Karin Wahl
Das Werbebudget einer Apotheke sollte am besten jetzt im Herbst für das neue Wirtschaftsjahr erstellt werden. Dabei gibt es Fixposten wie Kundenzeitschriften und die Jahreskalender, an denen fast keine Apotheke vorbeikommt. Diese beiden Posten stellen den Löwenanteil des Werbebudgets dar. Das heißt jedoch nicht, dass man die bisherigen Zahlen als gegeben akzeptieren muss. Vielmehr wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zum Nachverhandeln!
Allerdings steht hier wie bei jedem Geschäftsvorgang die Analyse vor dem Handeln. Das heißt, man wirft zuerst einen Blick in seine BWA und ermittelt, welchen Prozentsatz vom Umsatz man in diesem Jahr für Werbemaßnahmen ausgegeben hat.
Anschließend sollte man sich einige Fragen stellen:
- Zu welcher Umsatzgröße gehört die Apotheke? Bei einer Durchschnittsapotheke liegen die Werbekosten bei 1% bis 3% vom Nettoumsatz.
- In welcher Wettbewerbssituation befindet sich die Apotheke?
- Wie war die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr?
- Wie war die Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren?
- Muss „Gas gegeben werden“ oder kann man das Niveau halten?
- Wo sollen in Zukunft Schwerpunkte gesetzt werden?
- Wie erreicht man einen guten Mix zwischen gekauften Incentives und Abverkaufshilfen bei Direktbezug?
- Welche Incentives führen bei richtiger Abgabe zu Nachkäufen?
Die Diskussion dieser Punkte bietet sich auch als Tagesordnung für eine Teambesprechung im Rahmen des QMS an. Als Vorbereitung sollten alle Werbekostenrechnungen bereits über das Jahr in Kopie in einem Ordner „Werbekosten“ gesammelt werden. Denn es ist sehr mühsam, diese nachträglich aus der regulären Buchhaltung wieder herauszufiltern.
Mit einem alphabetischen Register lassen sich die Rechnungen für
- Printmaterialien wie Kundenzeitschriften, Kalender, Newsletter, Geburtstagskarten, Gutscheine, Blöckchen etc.,
- Anzeigen und die Homepage,
- Flyer,
- Marketingausgaben für die Großhandelskooperation,
- gekaufte Kosmetikproben,
- Bonbons und Traubenzucker,
- Spielsachen für Kinder,
- Papiertaschentücher,
- Pflastermäppchen,
- Kugelschreiber,
- Oster-Wachskerzen,
- Weihnachtsartikel,
- sonstige saisonale Artikel wie Herz oder Rose zum Muttertag
sortieren, um nur einige der in Apothekenschubladen befindlichen Zugaben zu nennen. Die Phantasie der Werbemittelhersteller geht allerdings noch viel weiter, man muss nur in die einschlägigen Kataloge schauen...
Wichtig ist, dass man das Chaos beseitigt und eine Systematik in die Incentives bringt. Dabei muss nicht immer alles, was man plant, auch ganzjährig verfügbar sein! Die Schubladen unter den Kassen bieten sich etwa für Standardprodukte an, die bei vielen Kunden in der jeweiligen Jahreszeit infrage kommen.
Bewährt hat sich, am Anfang des Jahres an einem großen Wandkalender eine Jahresplanung der immer wiederkehrenden Aktivitäten einzutragen. Dann sieht man, wo es noch Lücken gibt und kann überlegen, was sich hier als Thema anbieten würde.
Schaufenstergestaltung
Dabei ist es sinnvoll, die Schaufensterdekoration als Aufhänger zu nutzen. Die thematische Gestaltung sollte sich dann in der Innendekoration fortsetzen. Alle drei Wochen (in den großen Ferien alle vier Wochen) sollte sich dabei im Schaufenster etwas verändern, damit die Kunden neugierig bleiben! Immer noch ist ein Schaufenster die Visitenkarte eines Geschäftes, das die Kunden veranlasst, dieses überhaupt zu betreten. Erst dann schlägt die Stunde des Verkaufsteams, das den Kunden interessieren und für die Zukunft binden sollte. Wenn in der Schaufensterdekoration geschickt darauf hingewiesen wird, welche Incentives man beim Kauf eines Produktes erhalten kann, ist das oft der „Türöffner“ zum Besuch der Apotheke.
