Claudia Mittmeyer
... doch genau in Krisen und schwierigen Situationen werden die Grundlagen für die größten Gewinne gelegt. Die Erfahrung lehrt, dass wirtschaftlich allzu große Ungleichgewichte über kurz oder lang ausgeglichen werden. Wenn z.B. ein Land wie Saudi-Arabien, welches so ziemlich die niedrigsten Förderkosten aller Rohölförderer hat, mit 90 Mrd. $ Haushaltsminus rechnen muss (13 % vom BIP) und keine durchgreifende Besserung in Sicht ist, dann kann man sich ausmalen, wie die Lage erst in Ländern ist, die weit teurer fördern. Das kann kein Dauerzustand sein! Und damit ist die Grundlage für höhere Ölpreise gelegt – nur wann?
Somit ist der grundlegende Befund klar, und die Herausforderung besteht jetzt im richtigen Timing und der richtigen Selektion. Auf dem Weg der Erholung kann es temporär durch noch tiefere Täler gehen, und möglicherweise bleiben einige, selbst angesehene Firmen auf der Strecke, oder gar ganze Länder (Staatspleiten, naheliegend bei Venezuela, selbst für Brasilien, Russland u.a. wieder diskutiert).
Globales Wachstum
Ähnliche Überlegungen gelten, nicht ganz so drastisch, für viele andere Rohstoffe. Tatsache ist: Die Menschheit wächst um rund 80 Mio. im Jahr, es werden mehr als doppelt so viele Menschen geboren als sterben. Der Bedarf an Ressourcen und vielen Rohstoffen steigt. Die „Dekarbonisierung“ der Welt ist zwar angestoßen, aber ein Jahrhundertprojekt. Hier trifft es zuerst umweltbelastende Rohstoffe wie Kohle, hier stehen die Zeichen auf dauerhaften Abschwung. Anders sieht es bei Gas und, abgeschwächt, immer noch Öl aus. Länder wie Russland werden wieder ins Spiel kommen.
Kurzfristig belastet allerdings die Rezessionsangst in den USA (der Aufschwung dauert statistisch schon „zu lange“!), gefährlicher ist jedoch die Entwicklung in China, welches bei Lichte betrachtet aber nach wie vor zum starken Wachstum verdammt ist.
Interessante Edelmetalle?
Gold ist trotz des Rückgangs um rund 45% vom Allzeithoch in 2011 noch nicht richtig billig. Viele Minen fördern zu deutlich günstigeren Preisen. Gold ist zudem vor allem ein Spekulationsobjekt und weniger ein dringend benötigter Rohstoff.
Silber, häufiges Beiprodukt der Goldförderung, in der Industrie gebraucht und insoweit konjunkturabhängig, erscheint ebenfalls noch nicht wirklich preiswert, obwohl von der verrückten Spitze bei fast 50 $ je Feinunze in 2011 auf knapp 14 $ zurückgekommen. Hier sind durchaus noch Werte um 10 $ denkbar, das wäre dann günstig.
Platin, schon früher empfohlen, hat durch den Abgasskandal nochmals gelitten. Gerade in der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen wird viel Platin und auch Palladium benötigt. 900 $ je Feinunze, zeitweise unter 850 $, markieren jedoch günstige Preise unter den Förderkosten der meisten Platinminen. Auf längere Sicht sollte diese Lage nicht so bleiben. Das seltene Rhodium markiert ebenfalls immer neue Tiefpunkte. Die Preise waren hier schon vielfach höher.
Zucker hat eine mehrjährige Talfahrt hinter sich, die Preise haben bereits gedreht (über 40 % Plus in den letzten Monaten). Hier hat man den Tiefpunkt schon verpasst. Kakao erweist sich über viele Jahre als erstaunlich robust. Es gibt sogar einige Anbieter, die Beteiligungen an Kakaoplantagen verkaufen!
Fazit: Der chancenorientierte Anleger liegt im Rohstoffsegment auf der Lauer. Bei soliden Rohstoffwerten, die insbesondere nicht zu stark verschuldet sind und einigermaßen flexibel ihre Förderkapazitäten anpassen können, lohnt das Zugreifen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(02):16-16