Kundengerecht kommunizieren

Kleine Worte – große Wirkung


Andreas Kinzel

Der Apotheker neigt dazu, sein Wissen in Fachsprache zu präsentieren. Der Kunde versteht diese jedoch nicht oder falsch. Kleine Tricks und Kniffe helfen, Informationen so zu senden, dass sie richtig ankommen. Damit wird das Beratungsgespräch emotionaler und ökonomisch erfolgreicher.

Alles ist eine Frage der Interpretation. So kann man „schleimig“ mit Husten assoziieren, aber auch mit einem menschlichen Verhalten. Der Kunde muss Informationen des Apothekers dechiffrieren, doch hier lauern zwei Gefahren: Er versteht die Fachsprache des Apothekers nicht oder er interpretiert das Gesagte anders als vom Apotheker beabsichtigt. Beispielsweise bemüht sich der Apotheker mit der Aussage „Ich möchte Ihnen dies hier empfehlen ...“ um eine gute Beratung. Der Kunde jedoch hört nur „Kauf es!“ und fühlt sich bedrängt.

Ganz lassen sich solche Missverständnisse nie vermeiden. Sie hängen stark von der Stimmung des Apothekers und des Kunden ab, aber auch von einer grundsätzlichen Codierung. Merkt allerdings der Apotheker, dass die „Verbindung“ zum Kunden nicht stimmt, so muss er sofort etwas unternehmen. Entscheidend ist hier, mit dem Kunden direkt durch Fragen und Erläuterungen in Kommunikation zu treten. Dabei müssen mögliche Missverständnisse angesprochen und die richtige „Verbindung“ gesucht werden. Entgegenkommen kann der Apotheker dem Kunden z. B. verbal mit „Es ist nur eine Empfehlung ...“, nonverbal mit geöffneten Händen und leicht geneigtem Kopf mit freiem Hals. Kunden kaufen mehr, wenn sie sachlich und emotional zufrieden sind. Dazu gehört auch, sich verstanden zu fühlen und den Apotheker zu verstehen.

Gerade im Gesundheitsbereich ist bei möglichen Fehlinterpretationen Vorsicht geboten. Manchmal ergeben sich allein aus der Indikation von Medikamenten und deren Rabattverträgen Komplikationen. Durch einen Blick auf die Fachrichtung des Arztes oder das Alter des Patienten kann der Apotheker hier bereits viel einordnen und mit Nachfragen konkretisieren. Bei Amitriptylin beispielsweise kann ein „Wofür nehmen Sie es?“ Missverständnisse vermeiden. Ist es für die Hauptindikation, oder doch für Rückenschmerzen?

Manchmal liegt das Missverständnis aber auch rein an der Wortwahl. Was für den Apotheker selbstverständlich ist, kann für den Kunden befremdlich sein. „Das muss ich Ihnen bestellen!“ – „müssen“ bedeutet Zwang und klingt negativ. Seine Bereitschaft zur Dienstleistung unterstreicht der Apotheker dagegen mit „Darf ich Ihnen das bestellen?“, bestenfalls mit Nennung der Lieferzeit.

Auf Augenhöhe kommunizieren

Wichtig ist, dass der Apotheker sein Wissen teilt und nicht unbedingt als selbstverständlich beim Kunden voraussetzt. Andererseits sollte er den Kunden als gleichwertig betrachten und auf Augenhöhe ansprechen. Dazu muss er ihn richtig einschätzen. Dies gelingt nicht immer, jedoch hilft hier genaues Beobachten. Greift der Apotheker Wortwahl und Gestik des Kunden auf, ohne ihn nachzuäffen, fühlt sich der Kunde verstanden und findet Vertrauen. Dieses sog. Spiegeln gibt dem Kunden das Gefühl, einem gleichwertigen (Kommunikations-)Partner gegenüberzustehen. Er kauft schneller und komplikationsloser.

Oft lassen Wortwahl und Auftreten darauf schließen, wie ein Beratungsgespräch laufen sollte. Durch Nachfragen kann man dann die Grenzen des Sprachlichen, Akustischen und Fachlichen abstecken. Auch bestimmte Gegenstände wie Dokumente oder Bankkarten geben hier Hinweise für einen optimalen Gesprächsverlauf. Zahlt beispielsweise ein Kunde mit einer EC-Karte, die auf einen Kollegen oder einen Arzt schließen lässt, ist ein genauer Einnahmehinweis überflüssig. Dennoch sollte man darauf kurz eingehen, etwa mit einem „Die Einnahme kennen Sie sicherlich, Sie sind ja vom Fach!“ So verdeutlicht der Apotheker seine Aufmerksamkeit, also das aktive Wahrnehmen des Kunden.