Abverkaufshilfen einsetzen
Viele Direktlieferanten bieten attraktive Abverkaufshilfen für ihre Produkte an. Allerdings sollten diese dem Käufer dann auch wirklich mit dem jeweiligen Produkt angeboten werden und nicht vorher in anderen Kanälen verschwinden. Doch wie komme ich als Apotheke an attraktive Abverkaufshilfen? Immer wieder ist man doch erstaunt, wie unterschiedlich die Apotheken mit dieser werblichen Unterstützung der Industrie versorgt sind. Hier spielt eine große Rolle,
- ob man ein „guter Kunde“, also ein „A-Kunde“, ist oder nicht,
- ob man für den Außendienst einen festen Ansprechpartner mit vereinbartem Avis bietet,
- ob man den Außendienst intern als Geschäftspartner oder als „Vertreter“ oder gar „Zeitdieb“ tituliert,
- ob man dem Außendienst ein schlüssiges Werbekonzept anbieten kann,
- ob man die Ware auch in einer ansprechenden Form in Sicht- oder Freiwahl präsentiert,
- ob man langfristig als Apotheke ein verlässlicher Partner ist.
Sind die oben stehenden Bedingungen erfüllt, steht einem guten Verhandlungsgespräch nichts im Weg. Wenn die „Chemie stimmt“, werden Sie viele wertvolle Tipps vom Außendienst bekommen und er wird Ihre geplanten Aktivitäten großzügig unterstützen. Es bieten sich beispielsweise folgende Aktivitäten an:
- Sonnenschutzaktion,
- Hauttests,
- Haaranalyse,
- Blutdruckmessung,
- Blutzuckermessung,
- BMI und Abnehmen,
- Ausschank von Elektrolyten, Säften, sonstige Verkostung,
- Kurzzeitbehandlung Kosmetik,
- Firmeneigene Seminare und Vorträge mit Referenten,
- Events wie „Tag der offenen Tür“,
- Gesundheitstag,
- Teilnahme an lokalen Events der Gemeinde,
- Tombola für einen guten Zweck.
Sollten Sie zu den Aktivitäten eine gute Schaufensterdekoration vorweisen, werden sogar Ihre Dekopunkte im Schaufenster über Werbekostenzuschüsse Geld verdienen! Näheres hier- zu lesen Sie im Manual „Visu- elles Marketing für Apotheken“ (siehe Buchtipp am Ende des Beitrags).
Incentives aufwerten
Mit etwas Kreativität lässt sich aus fünf Hustenbonbons oder drei Kosmetikproben ein „Geschenk“ machen! Hierfür besorgt man kleine Cellophantüten und etwas farbiges Geschenkband, passend zu den Produkten.
Beispiel 1 – Hustenbonbons: In der Hustensaison, in der viele Apotheken 5 kg lose Ware an Hustenbonbons und Traubenzucker einkaufen, werden die Bonbons nicht mehr einfach „per Handvoll“ in die Kundentüte gepackt, sondern man macht ein Tütchen mit fünf verschiede- nen Geschmacksrichtungen. Dieses überreicht man dem erkälteten Kunden ganz offen als Geschenk mit der Bemerkung: „Hier gebe ich Ihnen noch ein paar Hustenbonbons mit, die den Rachen befeuchten und den Hustenreiz stillen. Probieren Sie die Sorten mal durch, welche Ihnen am besten schmeckt. Wir führen alle in Schachteln oder Tüten zum Nachkaufen“.
Beispiel 2 – Kosmetikproben: In der Regel muss man Depotkunde sein und einige Ware einkaufen, um mit Proben oder Kosmetiktäschchen versorgt zu werden. Dabei sollte man einen Teil der Proben nach Hauttyp sortiert in entsprechend beschriftete Schubladen einräumen. Von den restlichen Proben füllt man jeweils drei Pflegeprodukte für einen bestimmten Hauttyp in die Cellophantütchen mit Schleife. Kauft eine Kundin ein Produkt aus dieser Serie, bietet man ihr als Präsent ein solches Cellophantütchen an und erklärt ihr, welche Produkte was bewirken. Damit wird aus einem „Pröbchen“, das keinen Wert an sich darstellt, im Handumdrehen ein kleines Geschenk.
In der Weihnachtssaison oder bei bestimmten unterjährigen Aktionen werden häufig von Kosmetikherstellern höherwertige Täschchen mitgeliefert. Diese sollten gemeinsam mit dem Produkt im Schaufenster ansprechend dekoriert und angekündigt werden („Beim Kauf von zwei Produkten der XY-Serie erhalten Sie ein Kosmetiktäschchen gratis dazu!“).
