Steuer-Spartipps

Einkommensteuervorauszahlungen von Ehegatten: Tilgungsbestimmung treffen


Helmut Lehr

Nicht selten erzielt ein Ehegatte mit einer selbstständigen Tätigkeit ein hohes Einkommen, während der andere keine oder nur vergleichsweise geringe Einkünfte hat. Während die Ehe intakt ist, verschwendet (meist) niemand einen Gedanken daran, was passiert, wenn es nicht mehr so recht läuft. Geleistete Einkommensteuervorauszahlungen stehen zunächst ohnehin nicht sonderlich im Fokus, da „man weiß“, dass sie aufgrund ihres vorläufigen Charakters keine endgültige Wirkung haben – weit gefehlt!

Beispiel

Apotheker Hillert leistet im Jahr (und für das Jahr) 2014 von seinem Konto Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von 25.000 €, weil er mit einem entsprechenden Gewinn aus seiner Apotheke rechnet. Die Vorauszahlungen wurden im Rahmen der letzten Einkommensteuerfestsetzung gegenüber beiden Eheleuten festgesetzt.

Ende 2015 trennt sich das Ehepaar, Anfang 2016 erfolgt für beide je eine Einzelveranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2014. Das Finanzamt rechnet die Vorauszahlungen von Herrn Hillert, die dieser ohne besondere Tilgungsbestimmungen geleistet hat, zur Hälfte auf die Steuerschuld seiner Frau an, sodass er eine stattliche Nachzahlung leisten muss.

Finanzamt handelt rechtens

In einem vergleichbaren Fall hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass die Vorauszahlungen nur zur Hälfte auf die Einkommensteuerschuld des selbstständig Tätigen angerechnet werden, weil sie mangels konkreter Tilgungsbestimmung nach Köpfen aufzuteilen sind1). Das Finanzamt hat demnach richtig gehandelt. Nach Ansicht des Gerichts ist nämlich derjenige anrechnungsberechtigt, auf dessen Rechnung, nicht aber derjenige, auf dessen Kosten gezahlt wurde. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt wurde, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar war, getilgt werden sollte.

Vorliegend war entscheidend, dass die ursprünglichen Einkommensteuervorauszahlungen, wie bei Zusammenveranlagungen üblich, gegen beide Ehegatten festgesetzt wurden. Außerdem hatte die Ehe bzw. das Zusammenleben im Zeitpunkt der Zahlung der Vorauszahlungen noch Bestand bzw. war dem Finanzamt nichts Gegenteiliges bekannt.

Hinweis: Das bedeutet letztlich auch, dass die spätere Trennung zumindest in solchen Fällen für die Anrechnung der Vorauszahlungen nicht maßgeblich ist. Solange eine Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, kann das Finanzamt aufgrund der zwischen den Eheleuten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen, mit ihm zusammenveranlagten Ehegatten begleichen will.

Anrechnung durch die Finanzverwaltung

Das Bundesfinanzministerium hat zuletzt mit Schreiben vom 14. Januar 2015 verfügt, in welcher Weise Einkommensteuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge auf die Steuerschuld von Ehegatten anzurechnen sind2). Danach gilt für Fälle, in denen Ehegatten die gegen sie „gemeinsam festgesetzten“ Vorauszahlungen entrichtet haben, später aber für das entsprechende Jahr einzeln veranlagt werden, Folgendes:

Wurden nur Steuerabzugsbeträge (z.B. Lohnsteuer) bzw. Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung einbehalten/entrichtet, erfolgt die Anrechnung bei jedem Ehegatten individuell.

Wurden ausschließlich Vorauszahlungen ohne weitere Tilgungsbestimmung geleistet, wird ein eventueller Erstattungsanspruch nach Köpfen aufgeteilt. Ein Erstattungsanspruch ergibt sich aber nur insoweit, als die „gemeinsam geleisteten“ Vorauszahlungen in der Summe die „gemeinsame Steuerschuld“ übersteigen.

Wurden Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung bzw. Steuerabzugsbeträge geleistet in Kombination mit Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung, ist die Anrechnung recht komplex und in mehreren Rechenschritten vorzunehmen.

Tilgungsbestimmung entscheidend

Die Ausführungen machen deutlich, dass vor allem selbstständig Tätige größere finanzielle Einbußen erleiden können, wenn sie Einkommensteuervorauszahlungen, die gegen beide Ehegatten festgesetzt wurden, ohne gesonderte Tilgungsbestimmung an das Finanzamt zahlen. Auch während einer intakten Ehe sollte für den Fall der Fälle vorgesorgt werden – zumal die Tilgungsbestimmung keinen besonderen Aufwand erfordert und in „guten Zeiten“ dem Partner vielfach noch nicht einmal auffallen wird.

Die Angabe einer Tilgungsbestimmung muss dabei nicht „ausdrücklich“ erfolgen, sondern kann sich nach Ansicht der Finanzverwaltung auch aus den Umständen des Einzelfalls ergeben (als Indiz werten die Finanzämter z.B. die Angabe des eigenen Namens beim Verwendungszweck der Überweisung).

Hinweis: Zur Sicherheit empfiehlt sich jedoch, gegenüber dem Finanzamt eine eindeutige Tilgungsbestimmung anzuzeigen!3)

Abrechnungsbescheid

Besteht nach dem Erlass der Einkommensteuerbescheide zwischen den Eheleuten bzw. gegenüber dem Finanzamt Streit über die zutreffende Anrechnung von Vorauszahlungen, kann ein gesonderter Abrechnungsbescheid beantragt werden, der vom Finanzamt eine erneute und detaillierte Prüfung der Zurechnung von Zahlungen erfordert.

1) Vgl. Urteil vom 13. Mai 2015, Aktenzeichen VII R 41/14.

2) Aktenzeichen IV A 3 – S 0160/11/10001.

3) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 8 vom 15. April 2012, Seite 17.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(06):18-18