Qualitätsmanagementsystem (QMS)

Mit kleinem Budget erfolgreich starten


Karin Wahl

Spätestens seit 1. Juni 2014 benötigt jede Apotheke gemäß der Apothekenbetriebsordnung ein QMS. Doch es gibt immer noch Apotheken, in denen dies nicht umgesetzt wurde. Wie lässt sich mit geringem finanziellen Aufwand ein entsprechendes QMS implementieren?

Aktive Apotheken haben bereits recht früh ein QMS samt Zertifizierung etabliert, weil das von Geschäftspartnern (z.B. Heim oder Krankenhaus) damals verlangt wurde. Diese Apotheken mussten nach Inkrafttreten der neuen ApBetrO nur die sie betreffenden Änderungen in der Apotheke umsetzen und im QMS-Handbuch aktualisieren. Dabei ist anzumerken, dass in der neuen ApBetrO nur die Implementierung eines QMS und (noch) nicht dessen Zertifizierung gefordert ist!

Inzwischen gibt es umfangreiche, einschlägige Praxishilfen in Form von Ordnern oder Handbüchern. Gemessen an der Strafe von mehreren Tausend Euro, die beim Fehlen eines QMS anlässlich einer Revision durch die Aufsichtsbehörde droht, ist die Anschaffung dieser Literatur als erster Schritt eine sinnvolle Investition.

Sind erst einmal die Ordner mit den Vorlagen in der Apotheke, kann man loslegen. Es empfiehlt sich, einen interessierten Approbierten oder eine erfahrene PTA, die keine Aversion gegen Papierarbeit haben, als QMS-Beauftragten zu benennen. Dem QMS-Beauftragten sollte man zunächst einmal Zeit geben, sich mit der Materie zu befassen. Es ist eine Aufgabe, die wie Handverkauf, Rezeptur oder Labor als eigener Tätigkeitsbereich in der Apotheke zählen sollte. Apothekenleiter sollten nicht verlangen, dass der Mitarbeiter das in seiner Freizeit oder eben „nebenher“ macht.

Eine gute Personaleinsatzplanung regelt, wie viele Wochenstunden dem Mitarbeiter für das QMS zur Verfügung stehen. Dabei sollte der Mitarbeiter – ebenso wie Personen im Labor oder in der Rezeptur – nur im Notfall von der Arbeit weggeholt werden. Es muss auch klar sein, dass ein QMS etwas ist, das kontinuierlich wächst und ebenso „wie Rom nicht an einem Tag erbaut wurde,“ also nicht an einem Tag implementiert werden kann.

Voraussetzung für eine gelungene Umsetzung ist, dass zuerst einmal der „Schalter im Gehirn“ von Aversion auf Akzeptanz und Sinnhaftigkeit umgelegt wird. Wenn man einer neuen Sache nicht mehr feindlich, sondern offen interessiert gegenübersteht, wird es für alle Beteiligten einfacher. Diejenigen, die schon früh die Sinnhaftigkeit eines QMS für sich und ihre Apotheke erkannt hatten, haben keine Probleme damit. Die Totalverweigerer prallen spätestens beim Verkauf ihrer Apotheke auf das fehlende QMS. So finden sie schwerer einen Käufer, wenn ggf. weitere Rahmenbedingungen nicht stimmen. Zumindest müssen aber deutliche Abschläge beim Verkaufspreis in Kauf genommen werden. Wer seine Apotheke in absehbarer Zeit veräußern möchte, sollte daher spätestens jetzt seine Widerstände aufgeben und die „Causa QMS“ angehen.

Erste Schritte

  • Veränderung der eigenen Einstellung und der des Apothekenteams zum Thema QMS;
  • Festlegung eines QMS-Beauftragten im Team, der das Thema und die Papierarbeit positiv besetzt;
  • Anschaffung oder Einrichtung von QMS-Ordnern;
  • Initiale Teamsitzung zur Implementierung und Information des Teams. Dazu sollte jeder Mitarbeiter (also auch Teilzeitbeschäftigte, Aushilfen, Putzfrau und Fahrer) eingeladen werden, denn diese „Schlüsselsitzung“, entscheidet, wie künftig mit dem Thema QMS umgegangen wird!
  • Festlegung der Termine für die monatlichen QMS-Teamsitzungen – Fixierung wie z.B. „immer am 1. Mittwoch im Monat“ schafft Planungssicherheit;
  • bei größeren Apotheken sollte für jeden Arbeitsbereich der Apotheke eine hauptzuständige Person als Ansprechpartner für den QMS-Beauftragten festgelegt werden.

