Steuer-Spartipps

Prüfung der Apothekenkasse: Neue Entwicklungen


Helmut Lehr

Eine Arbeitsgruppe der Länder ist schon längere Zeit damit beschäftigt, konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Steuerbetrugs mit Kassensystemen zu erarbeiten. Vorreiter war hier das Land Nordrhein-Westfalen, das mit entsprechend hohen Zahlen zu vermeintlichen Steuerausfällen öffentlich aufwartete. Zwischenzeitlich haben alle 16 Bundesländer einem neuen Maßnahmenpaket zugestimmt.

Zur Überraschung vieler hat allerdings ausgerechnet das Bundesfinanzministerium seine Zustimmung verweigert. Die Gründe hierfür ergeben sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine „Kleine Anfrage“ von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an die Bundesregierung1). Danach kann die Höhe der Steuerausfälle durch manipulierte Kassensysteme gar nicht beziffert werden. Die Zahlen „aus Nordrhein-Westfalen“ wurden offenbar anhand eines OECD-Berichts mit Aussagen zu Kanada, insbesondere der Provinz Quèbec, ermittelt, die anhand der Einwohnerzahl auf deutsche Verhältnisse übertragen wurden.

Da aber in einem hochentwickelten Industriestaat wie Deutschland besonders viele Großunternehmen und Konzerne ansässig seien, die allein aufgrund der Branche nicht alle über Registrierkassen verfügen, seien die Schätzungen – auch des Bundesrechnungshofs – gar nicht belastbar!

Hinweis: Man muss sich natürlich verwundert die Augen reiben, wenn man erfährt, aufgrund welchen Zahlenmaterials die Bundesländer prüfungsverschärfende Maßnahmen vorantreiben. Dennoch, und auch das ergibt sich aus der Antwort der Regierung: Eine neue gesetzliche Regelung zur technischen Betrugssicherung von Registrierkassen wird weiter vorangetrieben und zeitnah mit den Ländern beraten.

Finanzverwaltung macht weiter Druck

Nur am Rande sei bemerkt, dass die Abgeordneten in den einleitenden Worten zu ihrer „Kleinen Anfrage“ wiederum konkret auf Betrügereien mit Apothekenkassen verwiesen haben, weshalb sich natürlich auch die Finanzämter weiter verstärkt darauf stürzen werden. Zwischenzeitlich wurde auch eine interne Arbeitsanweisung für die Betriebsprüfung bekannt2), die sich mit den Folgen der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Zugriffsrecht der Finanzverwaltung auf Kassendaten einer Apotheke3) beschäftigt.

Daraus ergibt sich ganz klar, dass die Vollständigkeit und Richtigkeit der systemseitig verarbeiteten Einzelaufzeichnungen unbedingt zu prüfen sind. Dazu sind folgende Unterlagen vorzulegen bzw. auf einem Datenträger zu überlassen:

  • eine aussagekräftige Verfahrensdokumentation,
  • Organisationsunterlagen gemäß den „Grundsätzen ordnungsgemäßer datenverarbeitungsgestützter Buchführungssysteme“ etc.,
  • digitale Grundaufzeichnungen (Einzeldaten!).

Künftige Prüfungshandlungen

Die Oberfinanzdirektion beschreibt auch, welche Handlungen der Prüfer vornehmen soll, wenn die Prüfung die „Vollständigkeit der Einnahmen“ zum Schwerpunkt hat, womit bei Apotheken stets gerechnet werden muss.

Analyse der Betriebsabläufe: Zur Feststellung der Betriebsabläufe soll regelmäßig eine Besichtigung durchgeführt werden. Sowohl die Schilderung von Abläufen wie z.B. Warenein- und verkauf als auch die Demonstration von Kassenvorgängen wie z.B. Stornobuchungen sowie die Dokumentation dieser Vorgänge sollen obligatorisch sein.

Grundzüge der Systemprüfung: Aus der Verfahrensdokumentation muss sich ergeben, dass die „Kassenbuchführung“ entsprechend der Beschreibung zum Kassensystem durchgeführt wurde. Auch Inhalt, Aufbau und Ablauf des Abrechnungsverfahrens müssen aus der Verfahrensdokumentation konkret ersichtlich sein. Ebenso, dass die Einzelbuchungen und deren Zusammenführung bei der Erstellung steuerlicher Abschlüsse unveränderbar sind!

Hinweis: Apothekenleiter sollten sich spätestens nach Ankündigung einer Außenprüfung mit ihrem Softwaredienstleister für das Kassensystem in Verbindung setzen und besprechen, auf welche Weise die benötigten Informationen zur Verfügung gestellt werden können.

Vorlage der digitalen Grundaufzeichnungen: Es versteht sich beinahe von selbst, dass die Finanzverwaltung nun – nachdem der Bundesfinanzhof das Zugriffsrecht ausdrücklich bestätigt hat – die digitalen Grundaufzeichnungen vollständig anfordern wird. Bei Nichtvorlage wegen fehlender Mitwirkung des Steuerpflichtigen soll die Buchführung „verworfen“ werden, was regelmäßig eine Schätzung des Betriebsergebnisses zur Folge haben wird.

Hinweis: Bei laufenden Betriebsprüfungen, in denen noch geprüft werden kann, sollen die genannten Prüfungshandlungen nachgeholt werden!

Ergebnisse der Risikoanalyse für Apotheken

Ab und an sind Betriebsprüfer geneigt, über das Ziel hinauszuschießen. Deshalb hat die Oberfinanzdirektion vorsorglich darauf hingewiesen, dass Anwendungen der Finanzverwaltung, die der reinen Risikoanalyse dienen (z.B. das Tool „Risikoanalyse Apotheken NI/NW“), lediglich zur Risikoeinschätzung verwendet werden dürfen und weder als Schätzungsgrundlage noch als Kalkulationsmethode infrage kommen.

Hinweis: Apothekeninhaber und ihre steuerlichen Berater sollten deshalb sehr genau darauf achten, mit welchen Hilfsmitteln etwaige Hinzuschätzungen zustande kamen und sich die Schätzungsgrundlagen detailliert erläutern lassen.

1) Vgl. BT-Drucksache 18/6481.

2) Vgl. Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 28. Juli 2015, Aktenzeichen S 0316-2015/0006-St 432a.

3) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 9 vom 1. Mai 2015, Seite 18 und 19.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(23):18-18