Team passenden Kandidaten zu finden. Dafür sollte man im Vorfeld die Eigenschaften der einzelnen Teammitglieder analysieren. Auch der Chef darf dabei nicht ausgenommen werden!
Typisierung der Teammitglieder
Um die Frage nach dem Typ besser zu verstehen, blickt man zurück in die Zeit, als der amerikanische Psychologe William Moulton Marston (1893 – 1947) den Grundstein zur Typisierung des Verhaltens von Menschen legte. Sein Modell wurde unter dem Namen DISG-Modell bekannt, und stetig weiterentwickelt. Die vier Buchstaben DISG stehen dabei für vier Grundverhaltenstendenzen:
- D = dominant,
- I = initiativ,
- S = stetig,
- G = gewissenhaft.
Um die Sache plakativer zu gestalten, wurden den vier Verhaltenstendenzen vier Farben (rot, blau, grün, gelb) als entsprechende Typen zugeordnet, denen wiederum feingliedrig Eigenschaften und Verhaltensweisen zugewiesen wurden. Allerdings zeigte sich bald, dass es nur wenige Menschen gibt, die zu 100% einem Typ entsprechen.
Wie in so vielem, so steckt auch im DISG-Modell ein Teil Wahrheit. Eine positive Erkenntnis aus dem DISG-Modell ist, dass es sich für ein Team negativ auswirken kann, wenn es eine Anhäufung von nur einer Verhaltenskategorie gibt. Hat man z.B. lediglich „initiative“ Teammitglieder, wird zwar viel angezettelt, aber nichts umgesetzt. Hat man zu viele „gewissenhafte“ Teamitglieder, wird nur geprüft und kontrolliert, aber nichts umgesetzt oder Neues angegangen. Somit sollte der Blick auf den „Typ“ nur ein Baustein zum Aufbau oder zur Ergänzung der Personalstruktur sein.
Anforderungen definieren
Bevor man an die Teambildung geht, müssen noch Anforderungen an die Mitarbeiter und Führungskräfte definiert werden wie
- hohe Sach- und Fachkompetenz,
- hohe Leistungsbereitschaft,
- soziale und emotionale Kompetenz,
- unternehmerisches Denken und Handeln,
- absolute Integrität und Ehrlichkeit,
- Fähigkeit zur guten und effizienten Kommunikation,
- striktes Fairplay,
- Resilienz, also Belastbarkeit und innere Stärke,
- Wille zur Arbeit im Team und
- eine Persönlichkeit, die in der Funktion als Unternehmer oder Filialleiter ein Team führen kann.
Erfahrungsgemäß gibt es nur sehr wenige Naturtalente, denen Führungseigenschaften in die Wiege gelegt wurden. Vor allem Menschen, die aus der Funktion als „normaler“ Mitarbeiter plötzlich in eine Führungsfunktion befördert werden, scheitern oft. Denn sie sind überfordert, als Führungskraft nicht mehr nur die eigenen Aufgaben im Blick zu haben, sondern die Aufgaben des gesamten Teams. Hier bieten sich Seminare an, in denen man z.B. lernt, Team-Sitzungen zu leiten, Mitarbeitergespräche zu führen und am Ende eine gute Entscheidung für das Team und das Unternehmen zu treffen.
Wie relevant die oben beschriebenen Anforderungen sind, zeigt sich in vielen Situationen. So kann etwa jede PKA in ihrem Arbeitsbereich, z.B. am Telefon, durch einen aggressiven Gesprächspartner gefordert werden, ihre soziale und emotionale Kompetenz anzuwenden, resilient zu sein, sich nicht provozieren zu lassen und dabei noch unternehmerisch im Sinne der Apotheke zu denken und zu handeln! Dass sie zudem über eine gute fachliche Kompetenz verfügt, sollte selbstverständlich sein.