Bei der Implementierung eines QMS spielt die offene Kommunikation eine Schlüsselrolle. Gibt es sehr viele Teilzeitkräfte, sind Neuerungen auch einmal plakativ am Schwarzen Brett als Mitteilungen auszuhängen.

Viele Teammitglieder stört das Wording „Prozess, Prozessstruktur, Fließdiagramm etc.“ Dieses ist jedoch der Verbundenheit des QMS mit DIN-ISO-Normen geschuldet, die ständig aktualisiert werden. Die neue ISO9001:2015 wurde übrigens am 22.09.2015 veröffentlicht.

Wenn man sich erst einmal in das Thema eingelesen und eingearbeitet hat, wird es zu einem festen Bestandteil des Arbeitens. Positiv ist, dass nichts „in Stein gemeißelt“ ist. Prozessabläufe, die sich nicht bewähren, werden gemeinschaftlich optimiert und aufs Neue festgehalten.

Ein wichtiger Punkt, der jedem QMS-Handbuch vorgeschaltet sein sollte, ist die Erstellung einer eigenen Firmenphilosophie! Dort werden gemeinsam mit dem Team die Grundsätze für die Arbeit in der Apotheke, für den Umgang mit Kunden und Kollegen, sowie für das grundsätzliche ethische und moralische Handeln aller in der Apotheke festgelegt. Das ist sozusagen das „Grundgesetz“, nach dem jeder Einzelne zu handeln hat, und wird sich von Apotheke zu Apotheke etwas unterscheiden. Andere Prozesse hingegen wie

  • Stellenbeschreibungen,
  • Personalorganisation,
  • Organisation der Abläufe des Apothekenbetriebs von der Öffnung bis zur Schließung,
  • Arzneimittelherstellung,
  • Warenbewirtschaftung,
  • Beratung und Dienstleistungen,
  • Aus-, Weiter- und Fortbildung,
  • Hygienepläne,
  • Arbeiten im Labor,
  • Arbeiten in der Rezeptur,
  • Heimversorgung,
  • Verblisterung,
  • Zytostatika-Herstellung sowie
  • Dokumentation,

um nur auszugsweise die wichtigsten Bereiche zu nennen, werden in den Apotheken sicher häufig ähnlich formuliert.

Regelmäßige Eigenrevision

Selbstverständlich gehört zu einem QMS die regelmäßige Eigenrevision. Man wartet nicht erst, bis der Pharmazierat kommt und Mängel feststellt, sondern prüft selbst und behebt festgestellte Mängel zeitnah. Das spart Ärger mit der Aufsichtsbehörde und zudem Kosten.

Hat man erst einmal seine Aversion überwunden, erkennt man bald, dass die Regelung der Abläufe in schriftlicher Form nachhaltiger und effektiver ist als mündliche Anweisungen. Der Charme liegt darin, dass sich das gesamte Team inklusive des Inhabers auf die gemeinsam in den monatlichen Teamsitzungen vereinbarten Vorgehensweisen festlegt, was mit der Unterschrift jedes Einzelnen unter das Dokument besiegelt wird (zum Ablauf derartiger Betriebsbesprechungen siehe auch AWA-Ausgabe Nr. 10 vom 15. Mai 2015).

Bekanntlich ist das Bessere des Guten Feind: Mit einem QMS ist man immer aktuell, falls Neuerungen sofort eingearbeitet werden. Zudem ist es sinnvoller, sich zwar spät, aber dennoch aus eigenen Stücken mit dem Thema QMS zu befassen, als dieses mit einer engen Frist und Geldstrafe von der Aufsichtsbehörde auferlegt zu bekommen oder sogar einem potenziellen Nachfolger ein paar Tausend Euro Nachlass gewähren zu müssen.

Für die hier geschilderten Abläufe brauchen Sie außer den Ordnern und dem Handbuch kein Extra-Budget, doch ehrlicherweise sollten Sie den zeitlichen Aufwand Ihrer Mitarbeiter für die monatliche Teamsitzung sowie denjenigen des QMS-Beauftragten berücksichtigen.

Ob das alles etwas teurer oder mehrheitlich mit Bordmitteln gemacht wird, hängt von der Einsatzbereitschaft des Teams und des Inhabers ab. Wer sich alles mundgerecht servieren lässt, muss dafür entsprechend mehr bezahlen. Nachhaltiger und in sich konsistenter ist daher ein selbst erarbeitetes QMS. Man muss damit nur starten!

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Unternehmensberatung e.K., 70195 Stuttgart, E-Mail: karin.wahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(02):10-10