Prof. Dr. Reinhard Herzog
Die Aufgabe: Ein Schmerzmittel, lange haltbar, geht 600 mal im Jahr, Listeneinkaufspreis 10,00 €, gleichmäßiger Abverkauf über das Jahr. Die Angebote:
A: 100 Packungen, 20 % Barrabatt, 1 Monat Valuta.
B: 300 Packungen, 21 % Barrabatt, 1 Monat Valuta.
C: 600 Packungen, 22 % Barrabatt, 3 Monate Valuta.
Sie rechnen mit fixen Prozesskosten je Direktbestellung von 10 € und 1 % Kapitalkosten je Monat (12 % p. a.).
Welche Variante nehmen? Mit den klassischen Faustregeln zur Bestellmenge: „ein Quartalsbedarf, allenfalls für ein Halbjahr“ oder bei Saisonartikeln „ein Saisonbedarf“ liegen Sie schon mal ganz gut. Das kann man Mitarbeitern leicht beibringen.
Allerdings: Eine lange Valuta lockt, bedeutet das doch, erst bezahlen, wenn Vieles bereits abverkauft ist. Mit anderen Worten: Geringere Kapitalbindung, im Idealfall (nahe) Null. Das eine oder andere Prozent Rabattvorsprung ist nicht zu verachten, wird aber oft überschätzt. 1 % von 1.000 € sind eben nur 10 €. Bleibt man nur auf wenigen Packungen sitzen oder betrachtet den Retourenaufwand, relativieren sich solche Beträge schnell. Also rechnen wir einmal:
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Weg 1 führt über die abgebildete Formel zur Bestellmengenoptimierung mit den wesentlichen Parametern, allerdings ohne die Valuta. Der „Kostensatz“ sind die zusammengefassten Kapital- und Lagerkosten in Prozent p. a. Mit obigen Werten kommt man auf Bestellmengen von etwa 112 Packungen, der Rabattunterschied ändert daran wenig. 20 € fixe Bestellkosten ergeben rund 160 Packungen, ein guter Quartalbedarf. Die Regel bestätigt sich.
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Zur exakteren Differenzierung der Angebote A, B und C müssen wir neben den Prozesskosten die Kapitalbindung und die darauf fußenden Kapitalkosten betrachten – siehe Tabelle. Hier ist die durchschnittliche Kapitalbindung über die Abverkaufsdauer zu Einkaufswerten aufgeführt. Je Packung sinken mit größerer Bestellmenge die fixen Bestell- bzw. Prozesskosten. Gleichzeitig steigen die Kapitalbindung und damit die Kapitalkosten. De facto reden wir aber über Centbeträge. So ist Variante C erstaunlicherweise die ertragsstärkste. Der Mehrrabatt von 20 Cent pro Packung überkompensiert die höheren Kapitalkosten sowie Prozesskosten um rund 4 Cent je Stück (A: 12 Cent Prozess- und Kapitalkosten, C: 28 Cent, aber 20 Cent höherer Rabatt). Diese Differenz verschiebt sich noch zugunsten von C, wenn nicht zu Lagerwerten gerechnet wird, sondern zusätzlich mit dem Rohertragszufluss aus dem Verkauf (Verringerung die Kapitalbindung!). Dann werden daraus 10 bis 20 Cent Ertragsvorsprung je Packung. Hier finden Sie dazu eine Excel-Datei „Bestelloptimierung“. Voraussetzung ist aber der vollständige, kontinuierliche Absatz! Wer im Backoffice gut besetzt ist und Platz hat, kann seine Mädels zugunsten besserer Rabatte mehr Sendungen und Retouren bearbeiten lassen. Ansonsten wählen Sie lieber die risikoärmere Variante: Ein Quartalsbedarf ...
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(07):7-7