Vergleichbare Konstellationen kommen erst recht im Handverkauf bei den HV-Kräften täglich wiederholt vor. Hier spielt auch noch eine weitere Eigenschaft eine Rolle, die ein Team haben muss und die anhand der Definition des Begriffes Team durch den Duden deutlich wird: Danach ist ein Team eine „Gruppe von Personen, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten.“
Die gemeinsame Sache zählt
„Gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten“ ist jedoch nicht für jeden Mitarbeiter selbstverständlich. Abhängig von der bisherigen beruflichen Erfahrung kann es durchaus sein, dass sich Mitarbeiter in erster Linie als „Einzelkämpfer“ verstehen oder als „Menschen mit Herrschaftswissen, das sie lieber für sich selbst behalten“. Ganz konkret kann dies Fachwissen zum EDV-System sein oder spezielle Kenntnisse bei der Abrechnung bestimmter Arznei- oder Hilfsmittel mit den Krankenkassen. So glaubt man, beim Chef punkten zu können.
In einem gut funktionierenden Team wird genau dieses Spezialwissen einzelner Mitarbeiter zum Wohle der gemeinsamen Aufgabe eingesetzt und damit Synergie-Effekte erzeugt. Merkt man, dass ein Teammitglied in einer schwierigen Situation ist, lässt man es nicht hängen, sondern steht ihm zur Seite und löst die Aufgabe gemeinsam.
Entscheidungskompetenzen festlegen
Das heißt aber nicht, dass alle im Team die gleiche Entscheidungskompetenz haben! Auch wenn in Apotheken flache Hierarchien vorherrschen, muss klar sein, wer bei zu fällenden Entscheidungen „den Kopf hinhalten muss“, also die Verantwortung zu übernehmen hat.
Besonders in Teams mit langjährigen Mitarbeitern im PKA- und PTA-Bereich kann es vorkommen, dass ein junger Filialleiter plötzlich einer Gruppe von Kollegen gegenübersteht, die selbstherrlich handeln, weil das „schon immer so gemacht wurde“. Diese Mitarbeiter sind sich oft nicht über die rechtlichen Folgen ihres Tuns im Klaren. Denn schlussendlich muss der diensthabende Apotheker verantworten, was während der Öffnungszeit abgegeben oder verkauft wird!
Solche Situationen belasten die Arbeitssituation und der Inhaber muss ganz klar die Kompetenzen der einzelnen Mitarbeiter beschreiben. Jeder muss wissen, wie weit seine Befugnisse gehen und an wen er sich zu wenden hat, wenn er „mit seinem Latein am Ende“ ist.
Kein Inhaber oder Filialleiter darf dabei von einem Mitarbeiter Handlungen verlangen, die dem Gesetz entgegenstehen. Den Mitarbeitern ist häufig gar nicht bewusst, dass sie im Ernstfall genauso belangt werden können wie ihr Chef!
Von Teammitgliedern darf erwartet werden, dass sie respektvoll und fair miteinander umgehen, sich kollegial verhalten und im Notfall auch einmal für den anderen einspringen. Von erwachsenen Menschen kann verlangt werden, dass sie professionell und empathisch, das gemeinsame Ziel vor Augen, im Sinne des „Ganzen“ handeln.
Erfolgreiche Teams ...
- können sich immer aufeinander verlassen,
- haben eine offene Kommunikationsstruktur und -kultur,
- grenzen niemanden aus,
- sind offen und hilfsbereit,
- haben ein hohes Verantwortungsgefühl für sich und andere,
- und sind so anderen im Wettbewerb überlegen!
Natürlich spielt bei all dem auch die Teamgröße eine wichtige Rolle. Denn bei zu großen Teams mit „Überbesetzung“ schleicht sich schnell folgende Team-Definition ein: Toll, Ein Anderer Macht’s!
Ein sehr positiver Ansatz bei der Teamarbeit ist frei nach Alexandre Dumas´ „Die drei Musketiere“: „Einer für alle, alle für einen!“ – Chef inklusive!
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(17):12-12