Ressourcen konzentrieren

Fokussierung auf High-Level-User


Claudia Mittmeyer

Prinzipiell stellt sich beim Marketing stets die Frage: In die Breite gehen, sprich möglichst viele potenzielle Kunden ansprechen, oder in die Tiefe, das heißt Fokussierung auf wenige, dafür aber hoch lukrative Kunden? Die letztere Strategie sei hier erläutert.

Arzneimittel-Verbrauchsanalysen kommen seit Jahren zu dem Ergebnis, das nur ein sehr kleiner Teil der Kunden hohe Umsatzanteile beschert. Nach den neuesten Zahlen der Barmer GEK für 2014 entfallen von den Fertigarzneimittelkosten...

  • 10 % auf 0,09 %,
  • 30 % auf 0,68 %,
  • 50 % auf 3,29 %,
  • 70 % auf 8,43 %

der Versicherten, die Arzneimittel verordnet bekommen haben (bezogen auf die Gesamtzahl der Versicherten sind die Werte noch niedriger, da nur 77 % in 2014 mindestens ein Rezept erhalten haben, und zwar 71 % der Männer und 82 % der Frauen).

Wenige bringen viel

Bei ca. 3.500 GKV-Versicherten je Apotheke, davon knapp 2.700 mit Rezept, heißt das, dass Sie im Durchschnitt bereits mit 2 bis 3 Kunden 10 % des GKV-Verordnungsumsatzes bestreiten, mit 18 Leuten 30 %, mit knapp 90 schon die Hälfte, mit gut 200 Patienten etwa zwei Drittel.

Das sind überschaubare Zahlen, die einladen, sich diese Kunden näher anzusehen und intensiv marketingtechnisch zu erschließen, statt viele Tausend unter Inkaufnahme hoher Streuverluste.

Doch wie identifizieren Sie diese Menschen? An erster Stelle stehen die Kundenkarten. Machen Sie sich die Mühe, und fragen Sie im Rechner Ihre Top-10-, Top-25- oder Top-50-Kunden ab, und schauen Sie, welche Umsätze diese machen. Sie werden staunen!

Nun sind hohe Rezeptumsätze nicht gleichbedeutend mit hohen Roherträgen. Dennoch: Überdurchschnittlich sind auch Letztere, denn es zählen die absoluten Beträge (und der Aufwand dagegen), und nicht die prozentualen, hier oft in der Tat geringen Spannen. Zudem werden Sie feststellen, dass diese „High-Level-User“ nicht selten auch bei den Freiwahl- und OTC-Produkten einen hohen Bedarf haben.

Weiterhin sollten Sie jedes Rezept unter diesen Aspekten mit dem „Adlerauge“ scannen: Teurer Chroniker? MS-, Mukoviszidose-, HIV- oder Hepatitis-Patient(in)? Orphan Disease? Sonst interessante Indikation? Sofern nicht schon Stammkunde, sollte dann ein Repertoire wie das folgende anlaufen:

  • Kundenkarte schmackhaft machen,
  • Bonussystem anbieten,
  • Infoblatt bzw. Imagebroschüre der Apotheke mit sympathischer Präsentation des Betriebes überreichen, ggf. mit einer weiteren Zugabe, die nicht „von der Stange“ (Negativ-Klassiker: Papiertaschentücher!) sein sollte,
  • persönliche, attraktiv designte Visitenkarte mitgeben,
  • ein Hinweisblatt „Neue Medien“ übergeben, welches Ihre Webseite sowie die Möglichkeiten moderner Bestellweisen und Kontaktaufnahmen via Rechner bzw. Smartphone erklärt.

Neugierig machen!

Es empfiehlt sich, erst einmal mit Ihren Serviceleistungen, guter Erreichbarkeit, Öffnungszeiten etc. zu werben sowie mit Persönlichkeit zu punkten. Es geht darum, die Kunden grundsätzlich zu überzeugen und neugierig auf weitere Besuche zu machen. Kennt man die Menschen besser, kann man sich auf die jeweiligen Indikationen konzentrieren. Dies alles müssen Sie natürlich Ihren Mitarbeitern „eintrichtern“ und plausibel machen – investieren Sie da ruhig etwas Zeit!

Ihre Top-Kundenkarten-Kunden eignen sich bevorzugt für Mailings. Mit attraktiv präsentierten Produkten aus dem Freiwahl- und Körperpflege-Segment, die jeder braucht, sprechen Sie die Menschen breit an und machen wenig falsch. Der Lockeffekt ist hoch. Auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Angebote sind die „hohe Kunst“, die aber weit mehr Aufwand erfordern.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(02):9-9