Auf keinen Fall darf man den Kunden für unwissend halten und ihm entsprechend gegenübertreten. Er fühlt sich dadurch schnell fachlich und emotional herabgesetzt und neigt dazu gekränkt zu sein. Dann kauft er nicht.

Ungewollt entsteht beim Kunden oft dieser Eindruck, wenn der Apotheker vom Beratungsgespräch (sachlich und emotional) zur Belehrung übergeht. Unwörter wie „müssen“, „eigentlich“ „vielleicht“ und „immer“ verstärken diesen Eindruck. Einen Therapieerfolg kann man nie garantieren. Doch statt „Das müssen Sie immer eine Stunde nach dem Essen nehmen, dann hilft es vielleicht“, sagt man besser „Am sichersten und besten hilft es, wenn Sie es eine Stunde nach dem Essen nehmen.“

„Magic Words“

Wörter wie „nur“, „aber“ und „schnell“ lenken den Kunden in eine bestimmte Richtung und drücken für ihn Eigenschaften deutlicher aus. Diese „Magic Words“ emotionalisieren zusätzlich den Kundennutzen. So fällt dem Kunden die Entscheidung leichter. „Das hilft schnell, damit gewinnen Sie wertvolle Zeit“, unterstützt den Apotheker dabei, Sachverhalte deutlich zu machen, ohne sich zu sehr in Fachbegriffen wie Wirkeintritt, Halbwertszeit und Wirkdauer zu verlieren. Möchte man z.B. den Unterschied verschiedener Salze von Ibuprofen verdeutlichen, kann man fragen „Normal oder schnell wirkend?“ Tendenziell greift der Kunde das Letztgenannte auf, womit ihn der Apotheker zum höherwertigen Medikament steuert. Mit einem zusätzlichen „Ich empfehle Ihnen...“, wird der Kunde noch deutlicher durch das Gespräch geführt. Die Personalisierung hebt das Gespräch auf eine emotionale Ebene.

Ein simples „Das ist egal, die wirken beide“ drückt das Unwissen des Apothekers aus. Mit entsprechenden Zusätzen kann er solche Aussagen jedoch relativieren, z. B. „Nehmen können Sie beide. Ein schnelles Wirken ist je nach Schmerz wichtig, etwa bei Migräne. Was für Schmerzen haben Sie?“ Mit der Frage bindet man den Kunden ins Gespräch ein und überlässt ihm die Entscheidung.

Mut zur (Wissens-)Lücke

Weiß man etwas tatsächlich selber nicht, ist ein offener Umgang damit meist geschickter, bestenfalls mit einer Erläuterung wie „Dazu habe ich noch keine Studie gelesen“. Keiner ist allwissend. Wichtig ist hier Authentizität. Überspieltes Unwissen bemerkt der Kunde schnell und neigt dann zum Nichtkauf. Der Apotheker mutiert vom Fachpersonal zum einfachen Verkäufer. Das Vertrauen ist verloren.

Zur kundengerechten Kommunikation gehört auch ein deutliches „Nein“. Auch wenn der Apotheker dem Patienten möglichst entgegenkommen möchte, kann er nur so sein Wissen deutlich unterstreichen und damit glaubwürdig bleiben. Eine Erläuterung ist dann allerdings nötig, z. B. mit einem „Das ist nicht dasselbe, weil das Lysinsalz schneller wirkt“. So kann der Apotheker seinem Wissensvorsprung gerecht werden, den er allerdings im Einzelfall auch haben muss.

Grundsätzlich findet eine kundengerechte Kommunikation immer auf Augenhöhe statt. Nur wenn sich der Kunde weder überlegen, noch degradiert fühlt, kann ein beiderseits stressfreies Beratungsgespräch entstehen. Dabei ist es wichtig, den Kunden weder mit Fachbegriffen zu überfordern, noch ihn mit zu einfacher Sprache falsch einzuschätzen. Genaues Beobachten und das Erfassen der Rhetorik des Kunden sowie der Medikation helfen, den Gesprächsverlauf zu steuern. Gewissheit entsteht allerdings immer nur durch Fragen. Deshalb benötigt der Apothekenleiter nicht nur qualifiziertes Fachpersonal, sondern auch eines, das weiß, sich kundengerecht auszudrücken. Wie im „normalen“ Leben sollte man sich verstehen – akustisch und emotional!

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E‑Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(06):11-11