Selbstverständlich sollte sich das am Verkaufsregal entsprechend wiederholen. Dabei muss sichergestellt sein, dass auch jeder Kunde während der Laufzeit der Aktion damit versorgt werden kann. Es gebietet die Fairness und Loyalität, dass man hier wie mit der Firma vereinbart handelt. Sollten Außendienste merken, dass unsachgemäß mit der großzügigen Unterstützung umgegangen wird, wird diese schnell erlahmen!
Jede Marketingabteilung der großen OTC-Firmen wird für die nächste Saison attraktive Abverkaufshilfen entwickeln. Natürlich sollten diese auch zur Philosophie der Apotheke passen und nur unter Beachtung der rechtlichen Vorschriften etwa des Heilmittelwerbegesetzes eingesetzt werden.
Fest steht, dass man den Block „Werbekosten“ bei guter Einkaufsstrategie und entsprechendem Verhandlungsgeschick wirksam reduzieren kann. Dabei muss allen Mitarbeitern klar sein, dass diese Abverkaufshilfen – auch wenn sie vom Chef nicht als Einzelprodukt gekauft werden – trotzdem etwas „kosten“ und einen „Wert haben“! Denn wer nicht direkt einkauft, wird nicht in den Genuss dieser Abverkaufshilfen kommen. Somit sind sie wie „Ware“ zu verwalten und gezielt abzugeben, um neue Kaufimpulse zu setzen!
Selbst das wenig geachtete und inflationär verteilte Papiertaschentuch kann zu einem Geschenk werden, wenn es nicht achtlos in die Tüte gesteckt wird, sondern einem Käufer eines Nasensprays mit dem Hinweis: „Erst schneuzen, dann sprühen“ übergeben wird. Da macht ein Papiertaschentuch auch wirklich Sinn.Wenn im Team klar besprochen wird, bei welchem Anlass welche Zugabe überreicht wird und was dazu gesagt werden soll, wird niemand beim nächsten Kauf erwidern: „Nein danke, davon habe ich von den letzten Einkäufen schon 20 daheim!“
Damit Abverkaufshilfen wirklich ihrem Namen gerecht werden können, müssen sie auch als solche eingesetzt werden. Wichtig dabei ist, dass man nach einer beendeten Aktion die verbliebenen Artikel zügig versorgt und den Platz in der Schublade für die nächste Aktionfrei macht! Das bedingt, dass auch wirklich nach dem vereinbarten Plan eingekauft und beworben wird. Ware wie Abverkaufshilfen dürfen am Ende der Aktion „knapp werden und ausverkauft“ sein. Vielleicht bewirkt das beim Kunden, dass er beim nächsten Mal schneller handelt und rechtzeitig einkauft. Es darf im Schaufenster auch darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine befristete Aktion handelt.
Zugaben gezielt einsetzen
Und nun zum Schluss noch etwas zu den in jeder Apotheke vorkommenden „Schnorrern“. Sie wollen das Produkt, können oder möchten es sich aber nicht leisten. Mit der Zeit kennt man seine „Pappenheimer“, die die Hautcreme zum hundertsten Mal auf Verträglichkeit testen wollen oder noch nie ein Papiertaschentuch gekauft haben, da sie das in jeder Apotheke nachgeworfen bekommen! Oder auch die Kunden, die zwei Mal im Monat ihre Kundenzeitungen „abholen“ und versichern, dass sie am nächsten Tag mit einem Rezept kämen.
Es liegt in der Entscheidung des Chefs, wie man mit diesen Kunden umgeht, und hängt auch davon ab, wie gut man bevorratet ist. Auf Dauer ist es jedoch bei aller Hilfsbereitschaft, die von Apotheken erwartet und gefordert wird, wichtig, dass die zahlenden Kunden diese Zugaben erhalten und man damit ihr Wiederkommen sichert.
Jedes Unternehmen muss seine Wirtschaftlichkeit und sein Bestehen langfristig sichern, besonders die Apotheken, denen zumindest von der Politik nichts geschenkt wird. Dennoch: Kleine Geschenke – Betonung auf „klein“ – können wirklich die Sympathie und Treue und somit die Freundschaft sichern.
Buch-Tipp
Gabriele Jarmer-Schwilke, Karin Wahl: Visuelles Marketing in Apotheken. Mit OnlinePlus-Angebot: Vorlagen für Dekorationen. Deutscher Apotheker Verlag. 2012. 89,00 €
zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E‑Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(22):10-10